Vor dem Urknall
Universum ist so riesig, dass im Lauf seiner bisherigen Existenz keine Zeit gewesen ist, diesen Ausgleich vorzunehmen, jedenfalls nicht, wenn das Universum in der Vergangenheit sich so ausdehnte, wie es heute der Fall ist.
Auf ähnliche Art und Weise ist das Universum zu flach. Das mag vielleicht seltsam klingen für einen dreidimensionalen Raum, aber wir sprechen hier über den gekrümmten Raum, wie Einstein ihn sich vorgestellt hat. Einstein zufolge wird der Raum durch angrenzende Materie gekrümmt, so wie eine Gummiplatte gekrümmt wird, wenn man eine Bowlingkugel hineinlegt (nur der Raum ist dreidimensional gekrümmt im Gegensatz zur zweidimensionalen Gummiplatte). Es ist diese Krümmung, die die Gravitationsanziehung verursacht, wenn Objekte die Krümmung hinabrutschen. Wenn jedoch das ganze Universum als winziges Uratom begonnen haben soll, wäre die ursprüngliche Krümmung enorm gewesen. Rechnete man jetzt erneut bis zum Anfang zurück, würde das aktuelle Expansionstempo den Raum wesentlich faltenreicher und holpriger erscheinen lassen, als es in Wirklichkeit mit der fast vollständigen Flachheit des Universums der Fall ist.
Mit diesen Themen musste man sich also auseinandersetzen, sodass es in der Frühzeit der Urknalltheorie eine alternative Theorie relativ einfach hatte, sie herauszufordern. Und die drei Wissenschaftler, die die erste große Gegenkandidatin vorstellten, waren von einem Kinoerlebnis beeinflusst.
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6. Steady State
Dies [die Fotografie einer großen Gänseschar] ist unsere Auffassung vom konformistischen Ansatz zur Standardkosmologie (des heißen Urknalls). Wir haben der Versuchung widerstanden, die Namen einiger Leitgänse zu nennen.
Fred Hoyle, Geoffrey Burbridge und
Javant V. Narlikar,
A Different Approach to Cosmology
In der Frühzeit der Urknalltheorie stellten drei Astrophysiker, selbstverständlich von Fred Hoyle angeführt, eine Alternativthese auf. Hoyle war der schroffe britische Wissenschaftler, der später erklärte, wie die schwereren Atome in Sternen und Supernovae entstehen, und der den Namen «Urknall» erfand. Hoyle war ein merkwürdiger Akademiker, der nicht so recht in seine Zeit passte. Er war in Gilstead geboren worden, einem in den Hochmooren gelegenen Dorf über der nichtssagenden Stadt Bingley, und besaß viele der Eigenschaften, die man typischerweise den Leuten aus Yorkshire zurechnet.
Yorkshire wird gelegentlich das Texas des Vereinigten Königreichs genannt, es ist die größte englische Grafschaft und leidenschaftlich auf Unabhängigkeit bedacht, eine Tendenz, die durch den verlorenen Rosenkrieg (den Kampf des Hochadels um die englische Thronherrschaft) mit seinem Erzrivalen Lancashire noch verschärft wurde. Hoyle kam 1915 auf die Welt, und wie manche anderen namhaften Wissenschaftler lehnte er sich gegen das Schulsystem auf und verbrachte mehr Zeit damit, direkt von der Welt zu lernen als von seinen Lehrern im Klassenzimmer. Allerdings scheint ihn sein Interesse an der Astronomie, angeregt durch einen Freund seines Vaters, der ein Teleskop besaß, zu der Einsicht geführt zu haben, er müsse zur Ruhe kommen, falls er etwas erreichen wollte. Als er ins Highschoolalter kam, hatte er sich mit dem Bildungssystem arrangiert, sodass er auf die beste Universität des Landes gehen konnte, die es für einen künftigen Wissenschaftler gab: Cambridge.
Abgesehen von einem Ausflug in die Radarforschung während des Zweiten Weltkriegs, blieb Hoyle viele Jahre lang in Cambridge. Er war alles andere als ein typischer Akademiker. Wie Richard Feynman in den USA bewahrte er sich einen rabiaten Unabhängigkeitsgeist, der ganz und gar nicht zum guten Ton an einer Elitehochschule passte. Während die meisten Cambridge-Akademiker eine geschliffene Aussprache und steife Manieren vorweisen konnten, verlor Hoyle nie seinen starken Yorkshire-Akzent und sprach unumwunden und freimütig. Für Feinsinnigkeit brachte er wenig Zeit auf, und selten nahm er Rücksicht auf die Gefühle anderer.
Der Vorfall mit den kleinen grünen Männern
Einen guten Einblick in Hoyles Persönlichkeit und in sein Denken bietet der Aufruhr, den er bei der Entdeckung des astronomischen Phänomens namens Pulsar verursachte. 1974 wurde der Physik-Nobelpreis an Anthony Hewish vom Institut für Radioastronomie an der Universität Cambridge verliehen. Hewish teilte den Preis mit seinem Dezernenten Martin Ryle für allgemeine Entwicklungen in der Radioastronomie, während Hewish der
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