Vor Liebe wird gewarnt! (German Edition)
gegen einen anderen auszutauschen.
Als sich die Fahrstuhltür öffnete, trat mein Chef, Daniel Itzow heraus. Ich gebe es nur ungern zu, aber auch ich gehörte zu den Frauen, die sich alle zehn Finger nach Daniel leckten. Wenn er mich aus seinen braunen Augen ansah und dabei so spitzbübisch den Mund verzog, erfüllte ich ihm jeden Wunsch. Im Job, versteht sich. Mehr lief nicht zwischen uns. Obwohl ich nichts dagegen gehabt hätte, wenn sich daraus mehr entwickeln würde.
»Guten Morgen, Emma«, grüßte er mich mit seinem schiefen Lächeln, das mich jedes Mal dahinschmelzen ließ.
»Guten Morgen, Chef«, gab ich zurück und versuchte, den traurigen Stuhl so unauffällig wie möglich in den Fahrstuhl zu schmuggeln. Aber es gelang mir nicht.
»Was ist denn damit passiert?«, fragte Daniel verwundert.
»Er hat vergessen, den Schirm aufzuspannen«, erwiderte ich und drückte die Taste, die mich in den Keller bringen sollte. Doch Daniel stieg nicht aus.
»So ein vergesslicher Bürostuhl. Wieso macht er überhaupt Regenspaziergänge?«
»Ich denke, er hat sich am Wochenende im Büro gelangweilt.«
»Verstehe. Deshalb bringst du ihn zu seinen Brüdern und Schwestern im Keller, damit er Gesellschaft hat.«
»Genau.«
»Du hast ein so gutes Herz.« Er grinste, dann wurde er ernst. »Vielleicht kann Torgen ein paar Euro lockermachen, damit du einen neuen Stuhl bekommst und dich nicht bei dem ausrangierten Mobiliar im Keller bedienen musst.«
»Das mach ich«, sagte ich und strahlte. Er war ein wirklich netter und verständnisvoller Chef. Doch statt auszusteigen, trat er zurück in den Fahrstuhl. Die Tür schloss sich hinter uns. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Seit Monaten fantasierte ich, wie es wäre, wenn wir zusammen im Fahrstuhl fahren würden und dieser plötzlich steckenbliebe – in so einem alten Gebäude durchaus möglich, obwohl der Lift erst nachträglich eingebaut worden war. In meiner Fantasie wurde ich durch den Ruck gegen Daniel geschleudert, er fing mich auf, hielt mich in seinen starken Armen. Unsere Lippen näherten sich und danach …
»Emma, ich habe heute Morgen einen Anruf vom Sender bekommen. Sie setzen uns die Pistole auf die Brust. Diese Show muss besonders gut werden, sonst drehen sie uns den Geldhahn zu. Das würde bedeuten, die Sendung gibt es nicht mehr, unsere Arbeitsplätze wären dahin, die ganze Firma würde nicht mehr existieren.« Er runzelte sorgenvoll die Stirn und holte mich mit seinen Worten in die Realität zurück. Der Fahrstuhl summte leise und ungerührt, als er sich ohne Zwischenfall brav in Bewegung setzte.
Mein Herz schlug ganz normal weiter, dafür bekam ich einen schlechten Geschmack im Mund. Wenn mein Job in Gefahr war, reagierte mein Körper mit Übelkeit.
»Das ist ja entsetzlich«, erwiderte ich und schluckte. »Fürchterlich! Allerdings böte das die Möglichkeit, mal etwas anderes zu machen, zum Beispiel eine schöne Liebesshow…«
Er ließ mich nicht ausreden. »Eine Scheidung ist wie ein Unfall. Jeder hält an, um hinzusehen. Wir brauchen diese Show. Deshalb bitte ich dich, dieses Mal ganz besonders aufmerksam und gründlich zu arbeiten. Ich weiß, das tust du immer, aber jetzt geht es um alles.«
Ich nickte. »Natürlich, Boss, du kannst auf mich zählen.«
Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen. »Das hatte ich gehofft. Sind die Kandidaten geeignet, Quote zu machen?«
»Ich denke schon. Ich habe es nicht genau im Kopf, aber ich glaube, wir haben ein reiches Industriellenpärchen, das sich gegenseitig nicht die Butter auf dem Brot gönnt. Ein älteres Ehepaar mit Kommunikationsschwierigkeiten. Ein Künstlerpärchen, das getrennte Wege gehen will. Einen ewigen Studenten, dem seine Frau mit ihrer Großfamilie auf die Nerven fällt, und einen Typen, der meint, seine Frau würde ein doppeltes Spiel spielen. Könnte interessant werden.«
Der Fahrstuhl hielt an.
»Ja, das klingt gut. Besprich das bitte auch mit Torgen. Er soll uns sagen, wie viele Extras im Budget sind, um die Show so sensationell wie möglich zu gestalten. Wir brauchen Zuschauer, so viele wie nur möglich.«
»Alles klar.« Ich schob den Stuhl aus dem Fahrstuhl.
Daniel blieb darin stehen. »Also dann bis gleich«, sagte er, bevor sich die Tür vor seiner Nase wieder schloss.
»Ja, wir sehen uns oben«, rief ich, aber ich denke, das hat er schon nicht mehr gehört.
Ich schob den nassen Stuhl den hell erleuchteten Flur entlang bis zu einem Raum am Ende des Ganges, wo jede Menge
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