Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
Gregor im Sinn hatte; Alys hätte sich nie dazu herabgelassen, Kupplerin zu spielen. »Machen sich da die Vor-Lords vom konservativen Flügel nicht vor Angst in die Hosen?
Ganz zu schweigen von den verbliebenen radikal-revolutionären Komarranern. Die scheißen sich doch erst recht ein.« »Bitte bei Tisch keine Kasernensprache, Miles. Aber um deine Fragen zu beantworten … vielleicht. Der zentristischen Koalition wird es allerdings gefallen. Oder man könnte sie dazu überreden.« »Du? Oder ihre Frauen durch dich, meinst du? Billigst du das?« Sie kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Wenn man alles in allem nimmt … ja, ich glaube schon. Da deine Mutter sich auf diesem Gebiet nicht betätigen wollte, war ich die letzten zehn Jahre für Gregors Suche nach einer Braut zuständig. Und das war eine frustrierende Aufgabe. Ich meine damit, er saß immer nur da und starrte mich mit diesem schrecklichen, trübseligen Ausdruck im Gesicht an, der besagte: Warum tust du mir all das an? Ich glaube, ich habe jede große, schlanke Vor-Schönheit dieses ganzen Planeten vor ihm vorbeiparadieren lassen und dabei ihr Leben und den Alltag ihrer Familie durcheinandergebracht; ich habe Dutzende von Lebensläufen präsentiert … nichts hat funktioniert.
Gregor ist noch frustrierender als Ivan, das kann ich dir schwören, und Ivan hat so viele gute Chancen vergeben … Ein gewisser ungenannter Schlauberger oder Halbschlauberger hat mir sogar zugeflüstert, ich solle es einmal mit Jungen versuchen, doch ich habe darauf hingewiesen, daß dies das Problem mit dem Erben nicht lösen würde, was ja der Sinn der ganzen Übung ist.« »Nicht ohne eine Menge noch nie dagewesener gentechnischer Eingriffe«, stimmte Miles zu. »Nein, keine Jungen, nicht bei Gregor. Aber auch keine Vor. Da bin ich schon vor Jahren darauf gekommen – ich wünschte, du hättest mich gefragt. Gregor ist noch enger mit Kaiser Yuri dem Wahnsinnigen verwandt als ich.
Und … äh … er weiß mehr über seinen Vater, den verstorbenen, unbeweinten Kronprinzen Serg, als meiner Meinung nach meinen Eltern lieb ist. Er hatte diese historisch wohlbegründete genetische Paranoia über – na ja – Paranoia. Und über die Inzucht der Vor. Er würde sich nie in eine Vor verlieben.« Alys’ feine dunkle Augenbrauen zuckten. »Auf die Sache mit den Vor bin ich am Ende selbst gekommen. Und damit vor einem Dilemma gestanden, wie du dir vorstellen kannst.« »Also … was sieht er in Dr. Toscane, was meinst du? Das heißt, außer Intelligenz, Schönheit, eine nette Persönlichkeit, ei nem guten Sinn für Humor, gesellschaftlicher Eleganz, Reichtum und Vor-fremden Genen?« Alys stieß einen wenig damenhaften Schnaufer aus. »Ich glaube, es ist sogar einfacher und elementarer, obwohl ich bezweifle, daß Gregor sich dessen bewußt ist. Nicht, daß ich deine Mutter mit einem ihrer nervenden psychoanalytischen Schnellschüsse nach betanischer Art nachahmen möchte, aber … Gregors Mutter wurde ermordet, als er fünf Jahre alt war.« Ihre roten Lippen zuckten kurz in altem Schmerz; Lady Alys hatte Prinzessin Kareen damals gut gekannt. »Schau dir Dr. Toscanes Figur an. Sie ist … mütterlich. Nirgendwo ein Knochen zu sehen. Wieviel Zeit habe ich damit verschwendet, große, schlanke Schönheiten an ihm vorbeizutreiben, wo ich doch kleine, mollige Schönheiten hätte zusammenbringen sollen. Ich könnte heulen.« Statt dessen aß sie jedoch ein ansehnliches Stück Cremetorte.
Miles räusperte sich unbestimmt. Gregor und Laisa umrundeten eine Ecke, wandten sich von den Sitzenden ab und gingen einen Parkweg mit kunstvoll beschnittenen Eiben entlang. Gregor schritt groß und hager neben Laisas Steigbügel, gestikulierte angeregt, lächelte und redete. Laisa beugte sich halb zu ihm über den Sattelbug. Ihre Augen leuchteten, sie hatte die Lippen geöffnet und lauschte von … ganzem Herzen, wie Miles fürchtete.
»Also, Miles«, fuhr Alys fort, und ihre Stimme klang nun kühler, »erzähl mir von deinem Hauptmann Galeni. Mir ist nicht klar, wie er in die ganze Sache hineinpaßt.« »Er ist nicht mein Hauptmann«, erwiderte Miles, »er ist Gregors Hauptmann.« »Aber Ivan zufolge ist er dein Freund.« »Ivan hat mit ihm länger zusammengearbeitet als ich.« »Du weichst meiner Frage aus. Ich habe das Gefühl, daß dies wichtig ist oder wichtig sein könnte. Es ist ebenso sehr meine Aufgabe, häusliche Katastrophen von Gregor abzuwenden, wie Simons, Sicherheitskatastrophen zu
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