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Vorsatz und Begierde (German Edition)

Vorsatz und Begierde (German Edition)

Titel: Vorsatz und Begierde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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gelebt.«
    »Aber womit? Woher willst du das Geld nehmen?«
    »Wenn du gehst, kann ich Sozialhilfe beanspruchen, nicht? Wenn sie dann ihre Schnüffler herschicken, macht es nichts. Sie können nicht behaupten, daß ich mit dir penne, wenn du gar nicht da bist. Außerdem habe ich noch was auf meinem Postsparkonto.«
    Die beiläufige Grausamkeit dieses Vorschlags entsetzte ihn. Angewidert registrierte er den Anflug von Selbstmitleid in seiner Stimme, den er nicht unterdrücken konnte. »Willst du wirklich, daß ich weggehe, Amy?«
    »Red keinen Unsinn! Ich habe nur Spaß gemacht. Ehrlich, Neil, du solltest dich nicht so anstellen! Du siehst immer gleich schwarz. Vielleicht kommt es gar nicht zu der Verleumdungsklage.«
    »Es kommt dazu, wenn die Robarts sie nicht zurückzieht. Sie haben doch schon den Prozeßtermin festgesetzt.«
    »Sie könnte sie zurückziehen, sie könnte aber auch sterben. Vielleicht ertrinkt sie, wenn sie wieder mal abends nach den 21-Uhr-Nachrichten schwimmt, was sie bis in den Dezember hinein regelmäßig tut.«
    »Woher weißt du das? Woher weißt du, daß sie nachts im Meer schwimmt?«
    »Von dir.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, daß ich dir das gesagt habe.«
    »Dann war’s jemand anders. Einer von den Stammgästen im Local Hero vielleicht. Schließlich ist es kein Geheimnis, oder?«
    »Sie ertrinkt schon nicht. Sie ist eine gute Schwimmerin. Sie geht kein Risiko ein. Außerdem wünsche ich ihr den Tod nicht. Man kann nicht Liebe predigen und Haß im Herzen tragen.«
    »Ich kann’s. Ich könnte ihr den Tod wünschen. Vielleicht schnappt sie der Whistler. Oder du gewinnst den Prozeß, und sie muß blechen. Wäre das nicht komisch?«
    »Das ist höchst unwahrscheinlich. Als ich letzten Freitag in Norwich war, habe ich einen Anwalt vom Bürgerberatungskomitee konsultiert. Er meinte, die Sache sei ernst; sie könnte mich verklagen. Ich solle mir einen Anwalt nehmen, riet er mir.«
    »Dann nimm dir einen!«
    »Womit denn? Anwälte kosten Geld.«
    »Beanspruche Armenrecht! Bitte in deinem Info-Brief um Spenden!«
    »Das kann ich nicht. Die Herausgabe des Info-Briefes ist bei den hohen Materialkosten und Postgebühren ohnehin schon schwierig.«
    »Mir wird schon was einfallen«, erwiderte Amy unerwartet ernsthaft. »Wir haben ja noch vier Wochen Zeit. In vier Wochen kann vieles geschehen. Mach dir keine Sorgen, Neil! Es wird schon wieder. Zu der Verleumdungsklage kommt es nicht, das verspreche ich dir.«
    Und so unsinnig es auch war, ihre Worte schenkten ihm Zuversicht und Trost.

7
    Es war 18 Uhr. Im AKW von Larksoken ging die allwöchentliche Sitzung der Abteilungsleiter zu Ende. Sie hatte eine halbe Stunde länger als üblich gedauert. Dr. Alex Mair vertrat zwar den Standpunkt, daß nach einer dreistündigen Konferenz Beiträge von Belang kaum noch zu erwarten seien (eine solch lange Dauer wußte er sonst auch durch straffe Diskussionsleitung zu verhindern), aber diesmal hatten sie viel zu besprechen gehabt: die endgültige Fassung der revidierten Sicherheitsbestimmungen; die Umbildung der bisherigen Werksstruktur von sieben zu nur drei Abteilungen, nämlich Systemtechnik, Produktion und Ressourcen; den Umweltbericht des Prüflabors; und die vorläufigen Diskussionspunkte für das örtliche Verbindungskomitee. Auch die alljährliche Werksbesichtigung, eine aufwendige, wenngleich nützliche PR-Aktion, mußte sorgsam vorbereitet werden, da daran Vertreter verschiedener Regierungsstellen, der Lokalbehörden, der Polizei, der Feuerwehr, des Amtes für Gewässerschutz, des nationalen Bauernverbandes und des Landbesitzerverbandes teilnahmen. Auch wenn Dr. Mair zuweilen die Arbeit und den Zeitaufwand verwünschte, so war ihm doch die Bedeutung dieser Veranstaltung bewußt.
    Die allwöchentliche Besprechung fand am Konferenztisch vor dem Südfenster in seinem Büro statt. Es dunkelte schon. Die große Glasfläche war ein schwarzes Rechteck, das ihre Gesichter widerspiegelte, ähnlich den verzerrten, körperlosen Köpfen von Reisenden in einem hellerleuchteten Nachtzug. Er konnte sich denken, daß einige Abteilungsleiter, zumindest Chefingenieur Bill Morgan und Stephen Mansell, der Leiter der Wartungsabteilung, die lässigere Atmosphäre in seinem Privatzimmer nebenan vorgezogen hätten, die niedrigen, bequemen Sessel, einen geruhsamen Plausch ohne festen Themenkreis, danach vielleicht noch einen Umtrunk im nächsten Pub. Doch das war nicht sein Stil im Management. Er klappte den Deckel des

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