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Vorsicht, frisch verliebt

Vorsicht, frisch verliebt

Titel: Vorsicht, frisch verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Elizabeth Phillips
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Locke in die Stirn. Er hatte sich die Haare schneiden lassen, sich rasiert und - da er heute Abend nicht die Absicht hatte, hell erleuchtete öffentliche Plätze zu besuchen - auf die braunen Kontaktlinsen verzichtet. Jetzt fühlte er sich regelrecht entblößt. Manchmal hätte er seine Haut gern gegen eine andere eingetauscht.
    Die Französin gestern Abend hatte ihn erschreckt. Er irrte sich nicht gern in anderen Menschen. Obgleich er den anonymen Sex bekommen hatte, den er wollte, hatte etwas ganz eindeutig nicht gestimmt. Er schaffte es spielerisch, selbst dann in Schwierigkeiten zu geraten, wenn er garantiert nicht danach suchte.
    Zwei junge Männer spazierten über die Brücke und musterten ihn so gründlich, als überlegten sie, ob sich ein Überfall wohl lohnte. Durch ihr großspuriges Auftreten wurde er an seine eigene Jugendzeit erinnert, obgleich es ihm immer eher um Selbstzerstörung als um die Schädigung anderer gegangen war. Er war ein Punk gewesen, der mit einem goldenen Löffel im Mund geboren worden war. Frühzeitig hatte er gelernt, dass einem schlechtes Benehmen die größte Aufmerksamkeit bescherte. Niemand fand größere Beachtung als der, der ständig alle Regeln übertrat.
    Er tastete nach seinen Zigaretten, obwohl er seit einem halben Jahr schon nicht mehr rauchte. In der zerknüllten Packung, die er in der Tasche hatte, steckte genau noch eine einzige, die er für den Notfall bei sich hatte.
    Er zündete sie an, warf das Streichholz über das Brückengeländer ins Wasser und beobachtete erneut die beiden Jungen. Es war regelrecht enttäuschend, als sie unbehagliche Blicke tauschten und, statt ihn zu überfallen, mit eingezogenen Köpfen weitergingen, als hätte möglicherweise er es auf sie abgesehen.
    Er sog den Rauch der Zigarette tief in seine Lungen. Am besten sollte er die letzte Nacht umgehend vergessen. Doch das war gar nicht so einfach. Die hellbraunen Augen der Frau hatten eine hohe Intelligenz verraten, und ihre zugeknöpfte Weltgewandtheit hatte ihn erregt. Deshalb hatte er die Tatsache, dass mit ihr etwas nicht stimmte, zuerst übersehen. Am Ende hatte er das grässliche Gefühl gehabt, als greife er sie an. Er vergewaltigte Frauen auf der Leinwand, im wahren Leben hingegen war dies ein Verbrechen, das zu begehen bereits sein Vorstellungsvermögen absolut überstieg.
    Er verließ die Brücke, wanderte durch eine menschenleere Straße und schleppte seine schlechte Laune weiter wie ein unliebsames Gepäckstück mit sich herum. Eigentlich hätte er allen Grund zu jubeln. Schließlich stand er unmittelbar vor der Erfüllung seines allergrößten Traums. Durch den Howard-Jenks-Film bekäme er endlich die Chance, sich als der gute Schauspieler zu profilieren, der er tatsächlich war. Obgleich er reich genug war, um nie wieder einen Finger krumm machen zu müssen, liebte er seine Arbeit. In seinem nächsten Film wäre er ein ebenso erinnerungswürdiger Verbrecher, wie Hannibal Lector es in Schweigen der Lämmer gewesen war. Die Dreharbeiten jedoch fingen erst in sechs Wochen an, und hier in der Enge von Florenz hielt er es nicht mehr aus.
    Karli ... die Frau von gestern Abend ... das Gefühl, dass nichts von dem, was er bisher erreicht hatte, wirklich etwas zählte ... Gott, er hatte seine Deprimiertheit satt.
    Er klemmte seine Zigarette zwischen den Lippen fest, vergrub die Hände in den Taschen seiner Hose, zog die Schultern in die Höhe und marschierte wie ein James-Dean-Abklatsch auf dem Boulevard of Broken Dreams mit finsterer Miene weiter.
    Verdammt. Morgen würde er Florenz verlassen und sich an den Ort begeben, wegen dem er überhaupt hierher gekommen war.

5
    Isabel wälzte sich erschöpft in ihrem Bett. Ihrem Reisewecker zufolge war es neun Uhr dreißig und somit heller Morgen, in ihrem Zimmer jedoch war es erschreckend düster. Verwirrt blickte sie hinüber zu den Fenstern und bemerkte die zugeklappten Läden.
    Sie rollte sich auf den Rücken und betrachtete die Kombination aus flachen roten Ziegeln und grob behauenen Balken über ihrem Kopf. Draußen hörte sie etwas wie das entfernte Rumpeln eines Traktors. Das war alles. Kein beruhigendes Klappern von Müllwagen und kein melodiöses Krakeelen von Taxifahrern, die einander in Sprachen der dritten Welt verfluchten. Sie war in Italien und schlief in einem Zimmer, das aussah, als hätte zuletzt eine heilig gesprochene Märtyrerin darin gewohnt.
    Sie legte den Kopf weit genug in den Nacken, um das Kruzifix an der stuckverzierten

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