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Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost

Titel: Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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dass demnächst eine weitere Bombe explodiert und Sie dadurch viele Leben retten könnten. Also in diesem Fall macht man hinterher wieder reinen Tisch. Der Verhörte erinnert sich nicht. Ist dieses Vorgehen damit im ethischen Sinne besser? Sie, mein lieber Freund, wurden vermutlich sehr harten Verhören unterzogen und vielleicht auch gefoltert. Sie erinnern sich nicht mehr daran. Also ist es nicht passiert.«
    » Wie der berühmte Baum, der im Wald umfällt, wenn es niemand hört«, sagte ich.
    » Genau.«
    » Ihr Franzosen und eure Philosophiererei.«
    » Tja, auch bei uns geht es nicht nur um Sartres › kleinen Tod‹.«
    » Was allerdings sehr schade ist.« Ich rutschte etwas nach hinten. » Wenn ich ehrlich bin, glaube ich Ihnen das nicht so recht.«
    » Das versteh ich. Ich weiß selbst nicht genau, ob ich das glauben soll. Aber denken Sie mal drüber nach. Denken Sie über Menschen nach, die plötzlich verschwinden und nie wieder auftauchen. Denken Sie über Menschen nach, die gesund und produktiv sind und plötzlich Selbstmordgedanken haben, in die Obdachlosigkeit geraten oder geisteskrank werden. Denken Sie über Menschen nach– Menschen, denen es gut ging und die immer einen ganz normalen Eindruck gemacht haben–, die plötzlich behaupten, von Außerirdischen entführt worden zu sein, oder ein posttraumatisches Stress-Syndrom entwickeln.«
    » Lassen Sie es einfach gut sein …«
    Das Atmen fiel mir wieder schwer. Ich spürte, wie meine Brust sich verspannte und sich kaum noch bewegen ließ.
    » So einfach kann es nicht sein«, sagte ich.
    » Das ist es auch nicht. Wie ich schon sagte, denken Sie über Menschen nach, die plötzlich psychotisch werden, oder rationale Menschen, die plötzlich in religiöse Verzückung geraten oder von Begegnungen mit Außerirdischen erzählen. Und dann stellt sich wieder die Frage nach der Moral– ist es okay, dass jemand womöglich ein Trauma erleidet, wenn man viele Leute vor größerem Schaden bewahren kann, besonders wenn dieses Trauma sofort wieder in Vergessenheit gerät? Die Leute, die solche Orte leiten, machen das nicht aus Böswilligkeit. Sie sind vielmehr der Ansicht, dass sie so ethisch handeln, wie es ihnen möglich ist.«
    Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Tränen liefen mir über die Wangen. Ich wusste nicht warum.
    » Betrachten Sie das Ganze mal aus deren Sicht. Der Mann, den Sie in Paris getötet haben, der, der für Mohammad Matar gearbeitet hat– die Regierung dachte, er stünde kurz davor, die Seiten zu wechseln und uns wichtige Insider-Informationen zukommen zu lassen. In diesen Zellen herrscht fast immer ein großes Hickhack. Wie sind Sie da mitten hineingeraten? Sie haben Matar getötet– ja, es war Notwehr, aber vielleicht, nur ganz vielleicht, hatte Ihnen ja doch jemand den Auftrag gegeben, ihn umzubringen. Verstehen Sie? Die Schlussfolgerung, dass Sie etwas wissen könnten, mit dem man Leben retten könnte, ist durchaus nachvollziehbar.«
    » Also…«, ich stockte, » …hat man mich gefoltert?«
    Er schob seine Brille hoch und sagte nichts.
    » Würde sich nicht irgendjemand daran erinnern, dass so etwas wirklich passiert?«, fragte ich. » Würde nicht irgendjemand davon erzählen?«
    » Was gibt’s denn zu erzählen? Vielleicht erinnert sich tatsächlich jemand. Aber was will er dann machen? Er weiß nicht, wo er war. Er weiß nicht, wer ihn da festgehalten hat. Und er ist verängstigt, weil er tief im Innersten weiß, dass sie ihn sich wieder schnappen können.«
    » Ihre Mutter und Ihr Vater …«
    » Also schweigt er, weil er keine Wahl hat. Und vielleicht, nur ganz vielleicht, retten diese Leute auch noch Leben. Haben Sie sich nie gefragt, wie wir so viele Terroranschläge verhindern, bevor sie tatsächlich ausgeführt werden?«
    » Indem wir Menschen foltern und sie diese Folter dann vergessen lassen?«
    Berleand antwortete mit einem ausgedehnten Achselzucken.
    » Wenn das alles so effektiv ist«, sagte ich, » warum haben die das dann nicht mit Chalid Scheich Mohammed oder den anderen Al-Qaida-Terroristen gemacht?«
    » Wer sagt denn, dass sie das nicht getan haben? Trotz der ganzen Aufregung hat die US-Regierung nur in drei Fällen zugegeben, das umstrittene Waterboarding angewendet zu haben– und die waren alle vor 2003. Glauben Sie wirklich, dass das der Wahrheit entspricht? Und was Chalid betrifft, da hat die ganze Welt zugesehen. Das war ein Fehler, den Ihre Regierung nach Guantanamo abgestellt hat. Man macht so etwas

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