Voodoo in London
ihren Brustknochen hämmerte und das Ende dieser gemeinen Wurfschlinge beschwerte.
Der nächste Ruck zog sie vor. Wenn sie nicht fallen wollte, musste sie einfach ihre Beine in Bewegung setzen, und so wurde sie an den Kerl herangeholt.
Er war ein Landsmann. Noch jung, doch in seinen Augen leuchtete ein fanatisches Feuer. Anita würgte. Sie bekam kaum noch Luft. Wenn der Kerl die Schlinge enger zog, war es vorbei.
Es gelang ihr, an seiner Schulter in die Diele hineinzuschauen. Die Wohnungstür stand offen. Beschädigungen wies sie nicht auf, die Männer mussten einen perfekten Nachschlüssel oder Dietrich gehabt haben, um die Tür aufzudrücken.
Der Mann mit der Schlinge hatte Anita so dicht zu sich herangeholt, dass sie seinen säuerlichen Schweißgeruch wahrnahm. Er öffnete den Mund. Eine Rumfahne schwang Anita entgegen.
»Hör jetzt genau zu!« zischte der Schlingenmann. »Wir nehmen dich mit, und wenn du Mist machst, erdrossele ich dich. Hast du verstanden, kleine Anita?«
Sprechen konnte sie nicht, nur nicken.
»Dann komm!« Der Sprecher drehte sich um. Anita musste die Bewegung mitmachen, ob sie wollte oder nicht. Schließlich hing sie an ihrem Leben und wollte sich nicht töten lassen.
Sie gingen. Von der Wohnung in den Flur, der menschenleer war. Zumeist schliefen die übrigen Bewohner schon oder saßen vor dem Bildschirm.
Bis zur Treppe waren es nur wenige Schritte. Anita folgte dem Kerl mit zitternden Knien. Um ihrem Hals hing weiterhin die eng gezogene Schlinge.
Die Frau musste genau Schritt halten. Wenn nicht, zog sich die Schlinge zusammen und würde sie erdrosseln.
So grausam die Fesselung auch sein mochte, eine andere Sache empfand Anita als viel schlimmer.
Es war die Demütigung, hinter diesem fremden Mann hergehen zu müssen, wie ein Tier, das keinen eigenen Willen mehr besaß. Sie fing an zu weinen. Ihr Schluchzen passte den beiden Typen nicht. Der Kerl hinter ihr griff in ihren Nacken und beugte den Kopf nach unten.
»Reiß dich zusammen!« zischte er. »Wenn man dein Geheule hört, garantiere ich für nichts.«
Das glaubte ihm Anita aufs Wort. Von nun an stoppte sie die Tränen und dachte an ihren Mann. In zehn Minuten hatte er an der Wohnung sein wollen. Waren die zehn Minuten schon vorbei? Sie wusste es nicht zu sagen.
Verzögern konnte sie auch nicht. Wenn der andere etwas merkte, würde er die Schlinge eiskalt zuziehen.
Sie befanden sich nur wenige Schritte von der Haustür entfernt, als sich der zweite Mann an Anita vorbeischob und die Tür öffnete. Kalte Luft strömte in den Flur. Auch Anita wurde von der Kälte getroffen und schüttelte sich heftig.
Der Kerl vor ihr schaute nach, ob die Luft rein war. Sein zufriedenes Nicken deutete es an. Anita wurde vorgeschoben. Kaum hatte sie die Schwelle übertreten, drängte man sie nach links. Den mit Platten belegten Weg nahmen sie nicht, sondern schritten über den gefrorenen Rasen des kleinen Vorgartens.
Ihr Ziel war der Lieferwagen.
Aus der Nähe kam er der Frau noch gefährlicher und drohender vor. Sie wusste nicht, was sich unter der Plane auf der Ladefläche verbarg, höchstwahrscheinlich würde man sie dort hinlegen.
Verzweiflung überkam sie. Noch war nichts von ihrem Mann oder dessen Helfern zu sehen. Anita war so schrecklich allein. An der Heckseite war der zweite ihrer Entführer stehen geblieben und öffnete eine Klappe. Für Anita gab es nun keinen Zweifel mehr, was man mit ihr vorhatte. Man würde sie wegschaffen!
Wohin?
Mit dieser Frage beschäftigte sie sich, während Tränen über ihre Wangen rannen. Sie konnte das Weinen einfach nicht mehr unterdrücken. Der Kerl vor ihr verstärkte seinen Druck, und Anita musste, ob sie wollte oder nicht, schneller gehen. An der Rückseite blieb sie stehen. Die Klappe war nach unten gefallen, die Plane ein Stück angehoben, so dass Anita auf die Ladefläche schauen konnte. Im ersten Augenblick sah sie nichts. Sie roch nur etwas. Nach Verwesung stank es, nach Moder, Tod und Leichen. Auf Friedhöfen glaubte sie auch, diesen Geruch wahrnehmen zu können. Dort war es wahrscheinlich Einbildung, hier aber echt. Sie sah auch etwas auf der Fläche liegen. Es waren zwei Gegenstände, die sie noch nicht genau erkennen konnte, die sich aber bewegten Und zwar von allein.
»Steig auf!« Der Mann hinter ihr zischte den Befehl und löste gleichzeitig den Druck der Schlinge. Anita kam frei.
Die Männer standen so dicht bei ihr, dass es keinen Sinn hatte, einen Fluchtversuch zu
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