Vor der Flagge des Vaterlands
gerunzelt, und doch kann er keine Ursache haben zu glauben, daß ich ihm nicht die Wahrheit gesagt hätte.
»Sie behaupten von drei Männern überfallen worden zu sein? fragt er mich.
– Gewiß. Ich glaubte, es wären einige von Ihren Leuten. Ich habe sie nicht herankommen sehen… Wer waren sie denn?…
– Fremde, die Sie an ihrer Sprache erkennen mußten.
– Sie haben kein Wort gesprochen.
– Sie hatten keine Vermuthung, welcher Nationalität sie angehörten?
– Nicht die geringste.
– Wissen auch nicht, welche Absicht sie bei ihrem Eindringen in unsre Höhle hatten…
– Wie sollt’ ich das wissen?…
– Und was denken Sie von dem allen?
– Was ich davon denke, Herr Serkö?… Ich wiederhole Ihnen, daß ich glaubte, zwei oder drei von Ihren Raubgesellen wären beauftragt worden, mich auf Befehl des Grafen d’Artigas in die Lagune zu werfen… daß mit Thomas Roch dasselbe geschehen sollte… da Sie, jetzt im Besitz seiner Geheimnisse – wie Sie mir ja versichert haben – nichts mehr zu thun hatten, als sich seiner und meiner in einfachster Weise zu entledigen.
– Ja freilich, Herr Hart, dieser Gedanke konnte in Ihnen aufsteigen… antwortet der Ingenieur Serkö, ohne diesmal in seinen gewohnten spöttelnden Ton zurückzufallen.
– Ich gestehe jedoch, daß ich davon abkam, als ich, nachdem ich mir die Binde abgestreift hatte, erkannte, daß ich in einer Abtheilung des Tug untergebracht worden war.
– Das war nicht unser Tug, sondern ein ähnliches Fahrzeug, das durch den Tunnel gekommen war.
– Noch ein unterseeisches Schiff?… rief ich verwundert.
– Ja, und bemannt mit Leuten, die Sie und Thomas Roch entführen wollten…
– Uns entführen?… versetzte ich, die größte Ueberraschung heuchelnd.
– Und ich frage Sie nun, fuhr der Ingenieur Serkö fort, was Sie von der ganzen Sache denken.
– Nun, da erscheint mir nur eine einzige Erklärung annehmbar. Wenn das Geheimniß Ihres Schlupfwinkels nicht verrathen worden ist – und ich weiß weder, wie ein solcher Verrath möglich gewesen wäre, noch welche Unklugheit Sie oder die Andern hätten begehen können – so glaube ich, daß jenes unterseeische Fahrzeug bei einer Untersuchung der benachbarten Meerestheile die Mündung des Tunnels zufällig entdeckt hat… nachher durch diese eingelaufen und in der Lagune aufgestiegen ist… daß seine Mannschaft, überrascht sich im Innern einer Höhle mit einer Anzahl Bewohnern zu sehen, die ersten, die ihnen in den Weg kamen, Thomas Roch… mich… vielleicht noch andre… was weiß ich?… aufgegriffen haben.«
Der Ingenieur Serkö ist sehr ernst geworden. Fühlt er die Haltlosigkeit der Hypothese, die ich ihm suggerieren will?… Glaubt er, daß ich mehr weiß, als ich aussprechen will?… Gleichviel, er scheint meine Antwort, so wie sie war, hinzunehmen, und fährt weiter fort:
»In der That, Herr Hart, in dieser Weise dürfte sich der Vorgang abgespielt haben, und als das fremde Schiff wieder durch den Tunnel einfahren wollte, grade als der Tug daraus hervorglitt, kam es zu einer Collision… einer Collision, der jenes Fahrzeug zum Opfer fiel. Wir sind aber nicht die Leute dazu, unsre Mitmenschen umkommen zu lassen. Uebrigens wurde Ihr und Thomas Roch’s Verschwinden sehr bald ruchbar. Auf jeden Fall mußten zwei so kostbare Leben gerettet werden. Wir gingen sofort ans Werk. Unter unsern Leuten giebt es geschickte und erfahrne Taucher. Diese stiegen bis zum Grunde der Lagune hinab, befestigten Taue unter dem Rumpfe des »Sword«…
– Des »Sword«?… fiel ich ein.
– Ja, diesen Namen lasen wir am Vordertheile des Fahrzeugs, als es emporgehoben war… Welche Befriedigung, als wir Sie, freilich ganz bewußtlos, auffanden, und welches Glück, daß wir Sie ins Leben zurückrufen konnten!… Leider sind unsre Bemühungen hinsichtlich des Officiers vom »Sword« und seiner Mannschaft fruchtlos gewesen. Der Zusammenstoß hatte die Abtheilungen in der Mitte und im Hintertheile, wo diese sich befanden, durchbrochen, und sie haben den unglücklichen Zufall mit dem Leben gebüßt… nur den Zufall – wie Sie sagen – nach unserm geheimen Zufluchtsorte eingedrungen zu sein.«
Die Mittheilung von dem Tode des Lieutenants Davon und seiner Leute schnürte mir das Herz zusammen. Um meiner Rolle treu zu bleiben – da es ja Leute betraf, die ich meiner Aussage nach nicht kannte – mußte ich mich jedoch beherrschen. Es kam ja vor allem darauf an, den Verdacht zu vermeiden, daß
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