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Vor dem Urknall

Vor dem Urknall

Titel: Vor dem Urknall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Clegg
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schwer. Wir kennen ein paar leichtgewichtige Teilchen – Neutrinos, auf die die Unfähigkeit zur Wechselwirkung zutrifft, aber sie reichen nicht aus, um die ganze notwendige zusätzliche Masse im Universum aufzubringen. Es könnte allerdings etwas anderes da draußen geben – eine Art Sumo-Neutrino –, das genügend Masse ergeben würde.
    Einen theoretischen Schub bekommt die Existenz Dunkler Materie durch die Resultate der COBE - und WMAP -Satelliten, die eben auch Einblicke in den Zustand kurz nach dem Urknall gewähren. Die geringfügigen Schwankungen in der kosmischen Hintergrundstrahlung sind vermutlich das Ergebnis von Quantenfluktuationen, die zu größeren und geringeren Anhäufungen von Materie führten. Die etwas älteren Abschnitte spiegeln die Orte wider, wo Materie die Strahlung gestreut hat. Aber der Anteil der Materie, die von diesen Karten abgeleitet werden kann, legt nahe, dass es einfach nicht genügend Materie gegeben hat, um für den Gravitationsschub zu sorgen, der die Galaxien schuf, die wir heute sehen. Es hätte mehr Anziehungskraft geben müssen. Und die glaubt man der Dunklen Energie zuschreiben zu können.
    Als das Universum anfing, ungleichmäßig zu werden, konnte sich die Dunkle Materie (die ja nicht mit Photonen in Wechselwirkung tritt) schneller verdichten, weil sie von der noch immer vorhandenen heftigen Strahlung nicht versprengt werden konnte. So bildeten sich die Kerne der Strukturen, die sich schließlich um sie herum anhäuften.
    Wenn wir darauf hätten warten müssen, bis die gewöhnliche Materie den Beschuss der Strahlung überstanden und sich dank der Gravitation angehäuft hätte und alles sich so verhielt, wie wir es heute beobachten, dann hätte es für die Bildung der Strukturen im Universum einfach nicht genügend Zeit gegeben.
    Selbst die Dunkle Materie, wie sie bis jetzt dargestellt wurde, reicht nicht ganz aus, um die Probleme der Strukturbildung zu bewältigen. Obwohl es halbwegs vernünftig ist, zu zeigen, wie die Galaxien zusammengekommen sein könnten, erklärt dies nicht die großmaßstäbliche Struktur, die Gruppen von Galaxien miteinander zu verbinden scheint. Dafür müssen die Theoretiker eine zweite Form von Dunkler Materie vorschlagen, nämlich heiße Dunkle Materie, die energiereicher ist und daher weniger von der lokalen Gravitationsanziehung beeinflusst wird. Manche sehen dies einfach als notwendiges Dilemma, während andere die Gründe aufzählen, warum das existierende kosmologische Modell viel zu wackelig und zusammengeflickt ist und dringend ersetzt werden muss.

Newton die Stirn bieten
    Das Konzept der Dunklen Materie wird nicht von allen Forschern unterstützt. Einige der Theorien, die mit dem Urknall konkurrieren und die wir später untersuchen wollen, haben den zusätzlichen Vorteil, nicht auf die Dunkle Materie als Daseinsgrund angewiesen zu sein. Stattdessen könnte etwas anderes in Betracht kommen, das das abweichende Verhalten der Galaxien verursacht. In den 1980 er Jahren schlug Mordehai Milgrom vom Weizman-Institut für Wissenschaften im israelischen Rehovot vor, es ginge hierbei gar nicht um verborgene Materie, sondern um unsere falsche Annahme, die Gravitation führe dazu, dass sich alles, unabhängig von seiner Größe, auf die gleiche Weise verhalte.
    Milgroms Idee ist heute allgemein unter der Abkürzung MOND bekannt: « MO difizierte N ewton’sche D ynamik». Sie behauptet, dass Gravitationskräfte anders in Aktion treten, wenn es um galaktische Größenordnungen geht. Wir kennen einige Fälle, bei denen auf äußerst unterschiedlichen Ebenen verändertes Verhalten ins Spiel kommt. Wenn daher zum Beispiel ein Quantenteilchen und ein Makroobjekt wie ein Golfball radikal unterschiedliches Verhalten zeigen, warum sollte es dann nicht auch unter dem Einfluss der Gravitation eine Verhaltensabweichung von Körpern geben, die eine gewisse supermassive Größe erreichen?
    Viele astronomische Beobachtungen sind ohne die Postulierung von Dunkler Materie nicht erklärbar. Varianten der MOND -Idee kommen mit diesem Widerspruch zurecht, aber im Großen und Ganzen mögen Astrophysiker keine Theorien, die mit physikalischem Verhalten, das wir offenbar gut verstehen, herumspielen. Sie ziehen es vor, wenn sich die Dinge überall im Universum einheitlich verhalten. Verzichtet man beispielsweise auf Gleichförmigkeit und Richtungsunabhängigkeit, gibt es, abgesehen von anderen Auswirkungen, für die Entwicklung der Urknalltheorie keine Grundlage

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