Vor dem Urknall
zweiten Entfernungseinheit zu tun hatten, mit dem «Parsec», der Abkürzung für «Parallaxe in Bogensekunden». Es ist die Entfernung eines Sterns, die aus einer Parallaxenverschiebung von einer Bogensekunde, dem 3600 -sten Teil eines Grads, über die Hälfte der Erdumlaufbahn hinweg resultiert. Die entsprechende Entfernung beträgt rund 3 , 25 Lichtjahre.
Obwohl die Astronomen aus Bequemlichkeit gern die Parallaxe benutzen, ist das Parsec eine unnötige zusätzliche Maßeinheit. In fast allen anderen Bereichen der Wissenschaft gibt es ein Standardmaß, das in allen Fällen angewandt wird (das Standardmaß der Entfernung ist das Meter). Mit der Verwendung dieser beiden Maßeinheiten hinken die Astronomen noch hinter ihren Wissenschaftlerkollegen her, zumal keine von beiden internationalen Standards genügt. Zu allem Überfluss benutzen sie auch noch die «Astronomische Einheit» oder AE , die mit rund 150 Millionen Kilometern eine Annäherung an die Entfernung zwischen Erde und Sonne ist. Unter Fachkollegen bevorzugen die Astronomen das Parsec, während sie Lichtjahre für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit verwenden, aber ich finde, sie sollten sich schon am Riemen reißen!
Die Sterne in Schwung bringen
Der erste praktische Versuch, die Parallaxe auf Sterne anzuwenden, wurde von Friedrich Wilhelm Bessel unternommen, einem Zeitgenossen von Herschels gleichermaßen talentiertem Sohn John und ein bedeutender deutscher Astronom jener Zeit. Mathematikern und Physikern ist Bessel vor allem wegen der Besselfunktionen bekannt. Das sind Gleichungen, die eingesetzt werden, um das Verhalten von Wellen und Wärmeleitung zu verstehen, aber für Astronomen ist Bessel der Mann, der ein Metermaß an die Sterne anlegte.
Bessel wurde 1784 im westfälischen Minden geboren. Mit 14 Jahren verließ er die Schule und begann eine Laufbahn als Buchhalter, doch in seiner Freizeit lebte er seine Leidenschaft für Astronomie und Mathematik aus und beschäftigte sich mit interessanteren Anwendungen als Zahlenkolonnen in einem Rechnungsbuch. Im Alter von 22 Jahren und nach maßgeblicher Betreuung durch den Paradoxmann Wilhelm Olbers nahm Bessel den Posten eines Assistenten in der privaten Sternwarte Lilienthal bei Bremen an. Bessel nahm seine erste Entfernungsmessung am Stern 61 Cygni vor. Er stützte sich auf Messungen einer winzigen Positionsverschiebung im Lauf der sechsmonatigen Verlagerung von einer Seite der Erdumlaufbahn zur anderen, um die Entfernung dieses Sterns zur Erde auf 100 Billionen Kilometer festzulegen, was 10 , 5 Lichtjahren entspricht (heute wissen wir, dass es eher 11 , 4 Lichtjahre sind. Aber für einen ersten Versuch war das erstaunlich akkurat).
Bei relativ nahen Sternen kann die Abstandsmessung durch Parallaxe sehr präzise sein. Unglücklicherweise wird die der Parallaxe geschuldete Verschiebung immer kleiner. Schon bald – lange bevor wir die Entfernung zu einer anderen Galaxie überbrückt haben – funktioniert diese Methode nicht mehr. Und so kommen wir jetzt mit den «Standardkerzen» zu einem berühmten astronomischen Schätzungsverfahren. Sollte Ihnen dieser Begriff überraschend verschwommen und altmodisch erscheinen, dann lassen Sie mich sagen, es ist zwar nicht ganz so schlimm, wie es klingt, aber es ist schon ziemlich vage.
Eine Kerze in die Sterne halten
Die Theorie lautet etwa so: Wenn ich ein helles Objekt nehme, sagen wir eine Kerze, und halte sie in finsterer Nacht in die Höhe, leuchtet sie umso schwächer, je weiter sie von mir entfernt ist. Wenn ich also eine Möglichkeit habe, die Helligkeit einer Kerze zu messen, die ich in einer bestimmten Entfernung sehe, und weiß, wie hell die Kerze von nahem ist, kann ich ausrechnen, wie weit entfernt eine Lichtquelle ist. Wir haben äußerst präzise Instrumente zur Helligkeitsmessung: Manche können sogar individuelle Photonen oder «Lichtteilchen» messen. (Das ist gar nicht so eindrucksvoll, wie es klingt. Es ist nur etwa ein Dutzend Photonen nötig, um den Sehnerv im menschlichen Auge zu aktivieren. In einer klaren, dunklen, von Umweltverschmutzung freien Nacht lässt sich eine Kerze mit bloßem Auge in 14 Kilometern Entfernung erkennen. Aber ein Photonendetektor sieht das Licht nicht so, wie Ihr Auge es sieht. Er misst, wie oft diese Photonen eintreffen, und liefert dadurch eine klarere Vorstellung von Helligkeit.)
Wenn wir also wüssten, wie hell ein spezieller Stern in Wirklichkeit wäre, und ihn damit verglichen, wie
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