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Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Titel: Vorkosigan 11 Spiegeltanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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erkannte er, als er zu schlucken versuchte. Seine Lippen waren trocken und aufgesprungen; der Schlauch, der seinen Mund blockierte, hinderte ihn daran, die Lippen zu befeuchten. Er versuchte sich zu bewegen. Sein Körper antwortete mit stechenden Schmerzen, die durch jeden Knochen brannten. Es gingen Schläuche in seine Arme. Und seine Ohren. Und seine Nase.
    Es waren, verdammt noch mal, zu viele Schläuche. Das war schlecht, erkannte er trübe, doch er hätte nicht sagen können, woher er das wußte. Mit einer heroischen Anstrengung versuchte er den Kopf zu heben und an seinem Leib hinunterzuschauen. Der Schlauch in seiner Kehle verschob sich schmerzhaft.
    Die Hügelketten der Rippen. Der Bauch mager und eingesunken.
    Rote Striemen zogen sich über seine Brust hin, wie eine langbeinige Spinne, die direkt unter seiner Haut kauerte, wobei ihr Körper 451
    sich über seinem Brustbein befand. Chirurgischer Klebstoff hielt gezackte Schnitte zusammen, zahlreiche scharlachrote Narben wirkten wie die Landkarte eines größeren Flußdeltas. Er war besetzt mit zahlreichen Sensoren für Monitore. Weitere Schläuche kamen aus Körperstellen, wo es eigentlich keine Körperöffnungen geben sollte. Er erhaschte einen Blick auf sein Glied, ein schlaffes farbloses Klümpchen; auch dort kam ein Schlauch heraus. Ein Schmerz an dieser Stelle hätte auf eine subtile Weise beruhigend gewirkt, aber da spürte er überhaupt nichts. Er spürte auch seine Beine und Füße nicht, obwohl er sie sehen konnte. Sein ganzer Körper war dick mit dem duftenden Kleister bedeckt. Seine Haut schälte sich in häßlichen großen bleichen Flocken ab, die an dem klebrigen Zeug hängenblieben. Sein Kopf fiel auf ein Polster zurück, schwarze Wolken quollen vor seinen Augen auf. Zu viele verdammte Schläuche. Schlecht …
    Er befand sich in einem benommenen, halbwachen Zustand und schwebte zwischen verwirrenden Traumfragmenten und Schmerz, als die Frau kam.
    Sie beugte sich in sein verschwommenes Blickfeld. »Wir nehmen jetzt den Schrittmacher heraus.« Ihre Stimme war deutlich und leise. Aus seinen Ohren waren die Schläuche verschwunden.
    Oder hatte er sie vielleicht nur geträumt? »Ihr neues Herz wird schlagen, und Ihre Lungen werden von selbst arbeiten.«
    Sie beugte sich über seine schmerzende Brust. Eine hübsche Frau vom elegant-intellektuellen Typ. Er bedauerte, daß er vor ihr nur in Kleister gekleidet war, doch es schien ihm, daß er einmal mit noch weniger Kleidung ausgekommen war. Wo und wie, daran konnte er sich nicht erinnern. Sie machte etwas an dem Klumpen, der wie der Spinnenkörper aussah; er sah, wie seine Haut sich in einem 452
    dünnen roten Schlitz teilte und dann wieder geschlossen wurde.
    Die Frau schien sein Herz herauszuschneiden, wie eine Priesterin aus alter Zeit, die ein Opfer bereitete, doch das konnte nicht sein, denn sein mühsames Atmen ging weiter. Sie hatte auf jeden Fall etwas herausgenommen, denn sie legte es auf ein Tablett, das ihr Assistent hielt.
    »Da.« Sie betrachtete ihn eingehend.
    Er betrachtete sie seinerseits. Mit einem Blinzeln befreite er seine Augen von der Salbe, die die Sicht verzerrte. Sie hatte glattes, seidiges schwarzes Haar, das auf ihrem Hinterkopf zu einem Knoten gebunden war. Ein paar feine Strähnen umschwebten ihr Gesicht. Goldene Haut, braune Augen mit der Andeutung einer epikanthischen Falte, stoppelige, eigensinnige Wimpern. Der Rücken ihrer Nase war elegant gebogen. Ein angenehmes, ursprüngliches Gesicht, das nicht chirurgisch in eine mathematisch perfekte Schönheit verwandelt worden war, sondern von einer wachen Spannung belebt wurde. Kein leeres Gesicht. Das Gesicht eines interessanten Menschen. Doch leider war dieser Mensch ihm nicht vertraut.
    Sie war groß und schlank und trug über anderen Kleidern einen blaßgrünen Laborkittel. »Frau Doktor«, versuchte er sie anzusprechen, aber wegen des Plastikschlauchs in seinem Mund kam nur ein undeutliches Gurgeln heraus.
    »Ich werde jetzt diesen Schlauch herausnehmen«, sagte sie zu ihm. Sie zog etwas Klebriges von seinen Lippen und Wangen ab –
    Klebeband? Noch mehr abgestorbene Haut ging damit ab. Sanft zog sie den Schlauch aus der Kehle. Er würgte. Es war, als erbräche er eine Schlange. Die Erleichterung, das Ding los zu sein, ließ ihn fast wieder ohnmächtig werden. Da war immer noch eine Art Schlauch – für Sauerstoff? –, der seine Nasenlöcher blockierte.
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    Er bewegte seinen Unterkiefer und schluckte zum erstenmal seit

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