Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
landeten sanft auf deren Rücken und legten sich flach auf die Nacken der Tiere wie unheimliche Mützen. Cordelia borgte sich das Fernglas aus, um sie besser sehen zu können.
»Verhalten die sich vielleicht ähnlich wie diese Vögel auf der Erde, die den Rindern die Schmarotzer von der Haut picken? 0 nein. Ich glaube nicht.«
Die Sechsfüßler erhoben sich mit Zischen und Pfeifen,
krümmten ihre fetten Körper, als wollten sie sich aufbäumen, und glitten in den Fluss. Die Radiallebewesen blähten sich auf und entwichen in die Luft. Ihre Farbe erinnerte jetzt an Weingläser voller Burgunder.
»Vampirballons?«, fragte Vorkosigan.
»Anscheinend.«
»Was für entsetzliche Kreaturen.«
Cordelia musste fast lachen wegen seines mit Abscheu
erfüllten Blicks. »Da Sie selbst ein Fleischesser sind, können Sie sie nicht wirklich verdammen.«
»Verdammen nicht, vermeiden ja.«
»Da bin ich Ihrer Meinung..«
Sie gingen weiter flußaufwärts, vorbei an einem
schäumenden, gelbbraun trüben Wasserfall. Nach etwa
anderthalb Kilometern kamen sie zu den Einmündungen zweier Nebenflüsse und stolperten an den seichtesten Stellen, die sie finden konnten, hinüber. Bei der Überquerung des zweiten Nebenflusses verlor Dubauer den Halt, als sich ein Felsbrocken unter ihm drehte, und mit einem lautlosen Schrei sank er ins Wasser.
Krampfhaft verstärkte Cordelia den Griff an seinem Arm
und fiel zwangsläufig mit ihm. Sie glitten in einen tieferen Bereich ab. Ein jäher Schrecken durchzuckte Cordelia, dass 39
Dubauer flußabwärts getrieben würde, außerhalb ihrer
Reichweite, dorthin, wo Gefahren drohten: die
amphibienhaften Sechsfüßler, die scharfen Felsen – der
Wasserfall! Ohne sich um das Wasser zu kümmern, das ihr in den Mund drang, packte sie Dubauer mit beiden Händen. Und da trieben sie schon davon – nein.
Etwas zerrte an ihrem Körper mit enormer Gegenwirkung
gegen die reißende Strömung des Wassers. Vorkosigan hatte
Cordelia an der Rückseite ihres Gürtels gepackt und zog beide mit der Kraft und Geschicklichkeit eines Schiffsstauers ins Seichte.
Cordelia rappelte sich hoch und schob Dubauer. der heftig
hustete, auf das andere Ufer hinauf. Sie fühlte sich beschämt, empfand aber gleichzeitig Dankbarkeit.
»Danke«, sagte sie keuchend zu Vorkosigan.
»Was? Haben Sie etwa gedacht, ich ließe Sie ertrinken?«,
fragte er sarkastisch und entleerte seine Stiefel.
Verlegen zuckte Cordelia die Achseln. »Nun ja – wenigstens würden wir Sie nicht länger aufhalten.«
»Hm.« Er räusperte sich, sagte aber nichts mehr. Sie fanden einen felsigen Platz zum Sitzen, aßen ihren Hafer und ihr Salatdressing und ließen sich eine Weile trocknen, bevor sie sich wieder auf den Weg machten.
Sie legten Kilometer um Kilometer zurück, während das
Panorama des großen Berges zu ihrer Rechten sich kaum zu
verändern schien. An einer Stelle peilte Vorkosigan die
Richtung auf eine Weise, die nur er selber verstand, und führte sie dann mehr nach Westen, mit dem Berg in ihrem Rücken, und die Sonne begann sich jetzt in ihr Blickfeld zu neigen.
Sie überquerten einen anderen Wasserlauf. Als sie über den Rand seiner Uferböschung hochkam, stolperte Cordelia fast über einen Sechsfüßler mit rotem Fell, der ganz still in einer Bodensenke lag und vollkommen mit seiner Umgebung
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verschmolz. Er war ein zart gebautes Wesen, so groß wie ein mittelgroßer Hund, und floh in graziösen Sprüngen über die rote Ebene davon.
Cordelia wurde plötzlich hellwach. »Das Ding ist essbar!«
»Den Betäuber, den Betäuber!«, rief Vorkosigan. Sie drückte ihm die Waffe hastig in die Hand. Er fiel auf ein Knie, zielte und fällte die Kreatur mit einem Schuss.
»Oh, ein guter Schuss!«, rief Cordelia entzückt.
Vorkosigan grinste sie über die Schulter an wie ein kleiner Junge und lief nach seiner Beute.
»Oh«, murmelte sie, selbst betäubt durch die Wirkung dieses Grinsens, das diesen kurzen Augenblick lang sein Gesicht erhellt hatte wie die Sonne. Oh, machen Sie das noch mal, dachte sie; dann schüttelte sie den Gedanken ab. Pflicht! Halte dich an die Pflicht!
Sie folgte ihm zu der Stelle, wo das Tier lag. Vorkosigan
hatte sein Messer gezogen und überlegte, wo er beginnen
sollte. Er konnte ihm nicht die Kehle durchschneiden, denn es hatte keinen Hals.
»Das Gehirn liegt direkt hinter den Augen. Vielleicht können Sie es töten, indem Sie das Rückenmark durchbohren, wenn Sie zwischen dem ersten Paar
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