Von Namibia bis Südafrika
Mbale“ um. Eine Vision, die heute schönste Früchte trägt. Doch zuvor floss der Schweiß in Strömen. Was kein Wunder war, denn nach den Minusgraden des Himalaja empfing uns der Flughafen von Entebbe mit schwül-heißen Temperaturen. Dort wartete auch Mister Kabasa. Kabasa heißt in der ugandischen Landessprache Luganda König, und diesen Spitznamen hatte sich unser Fahrer als dickster Mann des Landes eingefangen. Wohlgenährt zu sein macht einem hier zum geachteten Menschen, es bestand also Hoffnung für mich. Jedenfalls nannte Mister Kabasa den mächtigsten Leibesumfang Ugandas sein Eigen, und von uns hörte er keinen Widerspruch. Wir zwängten uns in seinen Ford Escort und hoppelten los. So rund 10 Meter. Dann standen wir im berüchtigten Feierabendstau, der sich Abend für Abend vom Flughafen Entebbe bis zur ugandischen Hauptstadt Kampala erstreckt. Von nun an ging es nur noch zentimeterweise weiter. Uns war das aber egal. Während Mister Kabasa fluchte wie ein Eseltreiber, konnten wir uns nicht satt sehen an den Szenen, die sich am Straßenrand abspielten. Der Gehsteig ist der Wal-Mart von Uganda: Von der Kloschüssel über Bettgestelle, Küchenbüffets, Kühlschränke, Waschmaschinen und Särge in allen Formen bis zu abgehangenem Fleisch, Säfte, Bier und gegrillten Kochbananen gab es einfach alles zu kaufen. Und während in der untergehenden Sonne die erdigen Rottöne der Straße um die Wette mit dem staubig-silbernen Grün der Palmen leuchteten, lehnten wir uns entspannt zurück: Wir waren zurück in Afrika.
Irgendwann erreichten wir Kampala, vorbei an endlosen Ständen mit Tomaten, Mangos, Kokosnüssen, immer wieder umringt von jungen Frauen, die uns Bastkörbe mit Früchten in den Wagen streckten. Mister Kabasa schaltete eine Politiksendung im Radio an. Sie gab ihm die Gelegenheit, nach Herzenslust weiter zu fluchen. Wahlen standen bevor, und der Präsident hatte kurzerhand die Verfassung geändert, damit er wieder antreten konnte.
Fünf Stunden und zehntausend Verwünschungen später erreichten wir die buntbemalten Tore der Brotherhood Salem Mbale. Ein bewaffneter Wachmann ließ uns herein, und kurz darauf lagen wir im Bett. Als ich die Augen schloss, sah ich den 5 000 Meter hohen Berg Gotkarla vor mir, an dessen Flanke ich vorige Woche zu einer tibetischen Einsiedelei aufgebrochen war. Langsam verwandelte er sich in eine Kochbanane.
„Das ist komisch...“, sage ich noch, dann fiel ich in den tiefen Schlaf des Zeitzonen-Hüpfers. Der zum Glück lange genug dauerte, um meiner Seele die Chance zu geben, dem ewig davon laufenden Körper wieder auf zu spüren.
Am nächsten Morgen trafen wir Gertrud Schweizer- Ehrler. Sie hatte zehn Jahre lang am Aufbau des Waisendorfes und der Krankenstation Salem Mbale mitgewirkt. Als ihre Rückkehr nach Deutschland bevor stand, wollte sie die Menschen hier nicht im Stich lassen. Sie gründete den Verein „Tukolere Wamu“ – das bedeutet gemeinsam für eine Welt. Und was sie gemeinsam mit der überkonfessionellen und regierungsunabhängigen Bruderschaft Salem, die 1957 in Stuttgart gegründet worden war, sowie zahlreichen freiwilligen Helfern aus Deutschland und Uganda auf die Beine gestellt hatte, konnte sich sehen lassen: Ein gut ausgebautes Kinderdorf mit angegliedertem Waisenhaus, eine Augenklinik, eine Geburtsklinik mit eigener Abteilung für Neugeborene, eine Hautklinik. Hier wurden über 5 000 Menschen aus dieser riesigen Region rund um den Mount Elgon medizinisch versorgt. Auch Aids-Waisenkinder vom Babyalter bis zum 17. Lebensjahr fanden in Salem Mbale ein neues Zuhause. Sofern es ihre Gesundheit zu ließ, gingen sie zur Schule oder machten eine Ausbildung: Auf unserem Rundgang besichtigten wir die Schreinerei, die Metallwerkstatt, die Näherei, die Gärtnerei, sowie eine sauber aufgeräumte Elektrikerwerkstatt.
Während ich das heute schreibe, fällt mir François Kowie ein, der Chef des staatlichen Medical Research Centers in Südafrika, und unser unangenehmes Gespräch. Er wollte den Aids-Kranken seines Landes keine Sutherlandia zu kommen lassen. Damals dachte ich an das alte Sprichwort: Steter Tropfen höhlt den Stein. Durch die Erfolge von Sutherlandiaprojekten wie das von Beate in Uganda, von Nigel Gericke und Anne Hutching im KwaZulu-Natal, und durch Uli Feiters unermüdlichen Einsatz, die Heilpflanze zu kultivieren, können mittlerweile über 30 000 Aids-Kranke mit Sutherlandia versorgt werden. Und zwar, verglichen mit retroviralen Mitteln, zu
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