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Von Zwanzig bis Dreißig

Von Zwanzig bis Dreißig

Titel: Von Zwanzig bis Dreißig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Trebbin geboren, märkischer Predigerssohn, war er der Typus eines Märkers, gesund, breitschultrig, festen Willens und mit kleinen, listigen Augen. Trat er ein, so glaubte man einen in die Großstadt verschlagenen Amtmann zu sehen, und daß ihm, vierzig Jahre früher, die schöne Fanny Mendelssohn zuteil geworden war, konnte wundernehmen. Erfuhr man dann aber, was es mit dem »Amtmann« auf sich habe, so war einem klar, daß die schöne Fanny sehr richtig gewählt habe. Das Preußentum von 1813 ließ sich ganz wundervoll an ihm studieren. Er hatte den Krieg mit Auszeichnung mitgemacht, erfreute sich, wohl zum Teil um dieser Haltung willen, einer großen Beliebtheit am Hofe Friedrich Wilhelms III., nicht minder bei sämtlichen Prinzen, und dies »Mit zum Hofe Gehören«, auch mit dazu gehören
Wollen,
gab ihm ein Etwas, das von der jungen Generation belächelt wurde. Aber ganz mit Unrecht. In dem reizenden Buche »Bismarck und seine Leute« kommt eine Stelle vor, wo Bismarck in Versailles auf offener Straße dem Geheimrat Abeken eine Depesche diktiert. Dieser ist ganz Dienst. Aber mit einem Male wahrnehmend, daß Prinz Karl die Straße herunter kommt, kommt Abeken ins Schwanken; er hat einerseits ein Gefühl von der Wichtigkeit der dienstlich politischen Situation, aber andererseits auch ein Gefühl von der Wichtigkeit einer Prinzenannäherung, und sich hin und her wendend, um, inmitten der Erfüllung seiner Amtspflichten gegen den Kanzler, doch auch die Honneurs gegen den Prinzen nicht zu versäumen, kommt er erst durch eine scharfe Bismarcksche Reprimande wieder zur Haltung und Ruhe. Genauso war Hensel. Eine Prinzenannäherung war doch immer die Hauptsache. Jetzt lachen die Leute darüber, weil sie die frühere Zeit nicht kennen und sich als große Freiheitler träumen; in Wahrheit aber liegt es so, daß die preußische Welt seit König Friedrich Wilhelm I. beständig wachsende Fortschritte, nicht im »Männerstolz vor Königsthronen«, sondern umgekehrt im Byzantinismus gemacht hat und daß die eigentlichen Charaktere und die eigentlich mutigen Männer in Tagen lebten, wo's keine patentierte Freiheit gab und der Krückstock noch wacker umging. Zahllose herzerquickende Worte – auch Taten – sind damals vorgekommen, die heute ganz undenkbar sind. Auf
diesem
Gebiete sind in unserem modernen Leben auch die mutigsten Leute Drückeberger geworden. – Hensels intimster Freund war der Graf Blanckensee; sie hatten von 1813 bis 1815 in derselben Truppe gedient. Es hieß einmal, daß es nicht leicht sei, mit dem Grafen auszukommen. »Ich bin fünfzig Jahre lang gut mit ihm ausgekommen«, sagte Hensel, »und schiebe das auf ein Prinzip, nach dem ich, von Jugend auf, meinen Umgang mit vornehmen Leuten eingerichtet habe. Gegen ihre höhere gesellschaftliche Stellung habe ich nie protestiert, auch im freundschaftlichsten Verkehr immer eine Grenzscheide gezogen, Kordialitäten nie versucht, ihnen immer ihren Stand und ihre Ehre gegeben; aber wenn das geringste geschah, das meine Ehre verletzte, habe ich das ruhig und fest zurückgewiesen. Das ist immer respektiert worden, und ich bin, wie mit Blanckensee, so mit allen anderen märkischen Adeligen immer sehr gut ausgekommen.« In seinen Anschauungen hatte Hensel viel Gemeinsames mit Louis Schneider, bezeigte sich aber sehr viel feiner in ihrer Geltendmachung. In Gesellschaften war er ungemein beliebt, und mit Recht. Er hielt sich zunächst zurück und sondierte, nahm er aber wahr, daß gute Zuhörer da waren, so öffneten sich die Schleusen seiner Beredtsamkeit, und daß er, der als Jüngling die Befreiungskriege mitgemacht, dann die Lalla-Rookh-Aufführung geleitet, dann 1848 die Künstler- und Studentenschaft kommandiert und 1860 als Totenwache neben seinem aufgebahrten König Friedrich Wilhelm IV. gestanden hatte –, daß
der
erzählen konnte, braucht nicht versichert zu werden. Als Maler war er nicht bedeutend, selbst der Wert seiner Porträtmappen wird angezweifelt, weil er noch dem Prinzip huldigte, »die Menschen so zu porträtieren, wie die Natur – ehe Störungen eintraten – die Betreffenden intendiert hatte.« Bis zuletzt blieb er bei Kraft, Frische und guter Laune und hatte das Glück, eines schönen Todes oder richtiger das Glück, in einer schönen Sache zu sterben. Eine Frau war überfahren worden; er sprang hinzu, um ihr zu helfen, und erlitt dabei selbst eine schwere Verletzung. Der erlag er. Er war immer hülfebereit gewesen und in einem Samariterdienst

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