Von Ratlosen und Löwenherzen
Idee, und segelte zufrieden nach Hause, um sich wieder mit seinen französischen Nachbarn zu schlagen.
Bald darauf kehrten Godwin und seine Söhne aus dem Exil zurück nach England, mächtiger denn je. Doch 1053 starbGodwin. Unter etwas dubiosen Umständen kippte er an der königlichen Tafel zu Winchester von der Bank, aber die Beschreibung des Ereignisses klingt mehr nach Schlaganfall denn nach Giftmord. Ihm folgte sein Sohn Harold Godwinson als Earl of Wessex und graue Eminenz hinter dem Thron. Wie sein Vater vor ihm regierte Harold mit eiserner Hand über England, dessen König und eine Schar von Brüdern, schlug die Wikinger zurück, wenn sie es wagten, ihre Nasen an der englischen Küste zu zeigen, und wenn keine kamen, drangsalierte er die Waliser, denn ähnlich wie William von der Normandie betrachtete er den Krieg als die sinnvollste Beschäftigung für einen Ehrenmann.
1064 reiste Harold Godwinson im Auftrag König Edwards in die Normandie. Es ist nicht ganz klar, warum. Aber wahrscheinlich bestand seine Mission darin, das Versprechen der Krone an William zu erneuern, und bei diesem Besuch schwor der mächtige Harold Godwinson einen heiligen Eid, Williams Thronanspruch zu unterstützen.
Doch als der fromme Edward am 5. Januar 1066 starb, wollte Harold davon nichts mehr wissen. Ihn habe der König auf dem Sterbebett zum Nachfolger bestimmt, behauptete er. Die Weisen des Reiches berieten, wie denn nun zu verfahren sei, und weil eigentlich niemand in England einen Normannen auf dem Thron wollte, krönten sie Harold Godwinson am 6. Januar 1066 zum letzten angelsächsischen König von England.
William bekam einen seiner berüchtigten Wutanfälle und befahl, eine Flotte zu bauen, um das berühmteste Ereignis der englischen Geschichte in Gang zu setzen: The Norman Conquest – die normannische Eroberung.
Erst einmal blies ihm der Wind jedoch mächtig ins Gesicht, und das im wahrsten Sinne des Wortes: Ein stetiger Nordwind hielt seine Flotte an der normannischen Küste fest, denn auch die mordernsten Schiffe konnten zu jener Zeit nur vor dem Wind fahren, nicht aber kreuzen. William verstand die Weltnicht mehr: Er hatte sich sein Eroberungsvorhaben vom Papst als »Kreuzzug« absegnen lassen. (Der Papst war unter anderem deswegen wütend auf die Engländer im Allgemeinen und Harold Godwinson im Besonderen, weil sie an einem Erzbischof von Canterbury festhielten, den er exkommuniziert hatte.) Da William also den Segen der Kirche in der Tasche hatte, wie konnte Gott ihm dann den falschen Wind schicken?
Aber Gott hatte William nicht verlassen, ganz im Gegenteil. Denn William war nicht der Einzige, der seinen begehrlichen Blick auf das Land der schwer geprüften Engländer gerichtet hatte. Es gab noch einen zweiten potenziellen Eroberer, nämlich Harald »Harderade«, den König von Norwegen (der den Anspruch auf die englische Krone auf verschlungenen Pfaden von den dänischen Königen geerbt hatte – oder das zumindest glaubte). Harald »Harderade« kam jedenfalls mit genau dem Nordwind, der William an den Rand der Verzweiflung blies, nach England gesegelt und brachte 250 Schiffe voller Soldaten mit. Harold Godwinson zog mit seiner Armee in Eilmärschen nach Norden. Am 25. September 1066 kam es bei Stamford Bridge (unweit von York) zur Schlacht, in welcher die Engländer einen entscheidenden Sieg errangen und der König von Norwegen fiel. (Vielleicht kein großer Verlust, denn »Harderade« heißt ungefähr so viel wie »harte Herrschaft«.)
Dann drehte der Wind, und William ging mit seinen rund 7000 Soldaten an Bord seiner Schiffe und segelte los.
Harold Godwinson und seine siegreiche, aber erschöpfte Armee hörten, dass die Normannen unterwegs seien, und zogen in neuerlichen Eilmärschen nach Süden. Als sie ankamen, waren sie natürlich vollkommen erledigt.
Bei der »Schlacht am grauen Apfelbaum«, wie sie damals hieß, trafen ein paar Kilometer außerhalb von Hastings am 14.10.1066 Harold Godwinson und seine müden Engländer auf William »den Bastard« und seine Normannen, die zahlenmäßig unterlegen, dafür aber ausgeruht waren. Harold Godwinson fiel in der Schlacht (nicht durch einen Pfeil ins Auge, wie immer noch gernbehauptet wird, sondern von den Normannen niedergeritten und anschließend in viele kleine Stücke zerhackt), und als die Sonne unterging, hatte William gesiegt und einen neuen Beinamen: Aus dem Bastard war »der Eroberer« geworden.
An dieser Stelle fängt in den meisten Werken zur
Weitere Kostenlose Bücher