Von meinem Blut - Coben, H: Von meinem Blut - Long Lost
Ihre Sicherheit. Wenn ich das richtig verstanden habe, hatte Mohammad Matar die Sache mit Ihnen zu einer Art Privatfehde erklärt. Sie haben in Paris einen seiner Männer getötet. Dafür sollten Sie zusehen, wie Karen Tower und Terese Collins sterben– bevor er Sie dann auch umbringt. Wenn irgendwie bekannt geworden wäre, dass Sie Dr. Death umgebracht haben, könnte schnell jemand auf den Gedanken kommen, Vergeltung an Ihnen und Ihrer Familie zu üben.« Berleand lächelte der Tänzerin zu und streckte mir die offene Hand entgegen. » Haben Sie ein paar Ein-Dollar-Scheine?«
Ich griff in mein Portemonnaie. » Und der zweite Grund?«
» Wenn Sie nicht dort waren– also nicht in London am Tatort–, besteht für die Regierung auch keine Notwendigkeitzu erklären, wo Sie die letzten beiden Wochen gewesen sind.«
Die Unruhe erfasste mich wieder. Ich schüttelte mein Bein, sah mich um, wollte aufstehen. Berleand sah mich nur an.
Ich sagte: » Wissen Sie denn, wo ich gewesen bin?«
» Ich habe eine ziemlich genaue Vorstellung davon. Genau wie Sie.«
Ich schüttelte den Kopf. » Ich hab keine.«
» Sie behaupten also, dass Sie absolut keine Erinnerungen an die letzten beiden Wochen haben?«
Ich sagte nichts. Meine Brust zog sich zusammen. Ich atmete hektisch ein und aus. Dann nahm ich meine Cola light und trank ein paar kleine Schlückchen.
» Sie zittern«, sagte er.
» Und?«
» Letzte Nacht. Haben Sie da schlecht geschlafen? Vielleicht irgendwelche Alpträume gehabt?«
» Natürlich. Ich war im Krankenhaus. Warum?«
» Sagt Ihnen der Begriff Dämmerschlaf etwas?«
Ich überlegte. » Hat das nicht irgendwas mit Schwangerschaft zu tun?«
» Sie sind ganz nah dran, genaugenommen geht es aber um die Geburt. In den Fünfzigern und Sechzigern war er ziemlich beliebt. Die Argumentation verlief etwa so: Warum soll eine werdende Mutter während der Geburt schreckliche Schmerzen erleiden? Also gab man der Mutter eine Kombination aus Morphium und Scopolamin. In manchen Fällen ging die Mutter einfach k.o. In andern Fällen– und das war das eigentliche Ziel– nahm ihr das Morphium die Schmerzen, und die Kombination der beiden Präparate sorgte dafür, dass die Mutter sich nicht mehr an den Restschmerz erinnerte. Es war eine medikamentös induzierte Amnesie– oder eben ein Dämmerschlaf. Irgendwann wurde dieses Verfahren nicht mehr benutzt, erstens, weil die Babys oft in einer Art Drogenstarre auf die Welt kamen, und zweitens, weil dieses ganze › den Augenblick erleben‹ in Mode kam. Der zweite Grund leuchtet mir nicht so richtig ein, aber ich bin ja auch keine Frau.«
» Ist das irgendwie wichtig?«
» Das ist es. Das alles war damals, in den Fünfzigern und Sechzigern. Seitdem ist mehr als ein halbes Jahrhundert vergangen. Inzwischen haben wir andere Medikamente, und wir hatten viel Zeit, mit ihnen herumzuexperimentieren. Stellen Sie sich vor, was für Möglichkeiten sich eröffnen würden, wenn man das perfektionieren könnte, was vor über fünfzig Jahren schon angewandt wurde. Theoretisch könnte man jemanden eine ganze Weile festhalten, und derjenige würde sich hinterher nicht daran erinnern.«
Er wartete. Ganz so begriffsstutzig war ich nun auch wieder nicht.
» Und das hat man mit mir gemacht?«
» Ich weiß nicht, was man mit Ihnen gemacht hat. Haben Sie je von den Black Sites gehört, den Geheimgefängnissen der CIA?«
» Natürlich.«
» Glauben Sie, dass es die gibt?«
» Orte, an die die CIA Gefangene bringt, ohne jemanden darüber zu informieren? Klar– kann ich mir sehr gut vorstellen.«
» Vorstellen? Seien Sie nicht naiv. Bush hat zugegeben, dass es sie gab. Aber es gibt sie nicht erst seit dem 11. September, und man hat sie auch nicht abgeschafft, als der Kongress ein paar Anhörungen dazu gemacht hat. Überlegen Sie doch mal, was man da alles tun könnte, wenn man die Gefangenen einfach in einen ausgedehnten Dämmerschlaf versetzen würde. Früher haben die Frauen dadurch den Geburtsschmerz vergessen– den schlimmsten Schmerz, den es gibt. Die könnten einen da stundenlang verhören, die Leute dazu bringen, alles Mögliche zu tun oder zu erzählen, und hinterher würden die Verhörten das Ganze einfach vergessen.«
Meine Beine trommelten wie ein Presslufthammer auf den Boden. » Das klingt ziemlich diabolisch.«
» Wirklich? Nehmen wir mal an, Sie hätten einen Terroristen festgenommen. Sie kennen das alte Dilemma, ob es in Ordnung wäre, ihn zu foltern, wenn Sie wüssten,
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