Vorsicht, frisch verliebt
schrillen, und je höher er glitt, umso starrer wurde sie, bis sie schließlich seine Schultern packte und ihn von sich fortdrückte. Es gab Dinge, auf die sie sich nicht mal, um mit ihrer Vergangenheit zu brechen, einließ.
Im Dämmerlicht des Raumes erkannte sie, dass er sie fragend ansah, doch sie schüttelte den Kopf, und so zog er schulterzuckend die Schublade des Nachttischs auf.
An Kondome hatte sie bisher noch gar nicht gedacht. Offenbar hatte sie in ihrem Elend inzwischen einen Todeswunsch entwickelt. Ebenso lässig, wie er alles andere machte, streifte er das Gummi über und wollte sie gerade an seine Brust ziehen, als sie, geleitet vom Rest ihrer Vernunft, zwei Finger in die Luft hielt.
»Due?«
»Deux, s‘il vous plait.«
Mit einem Blick, der »verrückte Ausländerin« besagte, griff er nach einem zweiten Päckchen, dieses Mal jedoch waren seine Bewegungen deutlich weniger leger. Er musste richtig kämpfen, um das Latex über das Latex zu bekommen, und sie wandte sich ab, da seine Unbeholfenheit ihn menschlich machte und sie ihn nicht als Menschen sehen wollte, sondern als Mittel zu ihrer Therapie.
Seine Hand strich über ihre Hüfte, und er spreizte ihre Beine, doch die Vertraulichkeit der Geste war ihr zu viel. Eine Träne rann aus dem Winkel ihres linken Auges, und sie drehte verlegen den Kopf und presste ihre Wange in das Kissen, bevor er etwas sah. Verdammt, sie wollte keine weinseligen, selbstmitleidigen Tränen, sondern einen Orgasmus. Einen phänomenalen Orgasmus, der ihr Hirn freifegen würde, damit sie ihr Leben endlich wieder neu starten konnte.
Sie zog an seinen Schultern, und als er nicht sofort reagierte, zog sie etwas stärker, bis er schließlich schwer auf ihrem Körper lag. Sein Haar strich über ihre Wange, und sie hörteseinen rauen Atem, als er einen Finger tief in sie hineinstieß. Es fühlte sich gut an, doch er war ihr zu nahe. Ihr Magen rumorte von dem vielen Wein, und sie dachte, dass sie ihn hätte auf den Rücken legen und sich rittlings auf ihn setzen sollen, weil ihr das in ihrem momentanen Zustand sicher weniger schlecht bekam.
Er verlangsamte das Stoßen und Kreisen seines Fingers, doch sie wollte ans Ziel gelangen, packte seine Hüften, und endlich gab er nach.
Ihr war sofort klar, dass es nicht so einfach wie mit Michael werden würde. Sie rieb sich in Schlangenlinien an seinem Bauch, bis er einen Teil seiner Beherrschung verlor und sich in sie hineinschob.
Doch selbst jetzt verharrte er vollkommen reglos, und so reckte sie sich ihm entgegen, damit er sich etwas beeilte und sie dorthin brachte, wohin sie gelangen musste, ehe das nüchterne Wispern in ihrem weingetränkten Hirn zu einem lauten Brüllen würde und sie sich damit auseinander setzen müsste, dass sie alles, woran sie glaubte, durch dieses Treiben über Bord warf und dass dieses Treiben völlig falsch und verdammungswürdig war!
Er zog sich aus ihr zurück und bedachte sie mit einem glutäugigen Blick. Obgleich er wirklich fantastisch aussah, fand sie das irgendwie zu intim und schloss schnell die Augen. Er tastete mit seinen Händen zwischen ihrer beiden Leiber und begann ihre Liebesperle zu reiben, doch seine Geduld machte alles nur noch schlimmer. Der Wein gurgelte in ihrem Magen, und sie schubste seinen Arm zur Seite und bewegte ihre Hüften, bis er verstand und langsam, aber so tief wie möglich wieder in sie drang. Sie biss sich auf die Lippe, zählte rückwärts und wieder vorwärts, schob seine Hand erneut zur Seite und kämpfte gegen das Elend des Selbstverrats an.
Eine Ewigkeit verging, bevor er endlich zuckte. Sie ertrug sein wohliges Erschaudern, wartete, dass er sich endlich von ihr herunterrollen würde, und sprang, als er es schließlich tat, mit einem Satz vom Bett.
»Annette?«
Ohne auf ihn zu achten, stieg sie in ihre Kleider.
»Annette? Che problema c‘e?«
Sie wühlte kurz in ihrer Tasche, warf eine Hand voll Geldscheine aufs Bett und flüchtete, ohne sich noch einmal umzudrehen, aus dem Raum.
4
Achtzehn Stunden später hatten sich die bohrenden Kopfschmerzen noch immer nicht gelegt. Irgendwo südwestlich von Florenz kämpfte sich Isabel in einem Fiat Panda über eine unbeleuchtete, fremde Straße mit Schildern in einer Sprache, die sie nicht verstand. Ihr Strickkleid war durch den Sicherheitsgurt total verknittert, und für die Bändigung ihrer Haare hatte sie nach dem Aufstehen nicht genügend Energie gehabt. Sie hasste sich, wenn sie derart schlampig, desorganisiert
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