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Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Titel: Vorkosigan 11 Spiegeltanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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nein.« Bothari-Jesek hob beschwichtigend die Hände.
    »Du mußt es verstehen. Ich habe ihr von Maree erzählt, dem kleinen blonden Klonmädchen, mit dem wir dich gefunden hatten.
    Und davon, was meiner Meinung nach vorgefallen war. Ich habe dich vor der Gräfin angeschuldigt.«
    Er erstarrte, rot vor Scham und neuem Schrecken. »Ich wußte nicht, daß du es ihr nicht schon am Anfang erzählt hast.« War alles, was er bei der Gräfin erreicht zu haben glaubte, auf ein verrottetes Fundament gebaut und fiel nun in Trümmer?
    »Sie wollte dich unbedingt als Sohn haben, da brachte ich es nicht fertig, davon zu erzählen. Aber heute abend war ich so wütend auf dich, da habe ich meiner Zunge freien Lauf gelassen.«
    »Und was ist dann passiert?«
    Bothari-Jesek schüttelte verwundert den Kopf. »Sie ist so betanisch, so seltsam. Sie steht geistig nie dort, wo man meint. Sie war nicht im geringsten überrascht. Und dann hat sie mir alles erklärt –
    mir war, als würde mein Kopf umgestülpt, und als bekäme er eine Generalreinigung.«
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    Er mußte fast lachen. »Das klingt nach einem typischen Gespräch mit der Gräfin.« Seine würgende Angst begann nachzulassen. Sie verachtet mich nicht …?
    »Ich hatte dir gegenüber unrecht«, sagte Bothari-Jesek mit Nachdruck.
    »Nett zu wissen, daß ich eine solche Verteidigerin habe, aber du hattest mir gegenüber nicht unrecht. Es lief genau das ab, was du dachtest. Ich hätte es getan, wenn ich hätte können«, sagte er bitter.
    »Nicht meine Tugend hat mich aufgehalten, sondern meine unter Hochspannung erfolgte Konditionierung.«
    »Oh, ich meine nicht unrecht hinsichtlich der Tatsachen. Aber in die Art, wie ich dich mir erklärte, habe ich eine Menge von meiner eigenen Wut projiziert. Ich hatte keine Vorstellung, wie sehr du ein Produkt einer systematischen Folter warst. Und wie unglaublich du Widerstand geleistet hast. Ich glaube, an deiner Stelle wäre ich in Katatonie verfallen.«
    »Es war nicht die ganze Zeit so schlimm«, sagte er verlegen.
    »Aber du mußt verstehen«, wiederholte sie hartnäckig, »was mit mir los war. Hinsichtlich meines Vaters.«
    »So?« Es kam ihm vor, als hätte jemand seinem Kopf plötzlich eine halbe Drehung nach links verpaßt. »Ich weiß, was mein Vater mit der Sache zu tun hat, warum, zum Teufel, ist deiner auch darin verwickelt?«
    Sie ging im Zimmer umher. Und steigerte sich dabei in etwas hinein. Als sie zu sprechen begann, sprudelte es aus ihr heraus.
    »Mein Vater hat meine Mutter vergewaltigt. So bin ich entstanden, während der barrayaranischen Invasion von Escobar. Ich weiß es seit einigen Jahren. Es hat mich diesem Thema gegenüber allergisch sensibel gemacht. Ich halte es nicht aus«, sie ballte die Fäuste, »aber es ist in mir. Ich kann ihm nicht entrinnen. Das machte 441
    es sehr schwer für mich, dich klar zu sehen. Mir ist, als hätte ich in den letzten zehn Wochen nur wie durch einen Nebel auf dich geschaut. Die Gräfin hat den Nebel vertrieben.« In der Tat, ihr Blick ließ ihn nicht mehr erstarren. »Der Graf hat mir auch geholfen, mehr als ich sagen kann.«
    »Oh.« Was sollte er sagen? Sie hatten also in diesen letzten beiden Stunden nicht nur über ihn geredet. Ihre Geschichte ging offensichtlich noch weiter, aber er würde sie gewiß nicht fragen.
    Zum erstenmal war es nicht an ihm, sich zu entschuldigen. »Mir …
    tut es nicht leid, daß es dich gibt. Egal, wie du hierher gekommen bist.«
    Sie lächelte schief. »In Wirklichkeit tut es mir auch nicht leid.«
    Er fühlte sich sehr seltsam. Seine Wut über die Verletzung seiner Privatsphäre war verraucht, an ihre Stelle war eine Unbeschwertheit getreten, die ihn erstaunte. Er war sehr erleichtert, daß die Last seiner Geheimnisse von ihm genommen war. Seine Angst war geschrumpft, als wäre sie buchstäblich dadurch geringer geworden, daß sie offenbart worden war. Wenn ich es noch weiteren vier Leuten erzähle, dann bin ich völlig frei.
    Er schwang die Beine aus dem Bett, packte sie an der Hand, führte sie zu einem hölzernen Stuhl neben dem Fenster, stieg hinauf und küßte sie. »Danke!«
    Sie blickte ganz überrascht drein. »Wofür?«, fragte sie lachend und zog ihre Hand zurück.
    »Dafür, daß es dich gibt. Dafür, daß du mich leben läßt. Ich weiß nicht.« Er grinste, aber das Grinsen verging und ihm wurde schwindlig, er stieg vorsichtig herunter und setzte sich.
    Sie schaute auf ihn hinab und biß sich auf die Lippe. »Warum tust du dir das

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