Vor Schmetterlingen wird gewarnt (German Edition)
genügte definitiv seinen Ansprüchen.
Es war ein langer Tag gewesen, und er war reif für den Feierabend. Deshalb streifte er sich die Schuhe von den Füßen und ging auf Socken in die Küche, wo er in den Kühlschrank schaute, den Ava aufgefüllt hatte. Er nahm sich das Erste, was er sah – den Karton Milch. Er öffnete ihn und trank fast ein Viertel davon, ehe er sich erneut herunterbeugte, um sich den restlichen Inhalt des Kühlschranks genauer anzusehen.
Sie hatte ihm Hühnchengeschnetzeltes gekauft, einen Spieß gegrillten Alaska-Lachs, klein geschnittenes Rohkostgemüseund Obst, eine Packung Kalamata-Oliven, ein Stück alten Beemster-Gouda, Salatzutaten und einen Behälter mit einem nach New Age aussehenden Salat aus Couscous oder Quinoa oder irgend so einem Mist. Cade entschied sich jedoch für die Packung mit den scharf gewürzten gefüllten Eiern.
Er fragte sich, ob sie sich daran erinnert hatte, wie gern er die aß, oder ob sie einfach für jedes Crewmitglied welche eingekauft hatte.
Wahrscheinlich traf Letzteres zu.
Er nahm den Deckel ab, warf ihn auf die Arbeitsfläche, schnappte sich den Milchkarton und nahm beides mit zum Sessel vor dem Kamin. Er stellte die Milch auf den kleinen Tisch neben seinem Ellbogen, schwang die Füße auf einen Fußschemel, fischte eine Eierhälfte aus der Packung und schob sie sich in den Mund.
„Verdammt.“ Er hatte keine Ahnung, ob Ava die selbst gemacht oder in einem der zahlreichen besseren Supermärkte, die neuerdings überall in Seattle zu eröffnen schienen, gekauft hatte. Vielleicht hatte sie sie auch von jemandem zubereiten lassen. Wie auch immer, er musste ihr zugestehen, dass sie fantastisch waren.
Bis jetzt schien sie in ihrem Job ganz gut zu sein.
Und doch war es so, dass er schon jetzt Abstand zu ihr brauchte, obwohl sie noch nicht einmal den ersten offiziellen Tag absolviert hatte. Das verhieß nichts Gutes für die nächsten anderthalb Monate.
Als ihm die Idee gekommen war, sie zu engagieren, fand er das geradezu brillant. Erstens hatte Ava die besten Referenzen, und zweitens konnte er gleichzeitig Wiedergutmachung leisten für das, was er ihr auf der Highschool angetan hatte. Bis letzten November noch hatte sie nichts von einer Entschuldigung hören wollen. Ein weiterer Vorteil bestand darin, dass sie für die Verpflegung sorgte und über beste Kontakte in der Stadt verfügte. Das alles würde ihm auf lange Sicht eine Menge Geld sparen.
Was diesen Aspekt betraf und die Qualität ihrer Arbeit, war die Idee wirklich brillant gewesen. Nur hatte er die Sache leidernicht gründlich genug durchdacht. Er hatte einfach nicht berücksichtigt, welche Wirkung es auf ihn haben würde, ständig mit ihr zusammen zu sein.
Aus irgendeinem Grund hatte er vergessen, wie sehr er sie damals gemocht hatte, bevor er sie den Wölfen zum Fraß vorwarf. Um einen Haufen Freunde zu beeindrucken, die, wie sich später herausstellte, überhaupt keine echten Freunde waren.
„Mist.“ Cade verging der Appetit. Er stellte die Packung mit den gefüllten, scharf gewürzten Eiern weg, nahm die Füße vom Hocker und setzte sich auf. Er fuhr sich durch die Haare und starrte auf die flackernden Flammen im Kamin.
Vergiss es, sagte er sich. Was geschehen war, war geschehen. Immer wieder darüber zu grübeln würde ihm nicht unbedingt dabei helfen, sich nach einem anstrengenden Tag zu entspannen. Und hungrig oder nicht, er musste irgendwie auftanken. Morgen war der erste volle Tag am Set, und da musste er absolut fit sein.
Also nahm er sich noch ein Ei. Er würde essen, die Milch trinken und noch eine Weile vor dem Kamin sitzen bleiben. Vor allem aber würde er darauf verzichten, über alte Fehler zu grübeln.
Schon gar nicht über den, den er damals bei Ava Spencer begangen hatte.
Ava schaute nur langsam von der Einkaufsliste auf, die sie gerade mithilfe ihres iPhones zusammenstellte, als das Festnetztelefon am nächsten Morgen klingelte. Sie überprüfte nicht die Nummer des Anrufers im Display. Sie hielt sich das Mobilteil ans Ohr und murmelte ein geistesabwesendes „Hallo“, während sie die Liste überflog. Grey-Poupon-Senf! Das war es, was sie vergessen hatte. Sie hatte doch gewusst, dass noch etwas fehlte.
Sie fügte es der Liste hinzu.
„Ava, du musst den Geburtstag deines Vaters organisieren.“
Jetzt horchte sie auf. Sie legte ihr iPhone auf den Küchentresen und streckte sich auf ihrem Hocker. „Hallo, Mutter. Ich dachte, ihr seid noch in Chicago.“
„Ja,
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