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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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hell er zu sein scheint, könnten wir leicht ausrechnen, wie weit er von uns entfernt wäre. Der Haken an der Sache ist, dass wir nicht wissen, wie hell ein beliebiger Stern ist. Die Theorie der Standardkerze ist trotzdem anwendbar, vorausgesetzt, es gäbe ein paar eindeutig identifizierbare Sternentypen, deren Helligkeit auffällig konstant bliebe. Angenommen, alle Sterne dieser Kategorie seien gleich hell, dann könnten wir anhand der Identifizierung dieses speziellen Sternentyps und anhand seines Helligkeitsgrads seine Entfernung berechnen. Dieses Verfahren geht zwar einen Schritt über Herschels Ansatz hinaus – der vermutete, alle Sterne seien gleich hell –, aber es bleibt immer noch eine grobe Annahme. Wir wissen nicht mit Bestimmtheit, ob diese Sternentypen alle gleich hell sind. Wir können es nur hoffen.
    Es könnte so aussehen, als sei die Identifizierung des Sternentyps in großer Distanz genauso schwierig, aber tatsächlich lässt sich trotz der Entfernung eine ganze Menge über die Beschaffenheit von Sternen entdecken. So wissen wir zum Beispiel, welche Elemente in ihnen enthalten sind. Im Lichtspektrum der Sterne gibt es schwarze Lücken zwischen den Farben. Sie entsprechen den Energien der Photonen, die von den unterschiedlichen Elementen, aus denen der Stern zusammengesetzt ist, absorbiert werden. Mit Hilfe der Spektroskopie, einer Technik zur Analyse der abgegebenen Farben und damit der Energien, kann man herausfinden, woraus die verschiedenen Sterne bestehen. Die Ergebnisse lassen sich zur Einordnung von Sternen in Familien mit ähnlichen Eigenschaften benutzen. Interessanterweise gibt es einige Sterne, die obendrein sehr merkwürdige und spezielle Eigenschaften haben, die ihre Identifikation aus großer Entfernung erleichtern. Eine der am häufigsten benutzten Standardkerzen ist genau so ein Stern, der sogenannte Cepheiden-Stern. Das sind veränderliche Sterne.

Miss Leavitts Veränderliche
    Veränderliche Sterne sind, wie der Name nahelegt, Helligkeitsschwankungen unterworfen. Sie pendeln in einem Zeitraum, der Stunden oder ein Jahr und mehr umfassen kann, ständig vom Dunkleren zum Helleren. Veränderliche Cepheiden sind nach dem Sternbild Cepheus benannt. Der britisch-niederländische Amateurastronom John Goodricke entdeckte 1784 , zwei Jahre vor seinem Tod mit 21  Jahren, den ersten wirklich veränderlichen Stern Delta Cephei (daher die Bezeichnung Cepheiden). Zuvor hatte er mit Algol (Beta Persei) bereits einen anderen Stern mit veränderlicher Intensität beobachtet. Aber in diesem Fall tauchten die Variationen, so behauptete er, deshalb auf, weil es ein Sternenpaar sei, das sich gegenseitig umkreist. Einer von beiden ist dunkler, also ist der Stern selbst nicht direkt veränderlich. Aufgrund der Beobachtungen einer großen Zahl von veränderlichen Cepheiden, aus denen wir eine Parallaxen-Entfernung gewinnen können, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Geschwindigkeit, mit der diese veränderlichen Sterne blinken, unmittelbar mit ihrer Helligkeit zu tun hat.
    Die Anwendung von veränderlichen Cepheiden als Standardkerzen ergab sich geradewegs aus der Arbeit einer der ersten bedeutenden Frauen in der Astronomie. Henrietta Swan Leavitt war eigentlich nie eine ausgesprochene Beobachterin. Sie sollte aber die Bedeutung der Verbindung zwischen der Geschwindigkeit des Blinkens und der Helligkeit eines Sterns aufspüren. Sie wurde 1868 in Lancaster, Massachusetts, geboren und bekam zunächst als «computer» mit der Wissenschaft zu tun. Das war damals kein Gerät, sondern eine Person, die auf der Grundlage fotografischer Platten Messungen und Berechnungen vornahm. Trotz ihrer Krankheitsanfälligkeit wurde sie die Leiterin der Sternenphotometrie-Abteilung der berühmten Sternwarte des Harvard College. Kurz bevor sie 1921 im Alter von 53  Jahren starb, formulierte sie die Theorie, die die Geschwindigkeit der Veränderung eines Sterns mit dessen Helligkeit verknüpfte. Ihr verdanken wir also die wertvolle Anwendung der veränderlichen Cepheiden.
    Sie pulsieren periodisch, von Tagen bis mehrere Monate, und es wird vermutet, dass die Helligkeitsschwankungen auf Schrumpfen und Wachsen zurückzuführen sind. Man glaubt, ihnen fehle ein vernünftiges Gleichgewicht zwischen den beiden großen Kräften eines Sterns: die nach innen wirkende Gravitation und der nach außen wirkende Druck der Kernreaktionen, die den Stern mit Energie versorgen. In einem Cepheiden-Stern gelingt es der Gravitation, die

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