Vor Schmetterlingen wird gewarnt (German Edition)
zurückkam, war Cades Kameramann eingetroffen, ein stämmiger, glatzköpfiger Kerl namens Louie, etwa Mitte vierzig. Ava lernte außerdem den Nachtwächter kennen, einen hart aussehenden Mann namens John.
Es war bereits dunkel, als der Van, den sie organisiert hatte, in die Einfahrt bog und den Tonmeister, den Beleuchter und einen Studenten der Filmhochschule ausspuckte. Bei Letzterem handelte es sich um den Assistenten des Beleuchters. Ava zog ihr iPhone aus der Tasche und machte sich zusätzliche Notizen zu Louie und John, um über jeden Mitarbeiter ausreichend Bescheid zu wissen.
Über den Tonmeister tippte sie mit dem Daumen: Kyle, ca. 40. Nie ohne Bose-Headset.
Über den Beleuchter: Jim Short. 60? Größe = Name. Assistent: Ryan, blonder Surferboy. Jobbezeichnung: „Best Boy“.
Im Lauf der Zeit würde sie noch persönliche Vorlieben hinzufügen, denn solche Informationen hatten zu ihrem Erfolg in der Branche beigetragen.
Jane traf kurze Zeit später ein, und Ava begleitete sie den Flur entlang. Die beiden plapperten nonstop. Die Tür zum Salon stand offen. Cade saß am Schreibtisch und sah irgendwelche Papiere durch, die darauf ausgebreitet waren. Eine dicke braune Locke fiel ihm in die Stirn, die im Licht der Schreibtischlampe bronzefarben und blond schimmerte. Plötzlich war die Stimme ihrer Freundin bloß noch ein Gemurmel im Hintergrund.
Denn für einen kurzen Moment malte sie sich aus, wie dieses weiche Haar ihren Bauch streifte.
Ava erschrak und verdrängte dieses Bild sofort. Stattdessen stellte sie sich lieber schnell vor, wie sie in ihre Eigentumswohnungin Alki Beach kam, die Schuhe fortkickte, ein paar Kerzen und den Kamin anzündete. Dann würde sie in ihr Nachthemd schlüpfen und sich vielleicht ein Glas Wein gönnen, um es sich damit auf ihrem weichen Sofa gemütlich zu machen und zu wissen, dass dieser Tag endlich vorbei war.
Dass sie fasziniert war und sich freute, Teil einer Dokumentation über Miss Agnes zu sein, konnte sie nicht leugnen. Das war eine Welt außerhalb ihres normalen Alltags, und sie war sehr neugierig darauf.
Andererseits fühlte sie sich jetzt schon geschafft von dem ständigen Auf und Ab ihrer Gefühle, sobald sie in Cades Nähe war. Momentan jedenfalls meldete sich wieder einmal der Impuls, einfach zu fliehen.
Sie räusperte sich und lehnte sich ein wenig ins Zimmer hinein. „Jane ist hier, und ich verschwinde jetzt.“
Jane hielt sie am Arm fest, genau in dem Augenblick, als Cade den Kopf hob und sie besorgt ansah.
„Bist du verrückt?“, meinte ihre Freundin vorwurfsvoll. „Wenn du mich mit diesem Clown allein lässt, kann ich für nichts garantieren. Mach mich hinterher bloß nicht verantwortlich für das, was ich zu ihm sage.“
„Kommt gar nicht infrage, dass du gehst“, pflichtete Cade ihr bei. „Wir brauchen dich, damit du dich um die Details kümmerst.“
Offenbar waren beide entschlossen, sie nicht gehen zu lassen. Also würde der gemütliche Feierabend noch eine Weile warten müssen. Mit einem leisen Seufzer gab sie nach. „Na schön“, sagte sie und betrat vor Jane den Raum.
Indem sie sich in den vom Schreibtisch am weitesten entfernten Sessel setzte, wappnete sie sich gegen diesen Mann und seine ärgerlich sinnliche Fantasien auslösenden Pheromone. „Bringen wir es hinter uns.“
3. KAPITEL
Herr im Himmel. Mir war nicht klar, wie verrückt die nächsten sieben Wochen werden würden – bis ich alles aufschrieb, was ich zu erledigen hatte.
Später an diesem Abend
E s war fast neun, als Cade die für ihn angemietete Wohnung in Belltown betrat. Sie lag in einem renovierten Backsteingebäude von 1914 in der First Avenue. Er warf seine Schlüssel in eine Wurzelholzschale auf einem winzigen Tisch und verzichtete darauf, nach dem Lichtschalter zu tasten. Stattdessen ging er im schwachen Lichtschein der Stadt, der durch das große Fenster fiel, über den kurzen Flur ins Wohnzimmer. Das Fenster war dreifach verglast, was den Verkehrslärm der Innenstadt deutlich dämpfte. Er ging direkt zu dem Gaskamin in der einen Ecke des Raumes und schaltete ihn ein.
Mit einem leisen Zischen erwachten die Flammen und leckten an den künstlichen Holzscheiten. Cade knipste die Tischlampe an und schaute sich in seiner neuen Behausung um.
Es war ein kurzer Rundgang, denn die Wohnung bestand aus einem studioartigen Wohn- und Schlafraum, einer Kochnische und einem Badezimmer mit einer geräumigen Dusche. Die allein war die Miete schon wert. Die Wohnung
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