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Von Menschen und Monstern

Von Menschen und Monstern

Titel: Von Menschen und Monstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Tenn
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Fleck bewerkstelligen sollte. Gespannt starrte er ihn an.
    Dann hob Stephen vom starken Arm langsam die freie Hand, um sich das Zeug abzuwischen. Erics Hoffnung zerstob. Gar nichts war geschehen.
    Ausländer, dachte er verbittert. Das kommt davon, wenn man sich auf Ausländer verläßt ...
    Es knallte so ohrenbetäubend, daß er im ersten Moment dachte, die Decke der Grotte sei eingestürzt. Der Rückstoß schleuderte ihn gegen die Wand. Als die Erschütterungen in der kleinen Vorratsgrotte sich halbwegs gelegt hatten, hob er schließlich doch den Kopf. Jemand schrie unablässig.
    Es war Sarah. Sie hatte direkt hinter Stephen vom starken Arm gestanden. Jetzt starrte sie ihn an und stieß dabei schrille Schreie aus.
    Stephen vom starken Arm hatte keinen Kopf mehr.
    Plötzlich kippte der Körper vornüber.
    Sarah die Gesundmacherin verstummte und drehte sich taumelnd zu ihren Kameradinnen um.
    Und dann brach der Tumult los.
    Alle schrien wild durcheinander. Kreischend drängten sie zum schmalen Ausgang. Wild um sich schlagend, zwängten sie sich durch. Sie rissen den Posten am Eingang mit sich fort, und ihre Panik überschwemmte die große Haupthöhle.
    Eine Zeitlang hörte Eric noch ihre flüchtenden Schritte in den Gängen. Dann wurde es ruhig. Nur Thomas der Fallensprenger phantasierte pausenlos weiter.
    Eric stemmte sich hoch. Sein Augenblick war gekommen, und er mußte ihn nützen. Vorsichtig stieg er über den roten Bach, der sich aus dem Hals des Toten ergoß, hockte sich vor den zu Boden gefallenen Speer, hob ihn mit seinen gefesselten Händen auf und hielt ihn unbeholfen hinter seinem Rücken fest.
    Jetzt war nicht die Zeit, seine Fesseln zu zerschneiden.
    »Onkel Thomas«, rief er. »Wir können fliehen. Jetzt ist es möglich. Komm, steh auf!«
    Der verwundete Truppenführer glotzte ihn verständnislos an. »... Gänge, wie du sie nie gesehen oder dir ausgemalt hast«, murmelte er. »Glühlampen, aber nicht an der Stirn. Ganze Gänge voller Glühlampen. Gänge um Gänge um Gänge ...«
    Eric überlegte kurz. Auf der Flucht war der Mann eine schwere Bürde. Aber er durfte ihn nicht im Stich lassen. Immerhin war Thomas nun sein einziger lebender Verwandter, der einzige Mensch, der ihn nicht als Geächteten betrachtete. Außerdem war er trotz seines erbarmungswürdigen Zustands immer noch sein Truppenführer.
    »Steh auf!« wiederholte er. »Thomas der Fallensprenger, auf stehen! Das ist ein Befehl. Aufstehen!«
    Wie er gehofft hatte, reagierte sein Onkel auf das gewohnte Kommando. Er zog die Beine an und wollte sich erheben. Vergebens. Seine Kraft reichte nicht mehr aus.
    Mit einem ängstlichen Blick zum Eingang der Vorratsgrotte eilte Eric dem Verwundeten zu Hilfe. Es gelang ihm, ein Ende des Speeres unter den Ellbogen seines Onkels zu schieben. Dann stützte er den Speer an seiner Hüfte auf und drückte fest aufs andere Ende.
    Es war eine schmerzhafte, mühselige Arbeit, da er nicht alle Muskeln einsetzen konnte. Außerdem mußte er ständig über die Schultern blinzeln, um zu sehen, was er überhaupt tat. Zwischendurch befahl er keuchend: »Aufstehen, aufstehen, verflucht nochmal!« Endlich stand sein Onkel auf den Beinen. Taumelnd zwar, aber er stand.
    Unbeholfen zerrte Eric den Speer hinter sich her und drängte und stieß seinen Onkel aus der Grotte. Die Haupthöhle war verlassen. Waffen, Töpfe und verschiedene Habseligkeiten lagen verstreut, wo sie hingeworfen worden waren. Das Gerüst stand einsam vor dem Königshügel.
    Der Häuptling und die anderen Führer waren nach links gerannt, nachdem sie sich den Weg aus der Vorratsgrotte erkämpft hatten. Sie mußten an dem Schafott vorbeigestürmt sein und in ihrer wilden Flucht die übrige Menschheit mitgerissen haben.
    Eric wandte sich nach rechts. Sein größtes Problem war sein Onkel.
    Sobald sie die äußeren Laufgänge erreicht hatten, war ihm wohler. Aber erst nach vielen Kehren und Dutzenden Gabelungen, die sie in gänzlich unbewohnte Höhlen führten, wagte er, anzuhalten und seine Fesseln an der Lanzenspitze zu zerschneiden. Auch seinen Onkel befreite er. Dann legte er sich den linken Arm des Fallensprengers über die Schultern, faßte ihn fest um die Mitte und machte sich weiter auf den Weg. Er kam nur langsam voran. Sein Onkel war ein schwerer Mann. Aber je mehr Abstand sie zwischen sich und die Menschheit legen konnten, desto besser.
    Wohin sollten sie sich wenden, fragte er sich, während sie gemeinsam durch die stillen, weitverzweigten Gänge

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