Von Menschen und Monstern
schwang den Haken, während sie unter der Klappe vorbeischossen, und klammerte sich damit an den Vorsprung. Sekundenlang blieben sie am gleichen Fleck und wurden im schäumenden Wasser auf und nieder geschaukelt. Dann riß die Strömung sie weiter. Der Haken war abgeglitten.
Roy verwünschte sich wütend. »Ich war knapp daran, aber – verflucht, ich fand keinen Halt. Man sollte mich bei lebendigem Leib kanalisieren.«
Trotz ihrer unseligen Situation mußte Eric grinsen. Genau das war es ja, was dem Läufer widerfuhr! Aber er machte ihn nicht eigens darauf aufmerksam. »Meine Schuld«, sagte er. »Ich machte dich zu spät aufmerksam. Beim nächstenmal sage ich dir's früher.«
Aber er war beunruhigt. Das kalte Wasser raubte ihm langsam das Empfindungsvermögen. Bestimmt erging es den anderen beiden nicht besser. Um so schwerer würde es Roy daher fallen, mit dem Haken nicht abzurutschen. Wie hatten die Väter nur jemals im Freien leben können?
Er langte nach seinem Gürtelriemen und zog das Messer, das er dem toten Jonathan Danielson im ersten Käfig abgenommen hatte. Dann zerschnitt er die Riemen, die ihn an Rachel fesselten. Jetzt hielt er sie nur mit den Armen fest, aber dafür konnte er Roy rascher helfen.
»Wie fühlst du dich, Liebling?« fragte er, weil ihm plötzlich auffiel, daß sie schon seit längerer Zeit schwieg. Sie gab keine Antwort. »Wie geht es dir?« drängte er.
»Mir ist kalt«, sagte sie mit schwacher Stimme. »Mir ist kalt, und ich bin müde, Eric. Ich bin ziemlich am Ende.«
Gehetzt drehte er den Kopf und suchte das Rohr über seinem Kopf ab. Die nächste Chance war bestimmt auch die letzte. Er mußte Roy rechtzeitig aufmerksam machen.
Kaum sah Eric von weitem den undeutlichen Umriß einer Klappe, begann er zu schreien und zu zeigen. »Diesmal lasse ich nicht los, das verspreche ich dir!« sagte Roy der Läufer.
Als sie unter der Klappe vorbeitrieben, schlug Roy wild mit den Beinen um sich und hob sich ein Stück aus dem Wasser. Er stieß den Haken neben der Klappe in eine Ritze und drehte ihn quer. Das gebogene Hakenende verspreizte sich in der Klappe.
»Du bist dran, Eric«, keuchte er. »Mach schon!«
Rachel war noch an Roy gefesselt, aber Eric wurde durch die plötzliche Bremsung beinahe fortgeschwemmt. Nur mit einer Hand klammerte er sich noch an sie. Rasch schlang er den zweiten Arm um Rachel und zog sich näher.
Dann griff er über sie hinweg nach Roy, stemmte sich hoch und turnte mühsam über ihre heftig schaukelnden Körper auf die Schultern des Läufers. Sie waren naß und rutschig. Trotzdem gelang es ihm, den Haken mit seiner linken Hand zu umklammern. Nun stand er verhältnismäßig fest. Er riß sein Messer hoch und begann, die Klappe verbissen zu bearbeiten. Unter ihm rang der Läufer nach Luft.
Eric wußte genau, was er zu tun hatte. Er schob die Platte zuerst nach links, dann nach rechts. Noch während sich die schwere Platte bewegte, setzte er das Messer als Hebel ein. Jetzt konnte er nur beten, daß es nicht brach!
Die Platte kippte nach außen. Eric zog die linke Hand vom Haken und klammerte sich durch die gewonnene Öffnung an den Rand der Platte. Dann stemmte er sich mit aller Kraft dagegen. Die Platte kollerte zur Seite.
Er stemmte sich aus dem Wasser und kletterte durch den gewonnenen Ausstieg. Geduckt hockte er auf dem Rohr. Der Fußboden lag dicht über ihm. Die Frage war jetzt nur, gehörte der Fußboden zum Bestienrevier oder zu den Höhlen? Und falls es ein Höhlenboden war, hatten Menschen in der Nähe einen Brunnenschacht gegraben?
Er taumelte vor Erleichterung, als er die bekannten Konturen eines Deckels erkannte! Ein Schacht! Er lockerte die Kanten mit dem Messer, schob die Schultern unter den Deckel, stemmte die Füße aufs Rohr, richtete sich auf und drückte. Der Deckel gab nach und fiel klatschend auf den Boden.
Eric richtete sich auf. Rund um ihn waren gewölbte Wände und niedrige Decken. Endlich wieder im heißersehnten Bau!
Er legte sich aufs Rohr und streckte den Arm durch die Klappe. Das Gesicht des Läufers war blau angelaufen, und Rachels Kopf lehnte kraftlos an seiner Schulter. »Kann dir – kaum helfen«, keuchte Roy. »Mußt alles allein – machen. Ich bin – am Ende.«
Eric griff unter Roys Achseln und zog an. Mit letzter Kraft stemmte Roy die Ellbogen über den Rohrverschluß. Das genügte, so daß Eric die beiden aus dem Wasser ziehen konnte. Nach kurzer Atempause schleppten Eric und Roy sich selbst und Rachel durch
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