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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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ich zum Hubschrauberlandeplatz rannte. Ich hörte Gewehrfeuer von der nahen Schießanlage. Dann war ich an Bord des Hubschraubers und schnallte mich an. Keine zwanzig Minuten später landete der Hubschrauber in Baltimore. Ich hatte das Gespräch mit Nooney noch nicht verdaut. Hatte er begriffen, dass ich nicht um diesen Auftrag gebeten hatte? Ich wusste ja nicht einmal, weshalb ich in Baltimore war.
    Zwei Agenten in einem dunkelblauen Wagen warteten auf mich. Der eine, Jim Heekin, übernahm sofort das Kommando und zeigte mir, welchen Stellenwert ich einnahm. »Sie sind ja wohl der SN«, sagte er, als er mir die Hand gab.
    Ich kannte diese Abkürzung nicht, daher fragte ich Heekin, was sie bedeutete, als wir ins Auto stiegen.
    Er grinste, und sein Partner tat es ihm gleich. »Der Scheiß-Neue«, erklärte er.
    Â»Unser Fall ist echt beschissen und verdammt heikel«,
erklärte Heekin. »Ein Detective aus dem Morddezernat von Baltimore ist darin verwickelt. Wahrscheinlich wollte man Sie deshalb hinzuziehen. Er hat sich in seinem Haus verschanzt. Fast seine gesamte Familie ist bei ihm. Wir wissen nicht, ob er Selbstmord oder Morde begehen will oder beides, aber offensichtlich hat er die Familie als Geiseln genommen. Das scheint eine ähnliche Situation zu sein wie voriges Jahr im Süden von Jersey. Damals war es auch ein Polizist. Seine Familie war zur Geburtstagsfeier seines Vaters zusammengekommen. Was für eine Feier!«
    Â»Wissen wir, wie viele Personen sich mit ihm im Haus befinden?«, fragte ich.
    Heekin schüttelte den Kopf. »Schätzungsweise mindestens ein Dutzend, darunter auch Kinder. Der Detective lässt uns mit keinem Familienmitglied sprechen und beantwortet auch keine unserer Fragen. Die meisten Leute in der Nachbarschaft sehen uns dort auch nicht gern.«
    Â»Wie heißt der Mann?«, fragte ich und machte mir ein paar Notizen. Ich konnte es nicht glauben, dass ich mich mit einem Geiselnehmer befassen sollte. Das ergab keinen Sinn – aber plötzlich schon .
    Â»Er heißt Dennis Coulter.«
    Verblüfft schaute ich ihn an. »Ich kenne Dennis Coulter. Ich habe mit ihm einen Mordfall bearbeitet. Wir haben uns mal bei Obrycki’s den Bauch mit Krabben voll geschlagen.«
    Â»Das wissen wir«, erklärte Agent Heekin. »Deshalb hat er nach Ihnen verlangt.«

6
    Detective Coulter hatte nach mir verlangt. Was zum Teufel war hier los? Ich hatte nicht geglaubt, dass wir uns so nahe standen. Nun, das taten wir auch nicht. Ich hatte ihn lediglich ein paarmal getroffen. Wir waren freundlich zueinander gewesen, aber keineswegs Freunde. Also – weshalb wollte Dennis Coulter mich hier?
    Vor längerer Zeit hatte ich mit Dennis Coulter in einem Fall ermittelt, in dem Drogendealer versuchten, den Handel in Washington, D.C., und Baltimore und in dem gesamten dazwischen liegenden Gebiet zu fusionieren und zu kontrollieren. Ich hatte festgestellt, dass Coulter hart und sehr egoistisch, aber gut in seinem Job war. Ich erinnerte mich, dass er ein Fan vom großen Eubie Blake war und dass Blake aus Baltimore stammte.
    Coulter und seine Geiseln steckten irgendwo in diesem Haus mit grauen Holzschindeln im Kolonial-Stil in der Ailsa Avenue in Lauraville, dem nordöstlichen Stadtteil von Baltimore. Die Jalousien waren heruntergelassen. Was sich hinter diesen Fenstern und der Tür abspielte, konnte man nur vermuten. Drei Steinstufen führten zur Veranda hinauf, wo ein Schaukelstuhl und eine Holzrutsche standen. Das Haus war vor kurzem gestrichen worden, was darauf schließen ließ, dass Coulter in der nächsten Zeit wohl keinen Ärger erwartet hatte. Was war geschehen?
    Mehrere Dutzend Polizisten, darunter auch ein SWAT-Team, hatten das Haus umstellt. Einige hatten ihre Waffen im Anschlag und zielten auf die Fenster und die Eingangstür. Die Polizeihubschraubereinheit Foxtrot aus Baltimore war ebenfalls zugegen.

    Nicht gut.
    Ich hatte bereits eine Idee. »Was halten Sie davon, wenn erst mal alle die Waffen senken?«, fragte ich den Einsatzleiter der Polizei. »Er hat doch noch auf niemanden geschossen, oder?«
    Der Einsatzleiter besprach sich kurz mit dem Führer des SWAT-Teams. Dann wurden die Waffen gesenkt, zumindest diejenigen, die ich sehen konnte. Einer der Foxtrot-Hubschrauber schwebte immer noch dicht über dem Haus.
    Ich wandte mich erneut an den Einsatzleiter. Ich brauchte ihn auf meiner Seite. »Danke,

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