Von Liebe steht nichts im Vertrag
umarmte Rosa ihre Nichte. „Glauben Sie mir, das haben Sie bereits.“
Sie sah … anders aus. Was es war, konnte er nicht genau sagen, als sie an diesem Abend zusammen beim Essen saßen. Die Kleidung – Jeans und Top – war geblieben, darüber die abgetragene Strickjacke. Aber ihre Augen wirkten größer, ihr Mund irgendwie voller.
Und hier und da fing er einen Hauch auf – ihr Parfüm? Wie auch immer, es duftete frisch und faszinierend, ein wenig nach einer Frucht, die er fast schon bestimmt hatte, als Rosa, die in diesem Moment einen weiteren Gang auftrug, ihn unterbrach.
„Haben Sie sich schon eingelebt?“, fragte er, um eine leichte, zwanglose Unterhaltung bemüht. Er war es gewohnt, allein zu essen. Meist in seinem Büro, um nebenbei einen Blick auf die Börsenberichte werfen zu können. Doch an diesem Abend musste Angie einige Papiere unterzeichnen.
Abgesehen davon sollte er wohl wenigstens der Höflichkeit Genüge tun. Schließlich war sie Gast in seinem Haus. Er griff nach dem dampfenden Brot, als er ihre Hand berührte, mit der sie in diesem Moment ebenfalls nach dem Brotkorb langte.
Sofort zog er seine Finger zurück. Was löste diese Frau in ihm aus? Jedes Mal, wenn er sie berührte, kribbelte seine Haut wie bei einem leichten Stromstoß.
„Ja, danke“, antwortete sie ausdruckslos, doch ihre geröteten Wangen straften ihren Ton Lügen.
„Ich möchte Sie bitten, nach dem Essen einige Papiere meiner Anwälte zu unterschreiben.“
Abrupt setzte sie sich gerade hin. „Gibt es Neuigkeiten von meinem Haus?“
Er zögerte, ehe er sagte: „Die Anwälte meinen, dass Shayne einen Anspruch darauf haben könnte, auch wenn das Eigentum auf Ihren Namen eingetragen ist.“
Warum sie so versessen auf dieses alte Haus war, konnte er nicht nachvollziehen. Allerdings verstand er durchaus, dass sie es als Ungerechtigkeit empfand, Shayne einen Teil davon abtreten zu müssen, nach allem, was er ihr angetan hatte. „Meine Anwälte kümmern sich weiter darum. Jetzt geht es nur um unsere Vereinbarung.“
Ausdruckslos sah sie ihn an, als sei sie in Gedanken immer noch bei ihrem Haus, das sie verlieren könnte.
„Sie müssen nicht gleich heute unterschreiben, falls Sie die Papiere noch von einem anderen Anwalt überprüfen lassen wollen. Es hat keine Eile.“ Was hatte er da eben gesagt? Dabei wollte er eigentlich so schnell wie möglich ihr schriftliches Einverständnis, damit sie gar nicht erst die Möglichkeit hatte, ihre Meinung noch zu ändern. Oder sich an dieses süße Leben zu gewöhnen, um dann weitere Forderungen zu stellen. Die Sache musste jetzt hieb- und stichfest gemacht werden.
„Ist schon in Ordnung“, sagte sie benommen. „Wir beide sollten von Anfang an wissen, woran wir sind.“
Als sie nickte, bemerkte er plötzlich fasziniert den Schwung ihrer Haare. Das war es also, was sich verändert hatte. Ihre Locken tanzten, bewegten sich hin und her, wie ein Weizenfeld im Wind.
Dann sah er wieder in ihr Gesicht und merkte, dass sie verunsichert war. „Ich glaube, ich verzichte auf den Nachtisch und gehe lieber früh zu Bett“, erklärte sie. „Vielleicht könnte ich die Dokumente jetzt gleich unterschreiben?“
„Das ist zu viel!“, protestierte sie zehn Minuten später in seinem Büro. „Kein Mensch braucht zwanzigtausend Dollar im Monat zum Leben.“
„Wie wollen Sie das wissen?“, widersprach er und wünschte sich, sie hätte einfach unterschrieben, wenn sie es doch so eilig hatte, in ihre Suite zurückzukehren. „Sie benötigen ein paar neue Kleider, wenn das Baby wächst. Und seien wir doch mal ehrlich – ein paar neue Sachen könnten Sie ganz gut brauchen.“
Ihre Wangen flammten vor Hitze. „Aber zwanzigtausend Dollar? Offensichtlich haben Sie keine Ahnung, wo ich einkaufen gehe.“
„Dann kaufen Sie jetzt eben woanders ein. Oder sparen das Geld. Sie können auch eine Kreuzfahrt machen oder es einer Wohltätigkeitsorganisation geben. Mir ist es völlig egal, was Sie damit machen. Unterschreiben Sie einfach nur die Vereinbarung.“
Sollte er angespannt klingen, so war es ihm egal. Er wollte sie nur aus seinem Büro haben. Sie war ihm zu nah, hüllte ihn mit diesem verdammten Duft nach Himbeeren und Orangen ein, ihre tanzenden Locken wirkten wie eine Einladung, jedes Mal, wenn sie nur leicht den Kopf bewegte. Und was hatte sie nur mit ihren Augen gemacht? Sie waren nicht einfach nur blau. Auf einer Farbkarte hätte man sie wahrscheinlich als himmelblau bezeichnet.
Weitere Kostenlose Bücher