Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
verhindern, oder wie es deines Vaters Aufgabe war – und jetzt vermutlich Minister Racozys Job ist –, politische Desaster zu umschiffen. Simons KBS-Bericht behauptet, Galeni und Dr. Toscane seien kein Liebespaar.« »Ich … nein. Ich glaube es auch nicht. Allerdings hat er sie umworben. Deshalb hatte ich sie überhaupt zu dem kaiserlichen Staatsdiner eingeladen. Um ihm zu helfen.« Miles’ kaiserlicher Imbiß wurde ihm schwer im Magen.
»Aber sie sind nicht formell verlobt?« »Ich glaube nicht.« »Hatten sie über eine Heirat gesprochen?« »Ich weiß es nicht. So vertraut bin ich nicht mit Galeni, weißt du. Wir haben nur … zusammengearbeitet, wurden einmal durch Zufall in dem Durcheinander mit Mark auf der Erde zusammengeworfen, später durch einen Auftrag während einer KBS-Untersuchung eines gewissen häßlichen Vorfalls auf Komarr. Ich glaube, Galeni dachte schon an Heirat, ja. Aber er ist ein sehr verschlossener Mann – aus einer Menge triftiger Gründe. Ich glaube, der Versuch, Laisa näherzukommen, ist ihm schwergefallen. Nicht wegen dem, was sie ist, sondern wegen dem, wie er ist, oder wozu er sich gemacht hat. Langsam, besonnen und vorsichtig.« Lady Alys klopfte mit einem langen, lackierten Fingernagel auf das mit Spitzen besetzte Tischtuch, das an ihrem Platz nicht von Krümeln oder Tropfen verunziert war. »Ich muß es wissen, Miles. Ist Hauptmann Galeni möglicherweise ein Problem in dieser Sache? Ich möchte keine Überraschungen mehr erleben.« »Was meinst du mit Problem? Ein Problem sein oder ein Problem machen?« In Alys’ sanft modulierte Stimme kam etwas Schärfe. »Genau das möchte ich dich fragen.« »Ich … weiß es nicht. Ich glaube, er könnte verletzt sein. Es tut mir leid.« Galeni würde sehr verletzt sein, das war sicher. Ach Gott, Duv … das hatte ich nicht für Sie vorgehabt. Tut mir leid, tut mir leid, heute ist es an mir, ein jämmerlicher Trottel zu sein, schon recht.
»Nun, letztlich ist es ja Laisas Entscheidung«, bemerkte Alys klug.
»Wie kann der arme Galeni mit dem Kaiser konkurrieren?« Sie warf ihm einen leicht mitleidigen Blick zu. »Wenn sie Galeni liebt … dann gibt es keine Konkurrenz. Wenn nicht … dann gibt es kein Problem. Stimmt’s?« »Ich glaube, mir tut der Kopf weh.« Lady Alys schürzte die Lippen, als stimmte sie ihm insgeheim zu; doch ihr Gesichtsausdruck kehrte zu seiner gewöhnlichen angenehmen Ruhe zurück, als Gregor und die Ponyshow sich ihnen wieder näherten. Gregor half Laisa herunter, wobei er etwas zustandebrachte, was einer Umarmung gefährlich nahekam.
Er übergab das Pferd wieder seinem Betreuer, und ein weiterer Diener brachte silberne Waschbecken für das Paar, um sich etwa vorhandene Pferdespuren von den Händen zu waschen. Eine überflüssige Geste: das Tier war ganz gewiß heute morgen fast zu Tode gebürstet worden. Miles hätte nicht gezögert, seinen Lunch von den glänzenden Hinterbacken der Stute zu essen.
Alys schaute demonstrativ auf ihr Chrono. »Es tut mir leid, wenn ich diesen wunderbaren Nachmittag abbrechen muß, Gregor, aber dein Treffen mit Graf Vortala und Minister Vann ist schon in zwanzig Minuten.« »Oh«, sagte Laisa und erhob sich mit rosafarbenen Wangen und Gewissensbissen von dem Stuhl, auf den sie sich gerade wieder gesetzt hatte. »Ich halte Sie von Ihrer Arbeit ab.« »Nicht, wenn Lady Alys hier mich daran erinnert«, gab Gregor mit einem Glitzern in den Augen zurück, worauf Alys’ Lächeln etwas dünn wurde. Doch Gregor erhob sich gehorsam und beugte sich über Laisas Hand – wollte er …? Ja, er wollte sie küssen.
Genaugenommen drehte er Laisas Hand um und fuhr mit den Lippen über ihre Innenhand. Miles verschränkte die Arme, legte die Hand auf den Mund und biß sich in die Zunge. Laisa schloß ihre Hand über der geküßten Stelle wie eine Frau, die einen Schmetterling gefangen hat, und lächelte. Eigentlich grinste sie.
Gregor grinste zurück und wirkte erheitert. Alys räusperte sich.
Miles biß sich noch fester auf die Zunge. Gregor und Laisa tauschten einen langen und bemerkenswert idiotischen Blick.
Schließlich mischte sich Alys ein, nahm Laisa bei der Hand und führte sie fort, wobei sie munter etwas über einen Rundgang durch die unteren Salons zur Besichtigung der Intarsienpaneele entlang des Wegs sagte.
Gregor warf sich halb seitlich in seinen Sessel, hängte ein gestiefeltes Bein über die Armlehne und ließ es baumeln. »Na, was hältst du von ihr?« »Von Dr. Toscane?«
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