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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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insbesondere für die Quantenelektrodynamik einsetzte, die unübertroffene Theorie der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie). Hoyle über die Steady-State-Theorie:
    [Die Steady-State-Theorie] ist vielleicht wirklich eine seltsame Theorie, und ich stimme dieser Ansicht zu, aber in der Wissenschaft spielt es keine Rolle, wie verrückt eine Idee klingen mag, solange sie funktioniert.»
    Vergleichen Sie diese Bemerkung mit der Feynmans über Quantenelektrodynamik 33  Jahre später:
    Wir Physiker haben uns mit diesem Problem herumgeschlagen und einsehen müssen, dass es nicht darauf ankommt, ob uns eine Theorie passt oder nicht. Sondern darauf, ob die Theorie Vorhersagen erlaubt, die mit dem Experiment übereinstimmen. Es geht nicht darum, ob eine Theorie philosophisch bestrickend oder leicht zu verstehen ist oder dem gesunden Menschenverstand von A bis Z einleuchtet. Die Natur, wie sie die Quantenelektrodynamik beschreibt, erscheint dem gesunden Menschenverstand absurd. Dennoch decken sich Theorie und Experiment. Und so hoffe ich, dass Sie die Natur akzeptieren können, wie sie ist – absurd.
    Als Gold das Konzept des Steady State in die Diskussion einbrachte, schien es Hoyle und Bondi anfangs fragwürdig zu sein. Sie befürchteten, es könnte einer genaueren Überprüfung nicht standhalten, doch dann entdeckten sie schnell, dass sie die Idee nicht ohne weiteres anfechten konnten. Je gründlicher sie sie untersuchten, umso besser schien sie ihnen als Gegenkandidatin zum Urknall geeignet zu sein.

Wo ist die neue Materie?
    Abgesehen von der Frage, die ich oben stellte, war das andere große Problem beim Steady State die Frage nach dem Aufenthaltsort der neuen Materie. Warum können wir sie nicht sehen? Dies ähnelt folgender Frage, die manche Leute stellen: «Wenn neue Arten über evolutionäre Prozesse in Erscheinung treten, warum sehen wir dann nicht, wie dies überall geschieht? Warum spielt sich die Evolution von Tieren und Pflanzen nicht unmittelbar vor unseren Augen ab?» Die Schwierigkeit dabei ist der riesige Zeitraum, den die Evolution für ihre Entwicklung benötigt, sodass jeder beliebige Zeitraum, den wir beobachten können, nicht genügt, um etwas sehen zu können. Wenn das Steady-State-Modell wahr wäre, würden sich die Vorgänge gleichermaßen so abspielen, dass auf unserer Zeitskala der Beobachtung nur eine kleine Menge Materie erschaffen werden müsste. Wie Fred Hoyle sich ausdrückte, ginge es dabei in einem Zeitraum von 100  Jahren und in einem Raum von der Größe des Empire State Building um die Neubildung eines einzigen Atoms.
    Von den späten 1940 er Jahren, als die Steady-State-Theorie erstmals formuliert wurde, bis zu den frühen 1960 er Jahren gab es kaum einen Anlass, eine wohlbegründete Entscheidung für eine der beiden Theorien zu treffen, sodass häufig Vorurteile oder Interessenverbände ins Spiel kamen. Manch einer stellte das Modell als eher altmodisch dar, weil es sich nicht ausreichend von der einst vorherrschenden Theorie eines statischen Universums unterschied. Andere wiederum glaubten, der Urknall sei ein altmodisches Konzept, weil er auf die Genesis der Bibel zurückgreife. Wieder andere teilten sich in nationale Lager auf, da der Urknall aus den Vereinigten Staaten kam und der Steady State eine britische Theorie war.
    Obwohl wenig darüber berichtet wird, gab es durchaus interessante Parallelen zwischen diesen Theorien und der Entwicklung geologischer Modelle ein Jahrhundert zuvor. Wie wir bereits gesehen haben, nahm man lange Zeit an, dass die Erde ihre Form einer Reihe von Katastrophen verdankte wie die ursprüngliche Schöpfung und die Sintflut, die in der Bibel beschrieben werden. Als sich aber die Geologie von Katalogisierungsübungen zunehmend zu einer echten Wissenschaft entwickelte, stellte man fest, dass es sich dabei viel häufiger um einen allmählichen Prozess handelte, den man Gradualismus oder Aktualismus nannte. Bei diesem heute weitgehend akzeptierten Ansatz hält man geologische Prozesse für kontinuierliche Vorgänge, die sowohl in der Vergangenheit als auch heute ohne plötzlichen katastrophischen Wandel auskommen. Der Steady State war eine solche gleichförmige Theorie, während der Urknall ein katastrophisches Modell war – ein Denkmuster, das außerhalb der Kosmologie von der Wissenschaftsphilosophie größtenteils abgelehnt wurde.
    Als das Steady-State-Modell fest etabliert war, konnte es Punkte machen, nicht unbedingt, weil es möglich war, die

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