Vorkosigan 12 Viren des Vergessens
»Ich habe dich nicht nach deiner Meinung über deine Tante Alys gefragt.« Miles studierte Gregors erwartungsvolles Lächeln. Nein … dieser Mann bat nicht um eine Kritik. »Schön.« »Nicht wahr?« »Sehr intelligent.« »Brillant. Ich wünschte, du hättest bei der Begegnung mit Racozys Stab dabeisein können. Ihre Präsentation war ein Exempel an Klarheit.« Zweifellos hatte jeder Experte, über den die Handelsvereinigung verfügte, die ganze Nacht mit der Vorbereitung zugebracht … doch Miles hatte selbst seinerzeit ein paar Stabsbesprechungen abgehalten. Er hatte Achtung vor der harten Arbeit, die dazu gehörte. Doch Gregor wollte nicht so sehr Miles’ Meinung hören, sondern er bat um eine Bestätigung seiner eigenen.
Ich war nie ein Jasager.
»Sehr patriotisch«, plapperte Gregor weiter, »auf genau die vorwärts blickende, kooperative Art und Weise, die dein Vater immer auf Komarr zu ernten gehofft hatte.« »Jawohl, Majestät.« »Sie hat schöne Augen.« »Jawohl, Majestät«, seufzte Miles. »Sehr … hm … blaugrün.« Warum tut er mir das an? Vielleicht, weil Graf und Gräfin Vorkosigan nicht hier waren. Er benutzte Miles als Vertreter von dessen Eltern, die schließlich auch die Pflegeeltern des verwaisten Gregor waren. Herrgott, wie würden sie darauf reagieren?
»Schlagfertig …« »Jawohl, Majestät, sehr schlagfertig.« »Miles?« »Ja, Majestät?« »Hör damit auf.« »Ähem.« Miles versuchte erneut den Trick mit dem Auf-die— Zunge-Beißen.
Gregor hörte auf mit dem Stiefel zu wippen; sein Gesicht wurde ernster, verschattet. »Ich habe schreckliche Angst.« »Vor einer Zurückweisung? Ich bin kein solcher Experte für Frauen, wie Ivan einer zu sein behauptet, aber … alle vorläufigen Zeichen sehen für mich wie grünes Licht aus.« »Nein. Vor … dem, was später geschehen könnte. Dieser Job könnte mein Tod sein. Und derer, die mir am nächsten sind.« Prinzessin Kareens Schatten, nicht die launische Brise, war schuld an der kühlen Luft. Vielleicht hatte man ebenso wegen der Zweifel an Gregors geistiger Gesundheit den Nordflügel, wo sie gestorben war, völlig niedergebrannt und frei von Gespenstern wiederaufgebaut.
»Gewöhnliche Männer und Frauen … sterben jeden Tag. Aus allen möglichen Gründen, von willkürlichen Zufällen bis hin zur unerbittlichen Zeit. Der Tod ist kein kaiserliches Monopol.« Gregor schaute ihn an. »Das ist er nicht«, sagte er leise. Er nickte nachdrücklich, als hätte Miles soeben etwas Nützliches gesagt. Was denn?
Miles versuchte das Thema zu wechseln. »Worum geht es denn bei deinem Treffen mit Vortala und Vann?« »Ach, um das übliche. Ihr Kaiserliches Landzuteilungs— Komitee will Begünstigungen für Freunde haben. Ich will, daß ihre Freunde Beweise für kompetente Nutzungspläne vorlegen.« »Aha.« Das waren alles Angelegenheiten des Südkontinents, ohne unmittelbares Interesse für den Distrikt der Vorkosigans.
Miles fragte sich, ob er dem Bevollmächtigten seines Vaters einen Tip geben sollte, daß dies die ideale Woche für Lobbying um Vergünstigungen für den Distrikt sei. In seinem gegenwärtigen Zustand träumerischer Idiotie und erotischer Umnebelung würde Gregor, vom Liebespfeil getroffen, vielleicht alles mögliche gewähren. Nein … es war für das Kaiserreich besser, wenn man diese zeitweilige Geistesstörung als Staatsgeheimnis behandelte.
Die Ehe würde Gregor schnell genug heilen.
Eine Kaiserin aus Komarr. Du lieber Himmel! Was für ein Alptraum für den KBS. Illyan würde wirklich den Schlaganfall bekommen, mit dem er schon seit Jahren gedroht hatte. »Hast du Illyan schon diesbezüglich gewarnt?« »Ich dachte, ich würde Lady Alys beauftragen, ihn davon in Kenntnis zu setzen, falls mir die Lage hoffnungsvoll erscheint.
Ziemlich bald. Lady Alys scheint sich das zu ihrer Aufgabe gemacht zu haben.« »Sie ist die beste Verbündete und Vermittlerin, die du nur haben kannst. Benimm dich, und du wirst sie auf deiner Seite haben. Aber hast du dir auch die politischen Weiterungen dieser … Heirat durchdacht?« Zum erstenmal hatte jemand dieses Wort laut ausgesprochen, wie Miles sofort klar wurde.
»Ich habe in der vergangenen Woche über nichts anderes nachgedacht. Es könnte eine gute Sache werden, weißt du, Miles.
Ein Symbol der Einheit des Kaiserreiches und so weiter.« Es war wahrscheinlicher, daß die komarranische Untergrundbewegung dies zu einem Symbol der erneuten Unterdrückung Komarrs durch Barrayar
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