Voodoo in London
Nacht bei Schulfreunden verbringen wollten. Auf diese Gedanken kamen sie öfter, und zwar immer dann, wenn der Vater nicht im Hause war. Die Mutter konnten die beiden um den Finger wickeln. Anita brachte es einfach nicht fertig, ihnen einen Wunsch abzuschlagen.
Nur machte sie sich immer große Sorgen, aber bisher war alles glattgegangen.
Der zweite Grund ihrer Sorge hieß Mac. Er fuhr oft in der Nacht. Im Gegensatz zu vielen anderen seiner Kollegen bereitete ihm dies Spaß, doch an diesem Abend war er mit einem unguten Gefühl losgefahren. Obwohl Anita bohrende Fragen gestellt hatte, war Mac einer Antwort aus dem Weg gegangen und hatte immer nur die Schulter gezuckt. Jetzt wartete sie auf seine Rückkehr.
Er hatte zwar versprochen, zwischendurch anzurufen, bisher war es nicht geschehen, und so steigerte sich mit jeder Minute Wartezeit ihre Unruhe.
Anita lief in der Wohnung auf und ab. Sie verließ das Wohnzimmer, schritt durch den Flur, machte die Runde im Schlafzimmer, vergaß auch die beiden Kinderzimmer nicht und schaute jedes Mal durch die vorhandenen Fenster nach draußen, wo die Dunkelheit lag. Es war kalt geworden. Selbst in der Wohnung stehend, glaubte sie, die Kälte zu spüren. Die Natur hatte sich längst in den Winterschlaf zurückgezogen und auf den Dächern der in den Parkanlagen abgestellten Wagen bildete sich allmählich ein weißer Film aus Rauhreif. Anita hatte mitgezählt. Als sie zum erstenmal aus dem Wohnzimmerfenster blickte, zogen sich ihre Augenbrauen zusammen, denn unten hatte sich etwas verändert.
Dort war ein Wagen vorgefahren. Ein Transporter, und die Frau schaute geradewegs auf das Dach. Eigentlich durfte man dort nicht parken, dieser Weg war den Fußgängern vorbehalten, darum kümmerte sich der Fahrer nicht.
Für die Dauer eine Minute beobachtete die Frau das Auto. Sie konnte leider nicht durch die Scheiben in das Innere sehen, weil ihr Blickwinkel zu schlecht war, deshalb wusste sie auch nicht, ob der Fahrer noch im Führerhaus saß oder bereits ausgestiegen war.
Gehört hatte sie jedenfalls nichts. Und so wartete sie ab. In der Wohnung war es still. Ein wenig erinnerte die Einrichtung im Wohnzimmer an die Bahamas. Da waren vor allen Dingen die großen Kübel, aus denen Zimmerpalmen wuchsen. Aus Kokosnussschalen hatte Anita kleine Vasen gefertigt und auch eine Kette, die an zwei Haken befestigt unter der Decke schaukelte.
Gab es einen Grund, unruhig zu sein?
Diese Frage stellte sich Anita, und sie bejahte sie auch. Aber nicht, weil der Wagen dort unten stand. Der schien ihr harmlos zu sein, wenn sie genauer nachdachte und alles logisch betrachtete.
Mal abwarten.
Anita räusperte sich und schaute auf ihre Uhr. Bis Mitternacht würden noch 120 Minuten vergehen, und es gab eigentlich keinen Grund, aufgeregt zu sein, obwohl…
Ihre Überlegungen wurden durch ein seltsames Geräusch unterbrochen. Es war an der Wohnungstür aufgeklungen und hatte sich angehört, als wäre eine Klappe nach unten gefallen.
Die Frau runzelte die Stirn. Schon bei ihrem Einzug hatte sie sich darüber geärgert, dass an den Türen Briefkastenklappen angebracht worden waren, und diese Klappe hatte sich nun bewegt. Zufall? War es vielleicht der Wind, der mit ihr gespielt hatte? Nur herrschte kein Durchzug.
Seltsam, sie traute sich nicht so recht, einfach hinzugehen und nachzuschauen. Anita musste erst ihren inneren Schweinehund überwinden, um die paar Yards zurückzulegen.
Innerlich zitterte sie. Schneller schlug ihr Herz, und als sie in der dunklen Diele stand, schaute sie nach rechts.
Leider lagen Diele und Tür im Dunkeln. Die Frau konnte nur wenig erkennen. Dass etwas von innen nahe der Tür lag, dies bekam sie noch mit. Der Gegenstand grenzte sich sogar vom Boden ab, und er musste von außen durch den Briefkastenschlitz geworfen worden sein. Nun schaltete sie doch das Licht an.
Das Licht der viereckigen Lampe unter der Decke reichte aus, um die Diele mit seinem Schein zu erfüllen. Im Näherkommen erkannte Anita, was man ihr in die Wohnung geworfen hatte.
Es war eine Puppe!
Im ersten Moment schüttelte sie den Kopf. »Scherzkekse«, flüsterte sie, ging die letzten Schritte, erreichte die Tür, bückte sich und hob die Puppe an.
Ihre Hand schien zu Eis zu werden. Die Augen weiteten sich, die Gesichtsfarbe nahm einen grauen Ton an, denn Anita erkannte, was dieses »Geschenk« bedeutete.
Die Puppe war nicht normal. Keine, die man in einem Kaufhaus erwerben konnte, sondern handgemacht.
Und
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