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Vorsatz und Begierde

Vorsatz und Begierde

Titel: Vorsatz und Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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übrigens mit Auszeichnungen überstanden hat – einen Haufen Geld gemacht. Einer von diesen Burschen mit Blick für die große Chance, bei der es sich in diesem Fall um Plastik handelte. Müssen herrliche Zeiten gewesen sein für helle Jungens, die Fünfziger und Sechziger. Hilary war sein einziges Kind. Er hat sein Vermögen im Handumdrehen gemacht und es ebenso schnell wieder verloren. Aus den üblichen Gründen: Extravaganz, demonstrative Großzügigkeit, Weiber, Geld verplempern, als drucke er es selbst, die Überzeugung, das Glück werde ihm wider jede Logik treu bleiben. Er konnte von Glück sagen, daß er nicht im Knast gelandet ist. Das Betrugsdezernat hatte eine hübsche kleine Anklage gegen ihn zusammengetragen und hätte ihn binnen weniger Tage verhaftet, wenn er nicht seinen Herzanfall gekriegt hätte. Sank bei Simpson’s vornüber auf seinen Lunchteller, genauso tot wie die Ente, die er gerade verspeist hatte. Muß ziemlich schwierig für Hilary gewesen sein; eben noch Daddys kleines Mädchen, für das nichts gut genug war, und im nächsten Moment Schimpf und Schande, Tod, Armut.«
    »Relative Armut«, korrigierte ihn Dalgliesh, »aber das ist Armut ja wohl immer. Sie haben fleißig Schulaufgaben gemacht.«
    »Einiges, aber nicht sehr viel, haben wir von Mair, anderes mußten wir ausgraben. Die Londoner Stadtpolizei hat uns sehr geholfen. Ich habe mit Wood Street gesprochen. Bisher war ich eigentlich der Ansicht, daß nichts unwichtig ist, was das Opfer angeht, inzwischen aber frage ich mich allmählich, ob all das Ausgraben nicht reine Zeitverschwendung ist.«
    »Es ist die einzig sichere Arbeitsmethode«, versicherte Dalgliesh. »Das Opfer stirbt, weil es so ist, wie es ist.«
    »›Und wenn man das Leben versteht, versteht man den Tod.‹ Der alte Blanco White – erinnern Sie sich? – pflegte uns das einzuhämmern, als ich noch ein junger Constable war. Und was hat man schließlich in der Hand? Ein Chaos von Fakten wie ein umgekippter Papierkorb, die sich keineswegs zu einem Menschen zusammenfügen. Und bei diesem Opfer sind die Ergebnisse so gering. Hilary Robarts reiste mit leichtem Gepäck. Es gab wenig Interessantes in ihrem Cottage, kein Tagebuch, keine Briefe außer einem an ihren Anwalt, in dem sie einen Termin am nächsten Wochenende vorschlug und ihm mitteilte, sie beabsichtige zu heiraten. Wir haben ihn natürlich aufgesucht. Er kennt den Namen des Mannes nicht, genausowenig wie alle anderen, inklusive Mair. Außer einer Kopie ihres Testaments haben wir sonst keine wichtigen Papiere gefunden. Und an dem ist überhaupt nichts Aufregendes. Sie hat alles Alex Mair hinterlassen, niedergelegt mit zwei nüchternen Sätzen im Juristenjargon. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Mair sie für zwölftausend Pfund auf einem Sonderrückstellungskonto der Nat-West und ein praktisch baufälliges, vermietetes Cottage umbringen würde. Abgesehen von diesem Testament und jenem einen Brief nur die üblichen Bankauszüge, quittierte Rechnungen, alles beinah zwanghaft ordentlich. Man könnte fast denken, sie wußte, daß sie sterben würde, und hatte ihre Angelegenheiten geregelt. Übrigens keine Zeichen für eine kürzliche Durchsuchung. Wenn es in diesem Cottage etwas gab, das der Mörder suchte, und er hat das Fenster eingeschlagen, um es sich zu holen, hat er seine Spuren sehr geschickt verwischt.«
    »Wenn er das Fenster einschlagen mußte, um ins Haus zu kommen, handelte es sich vermutlich nicht um Dr. Mair«, wandte Dalgliesh ein. »Mair wußte, daß sie den Schlüssel im Medaillon bei sich trug. Er hätte ihn an sich nehmen, benutzen und wieder zurücklegen können. Dabei hätte er zusätzlich riskiert, Beweise am Tatort zu hinterlassen, und manche Mörder mögen nicht noch einmal zum Leichnam zurückkehren. Andere treibt es natürlich zwanghaft dazu. Aber wenn Mair den Schlüssel genommen hätte, hätte er ihn, ohne Rücksicht auf das Risiko, wieder zurücklegen müssen. Ein leeres Medaillon hätte ihn sofort verraten.«
    »Cyril Alexander Mair«, sinnierte Rikkards, »aber das Cyril hat er fallenlassen. Vermutlich findet er, daß Sir Alexander Mair besser klingt als Sir Cyril. Was hat er gegen Cyril? Mein Großvater hieß auch Cyril. Ich habe etwas gegen Menschen, die nicht ihren Eigennamen benutzen. Sie war übrigens seine Geliebte.«
    »Hat er Ihnen das gesagt?«
    »Mußte er wohl mehr oder weniger, nicht wahr? Die beiden waren sehr diskret, aber ein oder zwei der höheren Angestellten

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