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Von Zwanzig bis Dreißig

Von Zwanzig bis Dreißig

Titel: Von Zwanzig bis Dreißig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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alles, was um uns her vorging, in der kleinen Taufgesellschaft ruchbar geworden, und meine Frau kam in ein leises Zittern. Bleiben wollte sie nicht länger, und gehen – ja, dessen getraute sie sich erst recht nicht; sie konnte ja aus Versehen mit verhaftet werden. Schließlich indessen, was half es! Und so durchbrachen wir denn, halb in Schreck und halb in Heiterkeit, den um unsren Freund Heymann gezogenen Kordon.
    Dieser Vorgang und fast nicht minder der trotz seiner Verrücktheit eifrig weitergesponnene Plan der »Desinfizierung der Themse« machte es, daß ich mich von der Babel-Gesellschaft etwas zurückzog und eine Zeitlang keines ihrer Mitglieder mehr sah. Auch die befreundeteren nicht. Das wurde denn auch Grund, daß ich einer Festlichkeit nicht beiwohnte, die Freund Faucher gerade damals gab und die seinen ohnehin vorhandenen Ruf als »decidedly clever fellow« in der ganzen deutschen Kolonie noch erheblich steigerte. Diese damals viel beprochene Festlichkeit, die halb – und noch über halb hinaus – ein politischer Akt war, entsprang der mehr und mehr bei Faucher heranreifenden Vorstellung, daß seine Redakteurschaft – er war Redakteur am Morning Star – etwas zu Kleines für ihn sei und daß irgend etwas geschehn müsse, seine gesellschaftliche Position zu verbessern. Nach einigem Nachsinnen darüber, was sich da wohl tun lasse, kam er zu dem Resultat, daß nur der
Bischof von Oxford,
ein Sohn oder Enkel des berühmten Wilberforce, ihm diesen Dienst gesellschaftlicher Erhebung leisten könne, weshalb all sein Trachten danach ging, ebendiesen Bischof – der in einer Weise, wie wir uns das hierlandes kaum vorstellen können, als ein gesellschaftliches Non plus ultra galt – in sein Haus einzuladen, um ihn hier an einer zu gebenden Soiree teilnehmen zu sehn. Um diese Sache drehte sich nun mehrere Wochen lang Fauchers Hoffen und Bangen. Allem vorauf stand ihm fest, daß eine Soiree, wie die von ihm geplante, in dem mehr als bescheidenen Hause, das er zu jener Zeit bewohnte, nicht gegeben werden könne, weshalb sich als erstes Erfordernis das Mieten einer neuen, in einem möglichst fashionablen Stadtteil gelegenen Wohnung herausstellte. Das Gewünschte fand sich denn auch. Er mietete auf vier Wochen eine glänzend eingerichtete Flucht von Zimmern in Westbourne-Terrace und schritt nun zur Einladung des Bischofs. Und richtig, der Bischof sagte zu. Galonierte Diener wurden engagiert, eine deutsche Sängerin fand sich wie immer, und ein »Confectioner« – Konditor und Traiteur – in Regent-Street übernahm die Versorgung mit Speis und Trank. Um neun brannten alle Kronen, Cabs fuhren vor, Frau Faucher stand im ersten Stock auf dem Vorflur zwischen Treppenmündung und Salon und empfing ihre Gäste, das Gesicht etwas ängstlich verzerrt, denn
der,
um den das alles inszeniert wurde, war noch immer nicht da. Da, wer beschreibt das Glück, erschien der Bischof von Oxford mit dem ihm eignen wohlwollenden Lächeln, begrüßte die Dame des Hauses, verneigte sich kurz, sowohl gegen Faucher wie gegen die zunächst Stehenden, und schritt dann langsam durch die drei Festräume, die er, nach Ablehnung einer Erfrischung und unter erneuten Verneigungen gegen die Versammlung, in langsamem Tempo wieder verließ. Seine Anwesenheit hatte keine fünf Minuten gedauert, der Zweck aber war erreicht, denn am andern Morgen stand in allen Zeitungen: »Yesterday took place a splendid evening party at Mr. and Mrs. Faucher, Westbourne Terrace; the Bishop of Oxford was present.« Nach diesem Tage wurde Faucher, erdrückt von Verbindlichkeiten, nicht mehr im Bereich seiner von ihm auf vier Wochen gemieteten Prachtwohnung gesehn; er zog vielmehr weit, weit fort, in eine ganz andre Himmelsgegend. Das war im Januar achtundfünfzig.
    Um diese Zeit kamen wir uns wieder näher, denn es rückten jetzt die Tage der Vermählung zwischen Kronprinz Friedrich Wilhelm und Prinzeß Victoria heran. Ich hatte darüber für eine Berliner Zeitung zu berichten, und da Faucher vorhatte, sich ebenfalls als »own correspondent« – ich weiß nicht mehr, für welch deutsches oder französisches Blatt oder vielleicht auch bloß für seinen Morning Star – zu installieren, so kam er täglich auf die Gesandtschaft, wo wir uns trafen und unsre Hoffnungen oder Befürchtungen austauschten. Alles drehte sich darum, ob es möglich sein würde, Plätze für uns zu beschaffen. Graf Bernstorff, wie immer die Güte selbst, drang schließlich bei dem Hofmarschallamte

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