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Von Namibia bis Südafrika

Titel: Von Namibia bis Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Oliver Bachmann
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Wüste mit Frost bedeckt. Doch sie trotzten den Umständen, züchteten Schafe und Karakus, aus deren Felle Wintermäntel für Deutschland hergestellt wurden. Ich bin auf meinen Reisen um die Welt immer wieder erstaunt, unter welch extremen Bedingungen der Mensch siedeln kann: im ewigen Eis, mitten auf dem Wasser oder an den Hängen von Vulkanen. Aber die Namib, das war dann doch zuviel. Die Schafe fraßen die dürre Vegetation ab, die Sanddünen dehnten sich immer weiter aus. Deshalb verlegten sich die Farmer auf die Jagd. Sie nannten das Biltong-Farming. Biltong ist getrocknetes Wildfleisch, zäh wie Leder. Gegen saftige Gebühren ließen sie Freizeitjäger aus dem fahrenden Auto auf alles ballern, was sich bewegte, und nach ein paar Jahren war der schier unbegrenzte Wildbestand auf Null geschrumpft. Auch das wundert mich immer wieder am Menschen: Er ist in der Lage, fast überall zu leben. Aber er ist auch in der Lage, sich selbst auszurotten. Keine Tierart dieser Welt macht das. Am Ende gaben die Farmer auf, und was blieb, war die agrarische Infrastruktur: Ein paar 1 000 Kilometer Zäune, die sich kreuz und quer durch das Land spannten und Jahr für Jahr unzählige Tiere während der Migration darin verenden ließen. Es gab kontaminierte und verölte Böden rund um die alten Wasserpumpen, es gab Betonfundamente in der Landschaft verstreut. Und es gab ein paar verbitterte Übriggebliebene, die zusahen, wie sich die Wüste in kurzer Zeit holte, was sie ihr im langen Kampf abgerungen hatten. Es hätte enden können, wie es eigentlich immer endet, wäre nicht das Wunder geschehen. Dahinter steckte ebenfalls ein ausgewanderter Deutscher. 1984 kaufte der Unternehmer Albi Brückner eine der alten Farmen auf.
    Er hatte sein Geld mit Motoren und Maschinen gemacht, und weshalb er sich dieses Stück vergammelte Einsamkeit ans Bein band, wusste er selbst nicht. Wahrscheinlich war das der Grund, weshalb er seiner Frau lieber nichts davon erzählte, bis diese auf Windhuks Kaiserstraße von einer Nachbarin auf den Erwerb der Farm angesprochen wurde. Sie rückte ihrem Gatten zuhause auf die Pelle.
    „Irgendwie“, sagte er ihr, „schwebe ihm so eine Art Wüsten-Naturpark vor.“
    Wenn es gelänge, die verbliebenen Farmer zum Mitmachen zu bewegen; wenn es gelänge, dass alle an einem Strang ziehen; wenn es gelänge, sich mit der Natur zu versöhnen; wenn es gelänge, das Ganze irgendwie zu finanzieren – na, dann wäre einem doch was gelungen. Das war Albi's Vision. Und er setzte sie in die Tat um. Heute umfasst der Naturpark Namibrand eine Fläche größer als das Saarland. Nachdem 1.400 Kilometer Zäune eingerissen wurden, betreibt man aktiven Tierschutz, pflegt einen ökologischen Tourismus, und bietet Aus- und Weiterbildungsprogramme für Einheimische und Touristen an. Mittlerweile tummeln sich Springböcke, Oryxe, Flächenzebras, Kudus, Klipspringer, Luchse, Leoparden und viele andere Wüstentiere im Gebiet; über die Ansiedelung von Geparden und Giraffen wird nachgedacht.
    „Wer sich da auch noch tummelt, sind Zimmerleute auf der Walz“, lachte Andreas, als er mir von all dem erzählte. Mittlerweile waren wir in Maltahöhe – es gab tatsächlich keine Kneipe – und näherten uns dem südlichen Eingang des Parks. Immer häufiger sahen wir riesige Sanddünen, deren rote Farbe in der Sonne glühte wie Feuer. Dünen sind etwas Faszinierendes: Sie entstehen, wenn Sandkörner auf ein Hindernis treffen und sich im windstillen Bereich dahinter ablagern. Dadurch bilden sie eine Barriere, die größer und größer wird – eine Düne ist geboren. Unweit von Namibrand, in Sossusvlei, gibt es die größten der Welt. Das ist kein Wunder, denn der Wind transportiert unerschöpfliche Mengen Sand. Die Wissenschaft streitet sich darüber, woher er stammt. Im Moment haben die Oberwasser, die diesen Sand für die Reste pulverisierter Gebirge halten, die beim Auseinanderbrechen des Superkontinents Pangäa in die Luft geflogen sind. Wer auch immer Recht hat, ich habe mir in weiser Voraussicht ein paar Körnchen in Kleider und Schuhen mit nach Hause genommen. Schließlich hat nicht jeder prähistorischen Feinstaub im Kleiderschrank.
    Als wir die Abzweigung zum Wolwedans Dune Camp erreichten, war unser Biervorrat aufgebraucht. Im Camp wurden die Zimmerleute händeringend erwartet, denn von der Eröffnung der Mountain View Suite versprach sich Stephan Brückner, der Sohn von Albi, eine Menge. Als Manager von 150 000 Hektar Land hatte er alle

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