Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
eingesetzt wurde. Wahrscheinlich hat sein Trainer mitgekriegt, wie idiotisch du dich benommen hast, und war klug genug, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Fühlst du dich jetzt wenigstens besser?«
» Nein, noch nicht«, sagte ich. » Aber nachdem ich ihm heute Abend am Landmark die Fresse poliert habe, ja, ich glaub, danach fühle ich mich dann besser.«
» Vergiss es.«
» Du hast doch gehört, was er gesagt hat.«
Ali schüttelte den Kopf. » Das ist doch unglaublich! Was ist nur los mit dir?«
» Ich hab mich für Jack eingesetzt.«
» Das ist nicht deine Aufgabe. Du hast da keine Aktien drin. Du bist…«
Sie brach ab.
» Sag’s doch, Ali.«
Sie schloss die Augen.
» Du hast recht. Ich bin nicht sein Vater.«
» Das wollte ich nicht sagen.«
Wollte sie schon, aber ich ließ die Sache auf sich beruhen. » Also gut, vielleicht war es nicht meine Aufgabe, wenn’s wirklich nur darum gegangen wäre– aber das war es doch gar nicht. Ich hätte den Kerl auch auf den Pott gesetzt, wenn er das mit einem anderen Jungen gemacht hätte.«
» Wieso?«
» Weil es falsch ist.«
» Und für wen hältst du dich, dass du hier entscheiden darfst, ob etwas falsch oder richtig ist?«
» Was soll die Frage? Manche Dinge sind einfach falsch. Andere sind richtig. Und das, was der Coach da gemacht hat, war eben einfach falsch.«
» Der Mann ist ein arrogantes Arschloch. Es gibt solche Menschen. Daran muss man sich gewöhnen. Jack hat das begriffen, oder zumindest ist er dabei, es zu lernen. Das gehört zum Erwachsenwerden dazu– man muss auch den Umgang mit Idioten lernen. Verstehst du das nicht?«
Ich antwortete nicht.
» Und wenn du glaubst, dass mein Sohn so tief verletzt wurde«, zischte Ali zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, » was glaubst du, wer du bist, dass du mir nichts davon erzählst? Ich hab dich sogar noch gefragt, als wir uns in der Halbzeitpause unterhalten haben, erinnerst du dich?«
» Ja.«
» Du hast gesagt, es wäre nichts gewesen. Was hast du dir dabei gedacht– dachten wir, das kleine Fräulein kommt damit nicht klar, dem sagen wir lieber mal gar nichts davon?«
» Nein, natürlich nicht.«
Ali schüttelte den Kopf, sagte aber nichts mehr.
» Was ist?«, fragte ich.
» Ich hab dich zu nah an ihn herangelassen«, sagte sie.
Mein Herz ging in den Sturzflug.
» Scheiße«, sagte sie.
Ich wartete.
» Für einen wunderbaren Mann mit einer eigentlich so guten Auffassungsgabe, bist du manchmal ganz schön begriffsstutzig.«
» Vielleicht hätte ich wirklich nicht auf ihn losgehen sollen, klar. Aber wenn du dabei gewesen wärst, als er Jack hämisch gefragt hat, ob er das nochmal machen kann, und du Jacks Gesicht in dem Moment gesehen hättest…«
» Das mein ich gar nicht.«
Ich brach ab und überlegte. » Dann hast du recht. Dann bin ich wohl begriffsstutzig.«
Ich bin ein Meter zweiundneunzig groß, Ali ist ungefähr dreißig Zentimeter kleiner. Sie stellte sich vor mich und blickte zu mir hoch. » Ich fliege nicht nach Arizona, um Erin die Eingewöhnung zu erleichtern. Oder wenigstens nicht nur deshalb. Meine Eltern leben da. Und seine Eltern leben auch da.«
Ich wusste, auf wen sich das seine bezog– auf ihren verstorbenen Ehemann, den Geist, den ich zu akzeptieren und manchmal sogar zu schätzen gelernt hatte. Er war immer zugegen. Wahrscheinlich war das gut und richtig so, obwohl ich mir gelegentlich schon mal wünschte, dass er verschwände– aber es ist natürlich furchtbar, so etwas zu denken.
» Sie– beide Großelternpaare– wollen, dass wir auch dahin ziehen. Dann sieht man sich öfter, und sie können mir auch helfen. Eigentlich eine gute Idee, wenn man sich das mal so durch den Kopf gehen lässt.«
Ich nickte, weil ich nicht wusste, was ich sonst hätte tun sollen.
» Jack und Erin brauchen das. Na ja, und ich wohl auch.«
» Was braucht ihr?«
» Eine Familie. Seine Eltern sollen ein Teil von Jacks Leben werden. Und die vertragen die Kälte hier oben einfach nicht mehr. Verstehst du?«
» Natürlich versteh ich das.«
Die Worte klangen in den eigenen Ohren seltsam, fast, als ob sie jemand anders gesagt hätte.
» Meine Eltern haben da eine Wohnung gefunden, die wir uns mal angucken sollen«, sagte Ali. » Die ist im selben Häuserblock, in dem sie auch wohnen.«
» Wohnungen sind praktisch«, plapperte ich drauflos. » Die Unterhaltskosten sind nicht so hoch. Man zahlt einfach nur die Miete, und damit hat sich das, oder?«
Sie sagte
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