Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
sie auf dem Video gesehen hatte oder so etwas. Die ganze Geschichte klang auch so schon unglaublich. Die beste Möglichkeit, sie zu präsentieren, war mit harten, wissenschaftlichen Fakten– DNA-Tests–, nicht mit meiner Intuition, die darauf basierte, dass ich ihren Gang auf einem grobkörnigen Überwachungsvideo wiedererkannt zu haben glaubte.
Er sagte lange nichts.
Dann: » Da muss denen beim DNA-Test ein Fehler unterlaufen sein.«
Wir beide sagten nichts.
» Halt, Moment mal, dann glauben die jetzt, dass Ihr beide Rick umgebracht habt, oder?«
» Sie dachten ursprünglich, dass Terese irgendwie darin verstrickt wäre, ja.«
» Was ist mit Ihnen, Bolitar?«
» Ich war zum Zeitpunkt des Mordes noch in New Jersey.«
» Also glauben sie, dass Terese es getan hat, stimmt’s?«
» Ja.«
» Na ja, du kennst das ja mit den Cops, Terese. Die fangen dann mit ihren Psychospielchen an. Und dir zu erzählen, dass deine Tochter noch am Leben sein könnte– besser können die dich doch gar nicht unter Druck setzen.«
Jetzt verzog ich das Gesicht. » Inwiefern sollte ihnen das helfen, Terese in den Knast zu bringen?«
» Woher soll ich das wissen? Aber jetzt hör mal, Terese. Ich weiß, dass du hoffst, dass Miriam noch am Leben ist. Verdammt, ich wollte das ja auch. Aber wie sollte das gehen?«
» Hat man das Unmögliche eliminiert, so muss, was übrig bleibt, mag es noch so unwahrscheinlich erscheinen, die Wahrheit sein«, sagte ich.
» Sir Arthur Conan Doyle«, sagte Mario.
» Genau.«
» Sind Sie wirklich bereit, so weit zu gehen, Bolitar?«
» Ich bin bereit, so weit zu gehen, wie es erforderlich ist.«
17
Als wir an der nächsten Straßenecke waren, sagte Terese: » Ich muss an Miriams Grab.«
Wir suchten uns ein anderes Taxi und glitten schweigend dahin. Wir fuhren die Friedhofsmauer entlang und hielten vor dem Tor. Friedhöfe sind immer von Mauern umgeben und haben abschließbare Tore. Wen oder was will man damit schützen?
» Soll ich hier draußen warten?«, fragte ich.
» Ja.«
Also blieb ich außerhalb der Friedhofsmauer stehen, als hätte ich Angst, den geheiligten Boden zu betreten, was wohl auch zum Teil tatsächlich zutraf. Aus Sicherheitsgründen ließ ich Terese allerdings nicht aus den Augen, erst als sie sich hinkniete, wandte ich mich ab und ging ein paar Schritte auf und ab. Ich überlegte, was ihr durch den Kopf ging, welche Bilder sie vor Augen hatte. Das war allerdings, wie ich Ihnen versichern kann, keine gute Idee, also rief ich Esperanza in New York an.
Sie meldete sich erst nach dem sechsten Klingeln.
» Denk doch mal an die Zeitverschiebung, Dummkopf.«
Ich sah auf die Uhr. In New York war es fünf Uhr morgens. » Huch«, sagte ich.
» Was gibt’s?«
Ich beschloss, gleich mit dem Paukenschlag anzufangen. Ich erzählte Esperanza vom DNA-Test und dem blonden Mädchen.
» Ist das ihre Tochter?«
» Sieht so aus.«
» Offenbar«, sagte Esperanza, » herrscht da ja ein ganz schönes Chaos.«
» Stimmt.«
» Und was soll ich für dich tun?«
» Ich hab ein paar Fotos gemacht– Kreditkartenrechnungen, Telefonverbindungen und so, und sie dir rübergemailt«, sagte ich. » Ach, und dann ist da noch eine komische Sache über Opal oder so was in der To-do-Liste.«
» Opal wie Edelstein?«
» Keine Ahnung. Könnte auch ein Code sein.«
» Ich bin furchtbar schlecht im Code knacken.«
» Ich auch, aber vielleicht fällt dir ja trotzdem was ins Auge. Auf jeden Fall müssen wir dringend alles nachprüfen, was Rick Collins geplant hatte. Außerdem hat sein Vater Selbstmord begangen.« Ich nannte ihr Sams Namen und Wohnort. » Das sollten wir uns vielleicht auch mal genauer ansehen.«
» Den Selbstmord?«
» Ja.«
» Wonach soll ich da gucken?«
» Vielleicht nach Hinweisen darauf, dass es doch kein Selbstmord war oder so was.«
Schweigen. Ich ging weiter auf und ab.
» Esperanza?«
» Ich mag sie.«
» Wen?«
» Margaret Thatcher. Über wen reden wir hier wohl gerade? Terese, du Idiot. Und du kennst mich. Normalerweise hasse ich deine Freundinnen.«
Ich dachte darüber nach. » Ali magst du«, sagte ich.
» Das stimmt. Sie ist ein guter Mensch.«
» Höre ich da ein Aber?«
» Aber für dich ist sie nicht die Richtige.«
» Warum nicht?«
» Ihr fehlt einfach was.«
» Was meinst du damit?«
» Ich kann es gar nicht benennen«, sagte Esperanza. » Was hat dich zu einem großen Sportler gemacht? Nicht zu einem guten Sportler. Ich meine zu einem Sport-Profi,
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