Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
Worten, über die er verfügte, seine wichtigste Sorge zum Ausdruck: »Welchen Status wird die Dendarii-Flotte jetzt haben?« »Das wird wohl von ihrer neuen Kommandeurin abhängen.
Wie sehr wird Quinn diese Rolle übernehmen wollen?« Also plante Gregor nicht, alle von Miles’ kreativen Errungenschaften einseitig aufzugeben. Miles seufzte innerlich erleichtert und wählte seine nächsten Worte sehr vorsichtig. »Sie wäre eine Närrin, wenn sie unsere – ihre – kaiserlichen Honorare über Bord werfen würde. Und sie ist keine Närrin. Ich sehe keinen Grund, warum die Flotte unter ihr nicht auch weiterhin die gleiche Ressource für den KBS sein kann wie unter mir.« »Ich bin bereit zu warten und zu sehen, wie es funktioniert. Zu sehen, ob sie die entsprechenden Erfolge liefern kann. Oder nicht.« Gott helfe dir, Quinn. Aber die Dendarii konnten immerhin des Kaisers eigene Truppe bleiben, selbst ohne Miles, ja, das war der wichtige Punkt. Sie mußten nicht aufgegeben werden. »Quinn war fast ein Jahrzehnt lang mein Lehrling. Sie ist Mitte dreißig, auf dem Gipfel ihrer Leistungsfähigkeit. Sie ist kreativ, sie ist entschlossen, und sie reagiert in Notfällen erstaunlich rationell, und von denen hat sie in meinem Gefolge ja schon ziemlich viele erlebt. Wenn sie nicht bereit ist aufzusteigen … dann bin ich nicht der Kommandeur, für den ich mich gehalten habe.« Gregor nickte kurz. »Sehr gut.« Er holte Luft und wechselte fast sichtbar die Richtung; sein Gesicht hellte sich auf. »Willst du mir beim Essen Gesellschaft leisten, Lord Vorkosigan?« »Ich weiß die Geste zu schätzen, Gregor. Aber muß ich bleiben?« »Ich möchte dich mit jemandem zusammenbringen. Oder besser, mit jemandem, den du beobachten solltest.« Er legt immer noch Wert auf meine Meinung? »Mein Urteil war in letzter Zeit nicht mehr so toll.« »Ach … da fällt mir ein … hast du deinen Eltern schon davon erzählt?« »Nein …« Einen Moment lang herrschte düsteres Schweigen.
»Das ist deine Sache«, sagte Gregor schließlich mit Nachdruck.
»Das bestreite ich nicht.« »Kümmere dich schleunigst um deine medizinische Behandlung, Miles. Ich bin bereit, das zu einem kaiserlichen Befehl zu machen, falls nötig.« »Nicht … nötig, Majestät.« »Gut.« Gregor erhob sich; notgedrungen stand Miles auch auf.
Sie waren schon auf halbem Weg zur Tür, als Miles ein leises »Gregor?« hervorbrachte.
»Ja …?« »Es tut mir leid.« Gregor zögerte, dann antwortete er mit einem fast unmerklichen Nicken. Sie gingen zusammen weiter.
In einem grasbewachsenen Winkel im Südlichen Garten war – umschlossen von Bäumen und blühenden Sträuchern – unter einem gefransten Sonnendach aus Musselin ein Tisch für vier Personen gedeckt worden. Das Wetter spielte mit, die Herbstsonne warf einen gesprenkelten Schatten, der sanfte Hauch einer Brise sorgte für perfekte Kühlung. Die Geräusche der sie umgebenden Stadt wirkten gedämpft und fern, als befände sich der Garten in einer Traumwelt. Miles setzte sich leicht beunruhigt links von Gregor nieder und beäugte das Arrangement. Gewiß hat er nicht vor, mich damit zu ehren. Das wäre zu diesem Zeitpunkt reiner Spott. Gregor winkte den übereifrigen Diener in Livree, der eine Auswahl an Aperitifs anbot, noch einmal fort; offensichtlich warteten sie noch auf jemanden.
Die Antwort erschien gleichzeitig mit Lady Alys Vorpatril, die für eine Vor-Dame am Nachmittag sehr korrekt in einen blauen Bolero und einen mit Silber paspelierten Rock gekleidet war, der – absichtlich? – die Silberfäden in ihrem dunklen Haar hervorzuheben schien. Sie begleitete Dr. Laisa Toscane, die geschmackvoll und elegant in einem komarranischen Hosenanzug erschien.
Diener eilten herbei, um die Damen zu ihren Plätzen zu geleiten, dann zogen sie sich diskret wieder zurück.
»Guten Tag, Dr. Toscane«, sagte Miles, als man Grüße austauschte. »Hier trifft man sich wieder. Das ist dann wohl Ihr zweiter Ausflug in die Residenz?« »Mein vierter.« Sie lächelte. »Gregor war so freundlich, mich letzte Woche zu einem Arbeitsessen mit Minister Racozy und einigen Leuten seines Hauses einzuladen, wobei ich die Gelegenheit hatte, einige der Ansichten meiner Handelsgruppe vorzutragen. Und dann gab es einen zeremoniellen Empfang für einige in Pension gehende Distriktsbeamte, und der war schlicht faszinierend.« Gregor? Miles warf Alys Vorpatril, die links neben ihm saß, einen Blick zu, den sie sehr sanft erwiderte.
Die Diener
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