Vor Liebe wird gewarnt! (German Edition)
Das war ja was ganz Neues.
»Ja, ehrlich. Er ist der Grund für meinen Anruf.«
»Na, wenn das so ist, dann können Sie mir sagen, worum es sich handelt.«
***
Die Uhr tickte laut und unerbittlich. Wie jener steter Tropfen, der den Stein aushöhlte.
Eine Diele knarrte, dehnte sich durch die Wärme in der Stube aus. Irgendwo schabte ein Zweiglein an ein Fenster.
›Ra‹, dachte Dorothea. ›Der ägyptische Sonnengott heißt Ra.‹ Ihr Stift gab ein leicht kratzendes Geräusch von sich, als sie die zwei Buchstaben in ihr Rätselheft eintrug.
Draußen vor dem Haus fuhr ein Auto vorüber. Es hielt nicht an.
Sie sah wieder auf ihr Rätselheft. Es war fast voll.
»Ähem!« Das Räuspern von Georg klang wie ein Donnerhall in der Stille ihrer Stube. Danach war es wieder still.
›Lurchtier. Mit sechs Buchstaben‹, las Doro unhörbar die nächste Frage. ›Das könnte eine Kroete aber auch ein Frosch sein.‹ Nächste Frage.
Georg blätterte die Zeitung um. Es raschelte laut. Er holte ein Taschentuch aus der Hosentasche und putzte sich die Nase. Kein Donnerhall, eher ein Vulkanausbruch.
Dann Stille. Das Ticken der Uhr verschmolz mit dem Tuckern eines Rasenmähers im Nachbargarten. Eine Frau auf der Straße rief nach ihrer Katze.
Eine weitere Diele knackte.
Und dann klingelte das Telefon.
Erstaunt sahen Doro und Georg auf. Der Mann erhob sich und schlurfte zum Apparat auf der Anrichte neben dem Fenster.
»Herford«, sagte er und räusperte sich noch einmal.
»Herzlichen Glückwunsch!«, rief der Anrufer in den Hörer. »Sie haben gewonnen!«
Georg Herford nickte. »Aha.«
Er lauschte den weiteren Ausführungen des Anrufers, dann bedankte er sich und setzte sich wieder hin.
»Waren sie das?«, fragte Doro.
»Ja.«
»Gut.«
Danach war nichts weiter zu hören als das Ticken der Uhr, das Rascheln der Zeitung, das Kratzen des Stiftes, das gelegentliche Schaben eines einsamen Zweiges am Fenster und die leisen Atemzüge von Doro und Georg Herford.
***
»Möchten Sie das Kleid sofort anprobieren?«, fragte die Verkäuferin, ein junges Ding, das so aussah, als würde es die Sachen in der Boutique am liebsten selbst tragen. Wenn es sie sich hätte leisten können.
»Ja, das möchte ich gern.« Josephine drückte das Kleid der blonden Ladenschnepfe in die Hand. Fehlte noch, dass sie es selbst zur Anprobe bringen musste.
Das junge Ding trug das Kleid auch brav in die Ecke, in der sich die Ankleidekammer für die Kundinnen befand.
»Wenn Sie mich brauchen, sagen Sie Bescheid«, bot es an.
›Das möchte auch sein‹, dachte Josephine, zog es jedoch vor zu schweigen.
Sie schloss die Tür der Kabine, dann legte sie ihre Tasche und den Mantel ab. Die Spiegel waren groß und machten sie gemeinsam mit der sanften Beleuchtung schlanker.
»Du siehst noch sehr gut aus«, flüsterte Josephine und strich mit den Händen über ihre schmale Taille, das runde Becken und die vollen Brüste. Ihr Haar leuchtete im Schein der Lampen fast rot.
Zufrieden lächelte sie und öffnete den Reißverschluss des Kleides, das sie trug. Danach streifte sie es ab und zog das neue Kleid über den Kopf. Es war eng, verdammt eng. Zu eng, um ehrlich zu sein.
Keuchend hielt Josephine inne und versuchte, das Kleid über ihrem Kopf so zu drehen, dass sie mit einer Hand in den Ärmel fahren konnte. Es gelang nicht. Also Rückwärtsgang einlegen. Auch das klappte nicht.
Sie begann zu schwitzen.
›Verdammtes Ding!‹, dachte sie. ›Die dumme Kuh hätte doch sehen müssen, dass das Kleid nicht passt.‹
Sie musste das Kleidungsstück wieder loswerden, zog und zerrte am Saum, am Stoff, an allem, was sie greifen konnte. Der Schweiß lief in Bächen über ihre Haut. Sie steckte hoffnungslos fest.
In diesem Moment klingelte ihr Telefon.
»Nicht jetzt!«, murmelte sie und drehte sich einmal um sich selbst. Aber als hätte der Klang des Handys eine verstopfte Röhre freigepustet, fand sie plötzlich den Weg aus dem Kleid. Endlich wieder frei atmen! Sie holte tief Luft.
Schweißgebadet wühlte sie in der Tasche nach dem Telefon.
»Hallo?«, zwitscherte sie in den Hörer und ordnete im Spiegel ihre Locken, um für den Anrufer schön zu sein.
»Herzlichen Glückwunsch! Sie sind bei ›Er sagt, sie sagt‹ dabei!«
»Was?«, fragte sie, während ihre Hand entsetzt herabsank.
»Ihr Mann hat sich beworben. Sie sind auserwählt!«, rief der Anrufer wie aus weiter Ferne.
Das Telefon rutschte durch Josephines schweißnasse Finger
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