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Vorsatz und Begierde

Vorsatz und Begierde

Titel: Vorsatz und Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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kurzem sei noch etwas anderes geschehen, das ihn veranlaßt habe, seine Meinung zu ändern. Was, das sagte er mir nicht, aber er versprach, es mir zu sagen, wenn er noch ein bißchen Zeit zum Nachdenken gehabt habe. Ich fragte ihn, ob er einfach seinen Job aufgeben und verschwinden wolle oder ob er bereit sei, uns zu helfen. Er antwortete, er habe entschieden, daß er helfen müsse. Es genüge nicht, einfach nur seinen Job hinzuschmeißen. Es falle ihm sehr schwer, und ich konnte sehen, wie schwer es ihm fiel. Er bewundere und möge seine Kollegen. Sie seien begeisterte Wissenschaftler und äußerst intelligente Menschen, die an das glaubten, was sie täten. Es sei eben nur so, daß er nicht mehr daran glauben könne. Vorausgedacht habe er noch nicht, jedenfalls noch nicht sehr konkret. Es ging ihm so, wie es mir jetzt geht: Er mußte einfach darüber reden. In mir sah er vermutlich den gegebenen Ansprechpartner. Von der PANUP wußte er natürlich.« Nun blickte er zu Dalgliesh auf und erklärte ihm naiv: »Das ist die Abkürzung für People Against Nuclear Power. Als die Pläne für einen neuen Reaktor hier bekannt wurden, bildete ich eine kleine örtliche Oppositionsgruppe. Ich meine, eine Gruppe ganz gewöhnlicher, besorgter Einwohner, nicht wie die viel mächtigeren nationalen Protestorganisationen. Es war nicht leicht. Die meisten Leute versuchen sich einzureden, daß das Kraftwerk gar nicht wirklich da ist. Und viele finden es natürlich gut, weil es Arbeitsplätze bringt, neue Kundschaft für die Geschäfte und Pubs. Die Gegner des neuen Kernreaktors kamen ohnehin nicht aus dem Dorf, das waren Leute von der Anti-AKW-Bewegung und von Greenpeace. Wir freuten uns natürlich darüber. Schließlich verfügen die über die schweren Geschütze. Aber ich hielt es für wichtig, hier am Ort etwas aufzubauen, und bin im Grunde wohl auch kein Mensch, der sich irgendwo anschließt. Ich gehe gern meinen eigenen Weg.«
    »Und Gledhill wäre ein guter Fang für Sie gewesen«, ergänzte Dalgliesh. Die Worte klangen ziemlich brutal.
    Pascoe errötete; dann blickte er ihm in die Augen. »Ja, das auch. Das war mir damals vermutlich klar. Ich war nicht ganz uneigennützig. Ich meine, ich wußte, wie wichtig es war, wenn er zu uns übertrat. Aber ich fühlte mich, na ja, geschmeichelt, daß er zuerst zu mir gekommen war. Im Grunde hatte die PANUP bisher nicht viel bewirkt. Sogar die Abkürzung war ein Fehler. Ich wollte was haben, das sich die Leute leicht merken könnten, aber ›Menschen gegen Kernkraft‹ – na ja, das war eben ein Witz. Ich kann mir vorstellen, was Sie denken: Ich hätte mehr für die gute Sache tun können, wenn ich mich einem existierenden Interessenverband angeschlossen hätte, statt mein Ego zu befriedigen. Und Sie haben recht.«
    »Hat Gledhill gesagt, ob er mit jemandem vom Kraftwerk darüber gesprochen hat?« erkundigte sich Dalgliesh.
    »Er sagte, nein, bis jetzt noch nicht. Ich glaube, davor fürchtete er sich am meisten. Vor allem war ihm der Gedanke zuwider, es Miles Lessingham mitteilen zu müssen. Während wir, mit Timmy halb schlafend auf meinem Rücken, am Strand entlangwanderten, redete er frei von der Leber weg, und ich glaube, das erleichterte ihn. Er erzählte mir, daß Lessingham in ihn verliebt sei. Er selber sei nicht schwul, sondern bisexuell. Aber er bewundere Lessingham unendlich und habe das Gefühl, ihn zu enttäuschen. Er machte den Eindruck, als herrsche in ihm ein großes Durcheinander, was seine Gefühle hinsichtlich der Atomkraft anging, sein Privatleben, seinen Beruf, einfach alles.«
    Auf einmal schien Pascoe zu entdecken, daß er noch immer den Kaffeebecher in der Hand hielt; er neigte den Kopf und begann mit langen, schlürfenden Zügen zu trinken wie ein Verdurstender. Als der Becher leer war, stellte er ihn auf den Boden und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund.
    Dann fuhr er fort: »Es war ein warmer Abend nach einem verregneten Tag, eine Neumondnacht. Komisch, daß ich mich daran erinnere. Wir gingen unmittelbar oberhalb der Flutmarke auf dem Kies. Und dann war sie auf einmal da, Hilary Robarts. Kam planschend, nur mit einem Bikiniunterteil bekleidet, aus der Gischt heraus und blieb einen Augenblick stehen; das Wasser rann ihr aus den Haaren, ihr Körper glänzte in diesem unheimlichen Licht, das in einer sternklaren Nacht vom Meer ausgeht. Dann kam sie langsam den Strand empor auf uns zu. Ich glaube, wir standen da wie gelähmt. Sie hatte ein kleines

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