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Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost

Titel: Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Variante von Mia handelte. Damit lag ich allerdings weit daneben. Sie ging durchs Zimmer und setzte sich auf den freien Platz.
    » Darf ich vorstellen«, sagte Win, » Lucy Probert. Sie arbeitet bei Interpol hier in London.«
    Ich sagte etwas Dümmliches wie: » Nett Sie kennenzulernen.« Sie nickte und studierte mein Gesicht, als wäre es ein modernes Gemälde, das sie nicht ganz verstand.
    » Erzählen Sie es ihm«, sagte Win.
    » Win hat mir das Foto des Mannes geschickt, den Sie angegriffen haben.«
    » Ich habe ihn nicht angegriffen«, sagte ich. » Er hat mich mit einer Pistole bedroht.«
    Lucy Probert wischte meinen Einwand mit einer kurzen Geste beiseite, als wäre er nur lästiges Beiwerk. » Meine Abteilung bei Interpol beschäftigt sich mit internationalem Kinderhandel. Wahrscheinlich halten Sie die Welt da draußen für ziemlich pervers, aber glauben Sie mir, sie ist noch viel perverser, als Sie es sich vorstellen können. Die Verbrechen, die ich bearbeite… also es ist einfach unfassbar, was manche Menschen mit den wehrlosesten Wesen unserer Gesellschaft anstellen. In unserem Kampf gegen diese Auswüchse ist Ihr Freund Win ein extrem wertvoller Verbündeter.«
    Ich sah besagten Freund an, und wie immer verriet seine Miene absolut nichts. Lange Zeit war Win– in Ermangelung eines besseren Begriffs– ein einsamer Rächer gewesen. Er war nachts losgezogen und in den gefährlichsten Straßen New Yorks oder Philadelphias spazieren gegangen und hatte gehofft, dass man ihn angriff, damit er denjenigen, die den vermeintlich Schwachen auflauerten, bleibende Verletzungen zufügen konnte. Wenn er etwas über einen Perversen las, der aufgrund irgendwelcher Formalien davongekommen war, oder über einen brutalen Ehemann, der seine Frau durch Einschüchterungen zum Schweigen gebracht hatte, bedachte er sie mit dem, was wir › nächtliche Besuche‹ nannten. So gab es den Fall eines Pädophilen, von dem die Polizei wusste, dass er ein Mädchen gekidnappt hatte, den sie aber nicht zum Reden bringen konnten. Sie hatten ihn laufen lassen müssen. Win beehrte ihn mit einem › nächtlichen Besuch‹. Der Mann redete. Das Mädchen wurde gefunden. Es war schon tot. Der Pädophile ist kurz darauf verschwunden.
    Ich hatte gedacht, dass Win aufgehört hatte oder es zumindest mittlerweile ruhiger anging, doch jetzt wurde mir klar, dass das nicht zutraf. Er war in letzter Zeit häufiger im Ausland unterwegs gewesen. Er war ein extrem wertvoller Verbündeter im Kampf gegen den Kinderhandel.
    » Als Win mich also um einen Gefallen gebeten hat«, fuhr Lucy fort, » bin ich dem gern nachgekommen. Natürlich auch, weil es sich um eine ziemlich harmlose Sache zu handeln schien– das Foto, das Capitaine Berleand Ihnen geschickt hat, mit unseren Datenbanken abzugleichen, um die Identität herauszubekommen. Eine Routineangelegenheit, stimmt’s?«
    » Stimmt.«
    » Das war es leider nicht. Wir haben bei Interpol viele Möglichkeiten, Personen von Fotos zu identifizieren. Unter anderem auch die Gesichtserkennungs-Software.«
    » Miss Probert?«
    » Ja.«
    » Ich brauche eigentlich keinen Technologie-Vortrag.«
    » Wunderbar, denn ich habe weder Zeit noch Lust, Ihnen einen zu halten. Der Punkt ist, dass solche Anfragen bei Interpol eigentlich Routineangelegenheiten sind. Ich habe das Foto, bevor ich Feierabend gemacht habe, ins System eingespeist und bin davon ausgegangen, dass der Rechner das über Nacht bearbeiten und mir am Morgen eine oder mehrere Antworten präsentieren würde. War diese Vereinfachung für Sie ausreichend?«
    Ich nickte, und mir wurde klar, dass es ein Fehler gewesen war, sie zu unterbrechen. Sie war ganz offensichtlich ziemlich aufgelöst, was durch meine Bemerkung nicht besser geworden war.
    » Als ich heute Morgen dann zur Arbeit kam, rechnete ich damit, dass mir die Identität einer Person vorlag, die ich dann an Sie weitergegeben hätte. Das war nicht der Fall. Stattdessen war– wie soll ich es ausdrücken?– ein Haufen körpereigener Ausscheidungen sprichwörtlich am Dampfen. Jemand hatte meinen Schreibtisch durchsucht. Man hatte auf meinen Computer zugegriffen und auch die Dateien durchsucht. Fragen Sie mich nicht, woher ich das weiß– ich weiß es einfach.«
    Sie brach ab und wühlte in ihrer Handtasche herum, zog eine Zigarette heraus und steckte sie sich in den Mund. » Ihr verdammten Amerikaner mit eurem Nichtraucher-Kreuzzug. Wenn einer von Ihnen auch nur ein Wort über ein Rauchverbot

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