Vor dem Urknall
gab: «Ich glaube, es gibt 15 747 727 136 275 002 577 605 653 961 181 555 458 044 717 914 527 116 709 366 231 025 076 185 631 031 296 Protonen im Universum und die gleiche Anzahl von Elektronen.» Gegen Ende seiner Karriere jedoch konzentrierte sich Eddington nachdrücklich auf Beweise, die ihn auf mathematischem Weg zu dieser bemerkenswert präzisen Zahl führten, sodass er seine Behauptung womöglich gar nicht ironisch gemeint haben muss.
Als es um den Urknall und die Expansion des Universums ging, war es Eddington, der als Erster ein Bild anbot, das diese Ausdehnung dem interessierten Laien verständlich machte, nämlich die Vorstellung von Punkten auf der Oberfläche eines sich aufblähenden Ballons statt meiner Pailletten auf einer Gummiplatte.
Wie wir bereits gesehen haben, liegt der Nachteil von Eddingtons Bild darin, dass unser Universum kein zweidimensionales Objekt ist, das im dreidimensionalen Raum verzerrt wird, wie es beim Ballon der Fall ist. Die Oberfläche des Ballons hat keine Tiefe, sie dehnt sich nur in zwei Dimensionen aus, aber wir haben ihn in einer dritten Dimension verzerrt, damit er eine Kugel enthält, und wir blasen ihn in drei Dimensionen auf. Im Gegensatz zum Ballon beginnt das Universum mit drei Dimensionen, sodass es schwieriger wird, sich die stattfindende Expansion vorzustellen. Aber wir müssen bedenken, dass es der Raum ist, der sich ausdehnt, nicht etwa die Galaxien, die sich innerhalb des Raums bewegen (mit Ausnahme der Orte, wo die Gravitationsanziehung die Resultate verfälscht, wie es etwa zwischen der Milchstraße und der Galaxie im Andromeda-Sternbild geschieht).
Schneller als das Licht
Ein seltsamer Effekt kommt ins Spiel, damit diese Expansion des Raums stattfinden kann. Er kann einen vermeintlichen Widerspruch zu Einsteins spezieller Relativitätstheorie hervorrufen. Der speziellen Relativität zufolge kann nichts schneller als das Licht sein. Allerdings ermöglicht die Expansion des Raums dem Licht – oder realen Objekten –, die Grenze der Lichtgeschwindigkeit von 300 000 Kilometern pro Sekunde zu durchbrechen. Denn sie gilt innerhalb des Raums. Dehnt der sich nun aus, können sich Objekte im Verhältnis zueinander schneller als das Licht fortbewegen, was aus der Verzerrung des Raums selbst resultiert. Während sie sich innerhalb des Raums gar nicht bewegen müssen, wie die Pailletten auf der Gummiplatte.
Ein ähnlicher Effekt wird sichtbar, wenn man mit dem Flugzeug den Atlantik Richtung Osten überquert. Wegen der Hochgeschwindigkeitswinde, aus denen der Jetstream besteht, kann das Flugzeug, in Bezug auf den Erdboden, erheblich schneller unterwegs sein, als es relativ zu seiner Umgebungsluft ist. Ein konventionelles Flugzeug kann nicht schneller als der Schall fliegen, ohne schwer beschädigt zu werden, aber ich bin einmal mit einer 747 geflogen, die in Bezug auf den Erdboden schneller als der Schall flog, wenn auch ihr Tempo hinsichtlich der Luft, die das Flugzeug umgab, nur die übliche Reisegeschwindigkeit war. Auf vergleichbare Weise überschreiten die Galaxien im expandierenden Universum niemals die Lichtgeschwindigkeit hinsichtlich des Raums, während sie jedoch in Bezug auf andere Galaxien durchaus schneller als das Licht unterwegs sein können.
Gründe für die Rotverschiebung
Jetzt wuchs die Gefolgschaft. Ein Jahr später sprang Einstein, der ursprünglich Lemaîtres Vorstellungen in der Luft zerrissen hatte, an Bord, unterstützte das expandierende Universum und akzeptierte, Eddington folgend, dass er mit seinem Beharren auf einer statischen, unveränderlichen Raumzeit falsch gelegen hatte. Dennoch sollte man nicht glauben, Lemaître hätte nun alle Wissenschaftler überzeugt. Als er 1933 in einem Seminar in der Nähe von Mount Wilson Einstein begegnete, gab es noch eine stattliche Menge von Leuten, die an der Vorstellung eines nicht expandierenden Universums festhielten, während für noch mehr Forscher das Konzept eines dramatisch explosiven Anfangs allen Daseins einfach nicht zu ihrem Bild von der Realität passte.
Damit ließ sich leben. Die Wissenschaft akzeptiert alternative Theorien. Aber um eine Existenzberechtigung zu haben, müssen solche Theorien die Beobachtungsdaten erklären können. Ein einziges fundiertes negatives Faktum kann genügen, um eine wissenschaftliche Theorie platzen zu lassen. Wer die Idee vom Urknall für falsch hielt und noch immer glaubte, wir lebten in einem statischen Universum, musste erklären können, warum
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