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Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Vorkosigan 11 Spiegeltanz

Titel: Vorkosigan 11 Spiegeltanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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an?«
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    Es hatte keinen Sinn, so zu tun, als wüßte er nicht, was mit das gemeint war; die physischen Symptome seiner zwanghaften Esserei waren offensichtlich. Er kam sich wie ein Monstrum vor. Er wischte sich mit der Hand über das schweißnasse Gesicht. »Ich weiß es nicht. Ich glaube, die Hälfte dessen, was wir Verrücktheit nennen, ist nur der Versuch eines armen Trottels, dem Schmerz mit einer Strategie zu begegnen, die die Leute um ihn herum ver
    ärgert.«
    »Wie ist das, wenn man dem Schmerz damit begegnet, daß man sich neuen Schmerz zufügt?«, fragte sie vorwurfsvoll.
    Er versuchte zu lächeln und starrte, die Hände auf den Knien, auf den Boden. »Es liegt darin eine Art Faszination, die einen fesselt.
    Es lenkt einen von der Wirklichkeit ab. Überleg mal, wie sehr Zahnschmerzen deine Aufmerksamkeit beeinträchtigen.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Daran möchte ich lieber nicht denken, danke.«
    »Galen hat nur versucht, meine Beziehung zu meinem Vater zu verderben«, sagte er mit einem Seufzen, »aber dabei ist es ihm gelungen, meine Beziehung mit allem zu stören. Er wußte, er würde mich nicht mehr direkt kontrollieren können, sobald er mich auf Barrayar freigelassen hätte, deshalb mußte er mir Motivationen einbleuen, die andauern würden.« Leise fügte er hinzu: »Es kam als Bumerang auf ihn zurück. Denn in einem gewissen Sinn war auch Galen mein Vater. Mein Pflegevater. Der erste, den ich je hatte.« Der Graf war sich dessen bewußt gewesen. »Ich hatte so nach einer Identität gehungert, als die Komarraner mich auf Jackson's Whole abholten. Ich glaube, ich muß wie eines dieser Gänseküken gewesen sein, das eine Prägung auf eine Gießkanne oder so was hat, weil sie das erste Ding in der Größe eines Elternvogels ist, das es gesehen hat.«
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    »Du hast ein überraschendes Talent für Informationsanalyse«, bemerkte sie. »Das habe ich schon auf Jackson's Whole bemerkt.«
    »Ich?« Er blinzelte. »Bestimmt nicht!« Gewiß kein Talent, sonst hätte er ja bessere Ergebnisse erzielt. Doch trotz all seiner Frustrationen hatte er in seinem kleinen Raum beim Sicherheitsdienst diese verflossene Woche eine Art von Zufriedenheit empfunden.
    Die Heiterkeit einer Mönchszelle, verbunden mit der Herausforderung dieses Universums an Daten … auf seltsame Weise erinnerte es ihn an die friedlichen Zeiten mit den virtuellen Lernprogrammen, damals in seiner Kindheit im Klon-Internat. An jene Zeit, als niemand ihn verletzt hatte.
    »Die Gräfin meint das auch. Sie möchte dich sprechen.«
    »Was, jetzt?«
    »Sie hat mich geschickt, dich zu holen. Aber zuerst mußte ich über meine Sache reden. Bevor es noch später wird und ich keine Chance mehr habe. Oder nicht mehr den Nerv dazu.«
    »Okay. Dann werde ich mich mal zusammenreißen.« Er war sehr froh, daß am Abend kein Wein serviert worden war. Er zog sich in sein Bad zurück, wusch sich das Gesicht mit dem kältesten Wasser, schluckte ein paar Schmerztabletten und kämmte sich die Haare.
    Er zog eine Jacke im Hinterwäldlerstil über sein dunkles Hemd und folgte Bothari-Jesek auf den Korridor.
    Sie brachte ihn zum Studierzimmer der Gräfin, einem ruhigen und schmucklosen Raum mit Ausblick auf den hinteren Garten, direkt neben ihrem Schlafzimmer. Ihrem und ihres Gatten Schlafzimmer.
    Mark warf einen Blick in das dunkle Innere, es ging eine Stufe hinab und durch einen Türbogen. Die Abwesenheit des Grafen erschien fast körperlich greifbar.
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    Die Gräfin saß an ihrer Komkonsole. Es handelte sich nicht um ein gesichertes Regierungsmodell, nur um eine sehr teure kommerzielle Variante in einem Rahmen aus schwarzem Holz, das mit Perlmutt-Intarsien von Blüten verziert war. Die Vid-Scheibe generierte das Bild eines geplagt wirkenden Mannes. Die Gräfin sagte scharf: »Nun, dann finden Sie die Arrangements heraus! Ja, heute abend, jetzt noch. Und dann melden Sie sich wieder bei mir.
    Danke.« Sie drückte die Aus-Taste und drehte sich zu Mark und Bothari-Jesek herum.
    »Hast du nach einem Ticket nach Jackson's Whole gefragt?«, fragte er zitternd und gegen alle Hoffnung.
    »Nein.«
    »Ach so.« Natürlich nicht. Wie konnte sie ihn gehen lassen? Er war ein Narr. Es war nutzlos, zu meinen …
    »Ich habe nach einem Schiff für dich gefragt. Wenn du dorthin gehst, dann brauchst du viel mehr Ungebundenheit und Beweglichkeit, als die kommerzielle Beförderung nach Flugplan dir geben kann.«
    »Ein Schiff kaufen?«, fragte er verdutzt. Und er hatte gedacht,

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