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Vorsatz und Begierde

Vorsatz und Begierde

Titel: Vorsatz und Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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alle Einzelheiten präzise kopierte, konnte er hoffen, dem Whistler den Mord anhängen zu können. Wenn Sie nicht beweisen können, daß Theresa ihrem Vater sowohl von den Haaren als auch von dem Lförmigen Schnitt erzählt hat, steht Ihre Theorie auf wackligen Beinen. Ich möchte sogar bezweifeln, daß sie überhaupt Chancen hat, bewiesen werden zu können. Außerdem dachte ich, Oliphant hätte gesagt, daß Blaney nicht nur von Miss Mair ein Alibi bekommen hätte, die sagte, er sei betrunken und um Viertel vor 9 zu Hause gewesen, sondern auch von seiner Tochter. Hat die nicht ausgesagt, daß sie um Viertel nach 8 zu Bett und kurz vor 9 noch einmal hinuntergegangen ist, um sich ein Glas Wasser zu holen?«
    »Das hat sie gesagt, Mr. Dalgliesh. Aber ich sage Ihnen, dieses Kind würde jede Version bestätigen, die ihr Dad uns aufzutischen beliebt. Und das Timing ist verdächtig präzise. Die Robarts stirbt um zwanzig nach 9 oder so. Theresa Blaney geht um Viertel nach 8 zu Bett und braucht äußerst günstig eine Dreiviertelstunde später ein Glas Wasser. Ich wünschte, Sie hätten sie sehen können, sie und das Cottage. Aber Sie haben sie ja gesehen. Zwei Polizistinnen vom Jugenddezernat waren mit mir dort und haben sie so behutsam behandelt wie ein Baby. Nicht etwa, daß das nötig gewesen wäre. Wir saßen alle gemütlich am Kamin, und sie hielt den Kleinen auf dem Schoß. Haben Sie jemals versucht, ein Kind zu vernehmen, um seinen Vater als Mörder zu entlarven, während es dasitzt, Sie mit riesigen Augen vorwurfsvoll anstarrt und ein Baby in den Armen wiegt? Ich machte den Vorschlag, den Kleinen einer der Polizistinnen zu übergeben, aber sobald die ihn zu nehmen versuchte, fing er lauthals an zu brüllen. Auch zu seinem Dad wollte er nicht. Man könnte meinen, Theresa hätte das mit ihm verabredet. Und Ryan Blaney war natürlich auch die ganze Zeit dabei. Man darf kein Kind vernehmen, ohne daß ein Elternteil dabei ist, solange die Eltern darauf bestehen. Großer Gott, wenn ich jemanden für diesen Mord verhafte – und das werde ich, Mr. Dalgliesh, diesmal werde ich das bestimmt –, hoffe ich nur, daß es nicht Ryan Blaney ist. Diese Kinder haben schon genug verloren. Aber er hat das überzeugendste Motiv, und er hat die Robarts gehaßt. Ich glaube kaum, daß er diesen Haß verbergen könnte, selbst wenn er es versuchen sollte, aber er hat’s ja nicht einmal versucht. Und nicht nur, weil sie ihn aus Scudder’s Cottage vertreiben wollte. Nein, das geht tiefer. Ich weiß nicht, was der eigentliche Grund für diesen Haß ist. Möglicherweise hat es mit seiner Frau zu tun. Aber ich werde es feststellen. Er ließ die Kinder im Haus zurück, während er uns zu den Wagen hinausbegleitete. Zu guter Letzt sagte er noch: ›Sie war ein bösartiges Weib, aber ich habe sie nicht umgebracht, und Sie können mir nichts beweisen.‹
    Und die Einwände sind mir bekannt. Jago sagt, er hat ihn um halb 8 angerufen, um ihm zu sagen, daß der Whistler tot ist. Er hat mit Theresa gesprochen, und die Kleine sagt, daß sie es ihrem Dad mitgeteilt hat. Kein Grund, warum sie’s ihm nicht mitteilen sollte. Ich glaube, wir können annehmen, daß sie’s tatsächlich getan hat. Solange der Whistler noch lebte und auf der Pirsch war, hätte Blaney die Kinder nicht allein im Cottage gelassen. Das hätte kein verantwortungsbewußter Vater getan, und es ist allgemein bekannt, daß er ein verantwortungsbewußter Vater ist. Dafür steht übrigens das Wort einer hiesigen Autorität. Vor vierzehn Tagen haben sie eine Sozialarbeiterin hingeschickt, um nachzusehen, ob alles in Ordnung ist. Und ich kann Ihnen genau sagen, wer das Ganze angeleiert hatte, Mr. Dalgliesh, das ist nämlich interessant. Es war die Robarts.«
    »Hat sie entsprechende Andeutungen gemacht?«
    »Nein, keine. Sie sei von Zeit zu Zeit hinübergefahren, um über Reparaturen zu sprechen und so, erklärte sie uns. Sie habe sich Sorgen gemacht, wegen der schweren Verantwortung, die auf Blaney laste, und sich gedacht, er könne ein wenig Hilfe brauchen. Sie hat uns erzählt, sie habe gesehen, wie Theresa, mit den Zwillingen am Rockzipfel, schwere Einkaufstaschen schleppte, manchmal sogar, wenn Theresa eigentlich in der Schule sein sollte. Also habe sie bei den Behörden angerufen, damit die eine Sozialarbeiterin hinschicken. Die Sozialarbeiterin hat sich offensichtlich überzeugt, daß alles so gut lief, wie man es unter den gegebenen Umständen erwarten konnte. Die Zwillinge

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