Vorsicht, Casanova!
„Oder wir könnten tanzen“, schlug sie vor. „Es würde dich ablenken.“
Mariel schüttelte den Kopf. „Du weißt, dass ich eine gute Party wirklich schätze, aber nicht heute Abend.“ Welcher halbwegs klar denkende Mensch wählte ausgerechnet Silvester, um zu heiraten? Sie hob ihr Glas und deutete auf die Menge, die sich mittlerweile auf der provisorischen Tanzfläche dieses alten Landguts in den Adelaide Hills versammelt hatte. „Geh du nur. Ich bleibe einfach noch eine Weile hier.“
„Bist du sicher?“
„Absolut.“ Sie setzte ein Lächeln auf und scheuchte Phoebe davon. „Nun geh schon.“
Mariel beobachtete, wie ihre Schwester sich einen Weg durch die bunte Menge bahnte, wobei Seide und Diamanten unter dem Licht des schweren Kristalllüsters schimmerten. Erst jetzt gestattete sie sich einen tiefen Seufzer. Phoebe ahnte nichts von dem Chaos, das sie, Mariel, in Paris hinterlassen hatte. Sie wusste nur, dass es zwischen ihr und dem französischen Modefotografen Luc Girard aus war. Sieben Jahre lang war Girard ihr Geschäftspartner gewesen, davon fünf Jahre ihr Liebhaber.
Vermutlich war er auch der Grund, warum sie sich zweimal übergeben hatte – irgendwo über China. Verstohlen massierte sie ihren Magen. Der Organzastoff ihres neuesten Designerkleids knisterte leicht.
Mariel wandte der Menge den Rücken zu, nippte an ihrem Wasser und betrachtete die Gäste durch den goldgefassten Spiegel über dem Kaminsims.
War das der kleine Johnny …? Wie war noch mal sein Nachname? Mariel runzelte die Stirn, während sie den blonden Mann ins Auge fasste und ihr Gedächtnis durchforstete. Mit einem Anflug von Nostalgie bemerkte sie, dass er gar nicht mehr so klein war. Und sie mochte nichts lieber als einen Mann in einem gut geschnittenen Anzug. Als ihr Blick weiterwanderte, erkannte sie, dass mehrere Männer in gut geschnittenen Anzügen sie musterten. Und der gar nicht mehr so kleine Johnny machte sich auf den Weg zu ihr. Großartig, genau das, was sie jetzt nicht brauchte.
Natürlich wusste sie, dass sie anziehend auf Männer wirkte. Da ihr Gesicht auf unzähligen europäischen Titelseiten abgebildet gewesen war und auch in Australien immer bekannter wurde, war das unvermeidlich. Doch an diesem Abend wäre es ihr lieber gewesen, keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen …
Nun, Überraschung, Überraschung. Daniel Huntington der Dritte, der ausschließlich auf den Namen Dane hörte, lehnte mit einer Schulter gegen den Türrahmen und beobachtete, wie Mariel Davenport Hof hielt. Eine ganze Schar männlicher Bewunderer hatte sich um sie versammelt und hing scheinbar an jedem Wort, das von ihren sinnlichen roten Lippen perlte.
Sie war die letzte Person, die er bei dieser Hochzeit anzutreffen erwartet hätte. Genauso wenig hätte er mit dem Stich in der Magengrube gerechnet, als er seinen Blick über ihr verführerisches schwarzes Neckholderkleid mit dem tiefen Ausschnitt und dem kurzen Rock gleiten ließ. Wäre er ihr nah genug, würde er wahrscheinlich ihren Nabel erkennen können.
Nicht, dass er beabsichtigte, ihr so nah zu kommen. Mit seinen eins neunzig war er groß genug, um sie sehr gut von hier aus sehen zu können. Ja, er sah alles – von ihrem nachtschwarzen Haar, das sie zu einer eleganten Hochsteckfrisur aufgetürmt hatte, bis zu den Sohlen ihrer perfekt pedikürten Füße in den sexy wirkenden Pumps.
Sie hatte ihn noch nicht bemerkt, dennoch hob er in spöttischem Gruß sein Bierglas, nahm dann einen großen Schluck des bitteren Gebräus und genoss, wie es seine urplötzlich staubtrockene Kehle hinabrann.
Ob sie in Begleitung hier war? Mit ihrem französischen Liebhaber? Merkwürdig, wie sich seine Fingernägel bei diesem Gedanken ganz von selbst in seine Handflächen gruben. Noch bis vor einer Minute hatte er mit dieser Vorstellung kein Problem gehabt.
Bis er sie wiedergesehen hatte.
Aber, nein, sie musste allein gekommen sein – wenn ihr Partner dabei wäre, da war Dane sicher, würde dieser Mann wie ein Accessoire an ihrer Seite kleben.
Er spreizte die Finger seiner freien Hand ab und beobachtete, wie sie ihren Bewunderern dieses millionenschwere Coverlächeln schenkte. Wenn es eine Sache gab, die Mariel wirklich liebte, dann Aufmerksamkeit, sei es persönliche oder die einer Kamera. Und was er so in den vergangenen Jahren über ihre Karriere gehört und auch selbst gesehen hatte, liebte die Kamera Mariel.
Die Modedesignerin, aus der ein Fotomodell geworden war.
Einen kurzen
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