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Von Menschen und Monstern

Von Menschen und Monstern

Titel: Von Menschen und Monstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Tenn
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einsetzen sollte. Nein, ohne Hilfe war das unmöglich. Er mußte den Einstieg eben offen lassen, was ein unverzeihliches Verbrechen an der Allgemeinheit war.
    Nun, er stand jenseits aller Gesetze und Vorschriften. Vor ihm lag das grellweiße Licht, das er und seine Artgenossen so sehr fürchteten. In dieser Welt, in der er sich an keine Illusionen klammern und keinerlei Hilfe erwarten dürfte, mußte er sich behaupten.
    Die dunklen, sicheren, weitverzweigten Höhlen lagen hinter ihm. Sie liefen als Tunnel durch die Wände des Bestienreviers. Die Menschen lebten in Angst und Unwissenheit in diesen Wänden und hielten einander zum besten. Dieses Leben war für ihn vorbei. Er mußte den Bestien trotzen.
    »Ich will rasch erwachsen werden, Onkel«, murmelte Eric der Einzige, Eric das Auge, Eric der Ausgestoßene. »Sehr rasch. Ich muß es wohl.«
    Dann überschritt er die Schwelle des Bestienreviers.
     

 
11.
     
    Die alte Falle, die Thomas der Fallensprenger vor langer Zeit entschärft hatte, hing nutzlos an der Rückseite der Wand. Keines der gigantischen Ungeheuer war zu sehen.
    Da war dieses unerträglich weiße Licht wieder! Dieser grenzenlose Raum!
    Eric wandte sich nach rechts, lief an der Wand entlang und zählte dabei seine Schritte. Er schlug den gleichen Weg ein wie bei seinem Raubzug. Die Angst schnürte ihm die Luft ab, aber er hielt sich vor Augen, daß er hier den gleichen Gefahren ausgesetzt war wie jeder Mensch. Hier war jeder Mann ein Ausgestoßener, ein Gejagter. Stammeszugehörigkeit zählte hier nicht.
    Er erreichte das ausladende Möbel der Bestien und lief an dessen linker Seite weiter. Vielleicht waren noch einige Fremde in ihrem Versteck geblieben. Wenn er sie vor den jüngsten Entwicklungen in den Höhlen warnte, gewährten sie ihm vielleicht Asyl. Die Gesellschaft der verweichlichten, schwatzhaften, lächerlich ausstaffierten Ausländer war immer noch besser als gar keine.
    Vor dem finsteren Eingang des Möbels hielt Eric an. Bisher hatte er die für das Bestienrevier geltenden Regeln befolgt: Lauf so schnell du kannst, aber blicke um keinen Preis auf. Nun, bei seinem Raubzug hatte er bereits einmal aufgeblickt und lebte trotzdem. Viel schienen die Lehren seines Stammes nicht wert zu sein.
    Er blieb also ganz bewußt ein gutes Stück vor dem Eingang stehen. Nachdem er sich nochmals vergewissert hatte, daß keine Bestien in der Nähe waren, stemmte er die Hände herausfordernd in die Hüften, drehte sich um und musterte die riesige Höhle. Ja, sie brachte ihn auch jetzt wieder einigermaßen aus der Fassung. Aber man gewöhnte sich daran. Es war nur eine Frage der Zeit, bis ihm diese wahnsinnig groß geratenen Säcke und Behälter, jene Wände, die so hoch aufragten, daß man sich den Hals verrenken mußte, um ihr Ende zu erblicken, genauso selbstverständlich geworden waren wie eine enge Vorratshöhle voll menschlicher Utensilien.
    Es gab nichts, was sich letzten Endes nicht erlernen ließ, sagte sich Eric. Das heißt, solange er deutlich sehen konnte, was es war.
    Augen auf. Sieh dir nur alles genau an. Bilde dir dein eigenes Urteil auf Grund deiner eigenen Beobachtung. Jawohl, er wollte sich den Namen »Das Auge« verdienen!
    Vorsichtig drang er ins Innere des Möbels vor. Falls sich Fremde hier aufhielten, rechneten sie vielleicht mit einem Überfall, stießen zu und sahen sich erst dann den durchbohrten Toten näher an. Bestimmt hatte Arthur der Organisator schon erfahren, was in den Höhlen geschehen war, und hatte Posten aufgestellt. Und die mochten zur Voreiligkeit neigen.
    Er traf jedoch keine Wachen an. Kaum hatte er sich aber gebückt und den niedrigen Tunnel betreten, vernahm er Stimmen. An der Kreuzung wandte er sich nach rechts. Das Murmeln schwoll an. Dann betrat er die große eckige Höhle. Was er hier sah, überraschte ihn nicht. Dutzende mehr oder minder schwer verwundete Ausländer debattierten, gestikulierten und stritten. Eine Unzahl Stirnlampen verströmten ungewohntes Licht.
    Die Höhle sah aus wie ein Schlachtfeld. Überall Verwundete, so weit das Auge blickte. Und jeder, der noch einigermaßen bei Bewußtsein war, versuchte, alle andern zu überschreien.
    Die Leichtverwundeten hatten sich in einer Ecke um Walter den Waffenforscher und Arthur den Organisator geschart, schilderten mit schrillen Stimmen ihre Erlebnisse und beschwerten sich bitter über die Unfähigkeit der anderen. Die Schwerverletzten saßen zu zwei oder zu dritt stöhnend auf dem Boden und machten sich

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