Vor Katzen wird gewarnt
rabiat. »Nein.
Klein-Leonard muß lernen, sein häßliches kleines Temperament zu zügeln. Ich
habe Clives Adresse irgendwo aufgeschrieben und werde sie nachher für Sie
heraussuchen.«
Er stand auf, goß sich ein
weiteres Glas am Barschränkchen ein und wandte sich mir dann wieder mit einem
schwachen Lächeln zu. Wenn ich nicht gewußt hätte, daß das unmöglich war, hätte
ich es als verlegen bezeichnet.
»Genau wie die Maler ihre
blauen Perioden haben, wissen Sie — äh — , habe ich meine heterosexuellen
Phasen. Und zufällig befand ich mich, während Clive hier wohnte, in einer
solchen Phase. Deshalb wohnte gleichzeitig eine junge Frau hier: Zoe Parnell.
Sie behauptet, Schriftstellerin zu sein; aber ich habe niemals etwas gesehen,
was sie geschrieben hat. Clive war ursprünglich ihr Einfall gewesen. Ein sich
abmühender junger Schauspieler mit einem immensen Talent, sagte sie, der einmal
eine Atempause bei seinem Kampf ums tägliche Brot brauche. Oh er nicht
hierherkommen und eine Weile bei uns leben könne? Na schön, sagte der große,
gutmütige alte Trottel Leonard. Warum nicht? Als Clive wegging, ging sie mit
ihm. Ich war ein bißchen verstimmt, denn ich hatte mich korrekt verhalten — was
ich selten tue —, und plötzlich war alles aus. In gewisser Weise liegt in
diesen Geschichten, die Clive über mich verbreitet, eine Ironie des
Schicksals.«
»Wollen Sie damit sagen — «,
begann ich und verschluckte den Rest in dem Bemühen, ein delikates Thema
delikat zu behandeln.
»Genau!« Reid ließ sich, seinen
Martini vorsichtig zwischen den massiven Händen balancierend, auf die Couch
zurückfallen. »Clive war während seines Aufenthalts hier nichts als ein Gast.
Mehr nicht.«
»Glauben Sie, daß vielleicht
das Mädchen hinter alldem steckt?«
»Da bin ich nicht ganz sicher.«
Er runzelte die Stirn. »Zoe hätte gewiß die erforderliche Intelligenz, aber ich
zweifle, daß sie genügend Auftrieb dazu hätte. Aber wer weiß, was für
niederträchtige Empfindungen hinter dem gerundeten Busen eines weiblichen
Wesens lauern? Meine Schwierigkeiten liegen darin, daß ich zuwenig mit Frauen
zu tun gehabt habe, um überhaupt etwas über sie zu wissen. Trotzdem zweifle ich
nicht daran, daß Lucrezia Borgia freundlich zu Tieren war.«
»Wo kann ich Zoe Parnell
finden?«
»Höchstwahrscheinlich lebt sie
mit Clive zusammen. Schöpferische Begabungen haben niemals einen guten
Geschmack.«
»Soll ich versuchen, ihm Geld
zu bieten?«
»Ich möchte einfach, daß er
aufhört, diese skandalösen Geschichten über mich zu verbreiten, mein Lieber.
Und wie Sie das anstellen«, er gähnte sachte, »ist völlig Ihre Angelegenheit.
Sie haben da carte blanche .«
Ich trank mein Glas leer und
stand auf. »Großartig! Aber ich habe nichts Greifbares in der Hand, Leonard.
Vielleicht wäre alles viel einfacher, wenn Sie Ihren Anwalt anriefen und ihm
die Sache übertrügen?«
»Mein Anwalt taugt lediglich
etwas, wenn es darum geht, die feingedruckten Fußnoten in einem Vertrag zu
lesen«, sagte er entschieden. »Abgesehen davon traue ich ihm nicht mal die
Zubereitung eines Omelettes zu. Er hat zuviel Porzellan zerschlagen. Er ist ein
typischer Vertreter seiner Kategorie. Ein Schwachsinniger, der ausschließlich
auf seinem Spezialgebiet ausgebildet worden ist.«
Er stand auf, ging zum
Louis-Quinze-Schreibtisch, nahm ein zusammengefaltetes Papier aus einer der
Schubladen und gab es mir. »Das ist Clive Jordans Adresse oder war es
zumindest, als ich zuletzt von ihm gehört habe. Natürlich kann er seither
umgezogen sein.«
»Danke.« Ich steckte den Zettel
in meine Brieftasche. »Ist die Parnell ausgezogen, weil sie Jordan Ihnen
vorzog, oder was war sonst der Grund?«
»Ah!« Er streichelte seine
fleischige Nase nachdenklich mit der Spitze seines Zeigefingers. »Das ist eine
interessante Frage, Rick.«
Das schwarz-weiße Kätzchen kam
wieder durch die Tür, miaute kläglich und rieb seinen Rücken an Leonards
Knöcheln. »Unartiges Mousiekins !« Reid lachte
entzückt, bückte sich und stellte sein Glas auf den Boden. Das Kätzchen leckte
beglückt den letzten Zentimeter Martini aus und sprang dann auf die Couch. Zwei
Sekunden später bewegte es den Kopf zwischen den Pfoten hin und her und gähnte
befriedigt.
»Sie gehört zu den wählerischen
Alkoholikerinnen«, sagte Leonard mit liebevoller Stimme. »Trinkt nichts außer
Martini. Ich habe eine Weile lang versucht, sie an Cognac
nach dem Abendessen zu gewöhnen, aber
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