Vorkosigan 11 Spiegeltanz
löst.‹«
Schockiert blickte Bothari-Jesek zu ihm hoch. Nicht sehr weit hoch, um die Wahrheit zu sagen. »Das kannst du nicht machen!
Oder?«
»Nun«, sagte die Gräfin, die dieses Spielchen mit leuchtenden Augen beobachtete, »es gibt tatsächlich kein Gesetz, das sagt, daß der Erbe eines Grafen keine weiblichen Gefolgsleute nehmen kann.
Man hat es bisher nur noch nicht getan. Du weißt schon – Tradition.«
Elena und die Gräfin tauschten einen langen Blick miteinander aus. Zögernd, als wäre sie halb hypnotisiert, wiederholte Bothari-Jesek den Eid.
Mark sagte: »Ich, Lord Mark Pierre Vorkosigan, Vasall Secundus des Kaisers Gregor Vorbarra, nehme deinen Eid an und gelobe dir den Schutz eines Lehnsherrn, bei meinem Wort als Vorkosigan.« Er zögerte. »Tatsächlich«, sagte er zur Gräfin gewandt,
»habe ich auch noch nicht Gregor meinen Eid geleistet. Wird das hier dadurch ungültig?«
»Das sind Details«, sagte die Gräfin und winkte mit den Fingern.
»Die Details kannst du später noch klären.«
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Bothari-Jesek stand wieder auf. Sie schaute ihn an wie eine Frau, die mit einem Kater im Bett aufwacht, neben sich einen fremden Partner, an den sie sich nicht erinnern kann, ihn am Abend zuvor getroffen zu haben. Sie rieb sich die Handrücken, wo seine Haut die ihre berührt hatte.
Macht. Nun, wieviel Vor-Macht gab ihm diese kleine Scharade?
Genau soviel, wie Bothari-Jesek zuließ, sagte sich Mark, und musterte ihren athletischen Körper und ihr intelligentes Gesicht.
Es bestand keine Gefahr, daß sie ihm erlauben würde, seine Stellung zu mißbrauchen. Die Unsicherheit in ihrem Gesicht wich einem unterschwelligen Vergnügen, das seinem Auge gefiel. Ja, das war der richtige Schritt. Keine Frage, daß er der Gräfin Vergnügen bereitet hatte. Sie grinste ihren subversiven Sohn offen an.
»Nun«, sagte die Gräfin, »wie schnell können wir das durchziehen? Wie schnell könnt ihr zur Abreise bereit sein?«
»Auf der Stelle«, sagte Bothari-Jesek.
»Zu Ihrem Befehl, Madame«, sagte Mark. »Ich habe so ein Gefühl … – das ist nichts Parapsychisches, weißt du. Es ist nicht einmal, daß ich grundsätzlich darauf brenne, es zu tun. Es ist nur die Logik. Doch ich glaube, uns läuft vielleicht die Zeit davon.«
»Wie das?«, fragte Bothari-Jesek. »Es gibt nichts Statischeres als die Kryostase. Die Ungewißheit macht uns alle verrückt, ja, aber das ist unser Problem. Miles hat vielleicht mehr Zeit als wir.«
Mark schüttelte den Kopf. »Wenn Miles in gefrorenem Zustand in freundliche oder auch neutrale Hände gefallen wäre, dann hätte man eigentlich inzwischen auf die Gerüchte bezüglich Belohnung reagieren sollen. Aber wenn … jemand … ihn wiederbeleben will, dann muß man zuerst die Vorbereitungen absolvieren. Wir sind uns gerade jetzt alle dessen sehr bewußt, wie lange es dauert, Organe für eine Transplantation zu züchten.«
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Die Gräfin nickte bedrückt.
»Wenn man sich dort, wo auch immer Miles jetzt ist, kurz nach seiner Ankunft für dieses Projekt entschieden hat, dann könnte man inzwischen fast nahe daran sein, die Wiederbelebung zu versuchen.«
»Man könnte es verpfuschen«, sagte die Gräfin. »Man ist vielleicht nicht vorsichtig genug.« Ihre Finger trommelten auf der hübschen Perlmuttintarsie.
»Ich glaube das nicht«, widersprach Bothari-Jesek. »Warum sollte ein Feind sich die Mühe machen, ihn wiederzubeleben?
Welches Schicksal könnte schlimmer sein als der Tod?«
»Ich weiß es nicht«, seufzte Mark. Aber wenn es eines gibt, dann schwöre ich darauf, daß die Jacksonier es in die Wege leiten können.
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KAPITEL 19
Mit dem Atem kam der Schmerz. Er war in einem Krankenhausbett. Das wußte er schon, bevor er die Augen öffnete, und zwar aufgrund der Unbequemlichkeit, der Kälte und des Geruchs. Das schien zu stimmen. Vage – wenn auch unangenehm – vertraut. Er blinzelte und stellte fest, daß seine Augen mit etwas Klebrigem zugekleistert waren. Ein duftender, durchscheinender medizinischer Kleister. Es war, als versuchte er durch eine Scheibe zu blicken, die mit Fett verschmiert war. Er blinzelte noch ein bißchen und erreichte einen begrenzten Fokus. Dann mußte er aufhören und nach der Anstrengung den Atem anhalten.
Mit seiner Atmung war etwas auf schreckliche Weise nicht in Ordnung. Er brachte nur ein mühsames Keuchen zustande, das überhaupt nicht genügend Luft brachte. Und dieses Pfeifen! Das Pfeifen kam von einem Plastikschlauch in seiner Kehle,
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