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Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost

Titel: Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Wins Foto gezeigt und gesagt: » Hey, Dad, guck dir den mal an. Ich wette, den werde ich in den vier Jahren nicht ein einziges Mal zu Gesicht bekommen.«
    Damit hatte ich natürlich falsch gelegen.
    Lange Zeit hatte ich den Eindruck, dass Win unzerstörbar wäre. Er hatte viele Menschen getötet, es schien aber keiner darunter zu sein, der es nicht verdient hatte– und ja, mir ist klar, wie beunruhigend es ist, so etwas zu sagen. Aber irgendwie holte uns das Alter alle ein, und vieles, was uns mit zwanzig oder dreißig exzentrisch und knallhart vorgekommen war, bekam dann mit vierzig etwas erbärmliche Züge.
    » Es wird schwierig, eine Genehmigung für die Exhumierung der Leiche zu bekommen«, fing Win an. » Uns fehlt einfach der Grund für so einen Antrag.«
    » Was ist mit dem DNA-Test?«
    » Die französischen Behörden geben die Ergebnisse nicht heraus. Ich habe es auch auf dem direkten Weg versucht– mit Bestechung.«
    » Kein Interessent?«
    » Noch nicht. Es werden schon welche auftauchen, aber das kann noch ein paar Tage dauern, und dafür haben wir offensichtlich einfach nicht die Zeit.«
    Ich dachte darüber nach. » Hast du eine Idee?«
    » Ja.«
    » Ich höre.«
    » Wir bestechen die Totengräber. Wir machen es selbst. Heute Nacht im Schutz der Dunkelheit. Wir brauchen doch nur eine kleine Gewebeprobe. Wir schicken sie ans Labor, lassen die DNA mit der von Terese vergleichen…«, er hob sein Glas, » …und das wäre es dann auch schon.«
    » Makaber«, sagte ich.
    » Und effektiv.«
    » Bringt das überhaupt was?«
    » Was meinst du mit dieser Frage?«
    » Wir wissen doch, wie das Ergebnis ausfallen wird.«
    » Verrat’s mir.«
    » Ich habe Berleands Tonfall gehört, als er mir das erzählt hat. Er hat zwar etwas von vorläufig und nicht eindeutig gesagt, aber wir wissen beide, dass es zutrifft. Außerdem hab ich das Mädchen auf dem Überwachungsvideo gesehen. Allerdings nicht ihr Gesicht und auch nur aus großer Entfernung. Aber sie hatte den Gang ihrer Mutter, wenn du verstehst, was ich meine.«
    » Was ist mit dem Hintern ihrer Mutter?«, fragte Win. » Das wäre doch mal ein aussagekräftiger Beweis.«
    Ich sah ihn nur an.
    Er seufzte. » Eigenarten verraten oft mehr als Gesichtszüge oder sogar die Körpergröße«, sagte er. » Schon klar.«
    » Ja.«
    » Das kann man auch bei dir und deinem Sohn gut sehen«, sagte er. » Wenn er sich hinsetzt, schüttelt er sein Bein genauso wie du. Er bewegt sich ganz ähnlich wie du– auch wie er dem Basketball beim Loslassen mit den Fingerspitzen einen Rückwärtsdrall gibt– auch wenn er damit nicht die gleichen Ergebnisse erzielt.«
    Ich kann mich nicht erinnern, dass Win meinen Sohn jemals erwähnt hatte.
    » Machen müssen wir’s trotzdem«, sagte ich, während ich noch einmal über das Sherlock-Holmes-Axiom über die Eliminierung des Unmöglichen nachdachte. » Im Endeffekt ist die plausibelste Antwort immer noch, dass den Franzosen beim DNA-Test ein Fehler unterlaufen ist. Wir müssen hundertprozentig sicher sein.«
    » Einverstanden.«
    Natürlich hasste ich den Gedanken, ein Grab zu schänden, besonders von einem Menschen, der so jung gestorben war. Eigentlich hätte ich Terese noch einmal gefragt, die hatte aber ziemlich deutlich gesagt, was sie von der ganzen Asche-zu-Asche-Sache hielt. Also ließ ich Win freie Hand.
    » Sollte ich deshalb allein kommen?«, fragte ich.
    » Nein.«
    Win trank einen kräftigen Schluck, stand auf und schenkte sich nach. Er bot mir gar nicht erst etwas an. Er wusste, dass mir harte Alkoholika nicht bekamen. Obwohl ich eins zweiundneunzig groß bin und fast hundert Kilo wiege, vertrage ich ihn ähnlich gut wie eine Sechzehnjährige, die sich heimlich in ihre erste Studentenparty eingeschlichen hat.
    » Du hast doch das Video von dem blonden Mädchen am Flugplatz gesehen«, sagte er.
    » Ja.«
    » Und darauf war auch der Mann zu sehen, der dich angegriffen hat. Der vom Polizeifoto.«
    » Das weißt du doch.«
    » Genau.«
    » Worauf willst du dann hinaus?«
    Win drückte auf einen Knopf an seinem Handy und hob es ans Ohr. » Komm doch bitte herein.«
    Die Tür zum Nebenzimmer wurde geöffnet. Eine große Frau in einem dunkelblauen Anzug trat ins Zimmer. Sie hatte rabenschwarze Haare und breite Schultern. Sie blinzelte, führte eine Hand an die Augen und fragte: » Warum ist es hier so dunkel?«
    Sie sprach mit englischem Akzent. Da ich es mit Win zu tun hatte, nahm ich an, dass es sich sozusagen um eine englische

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