Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers
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»Das Problem ist, daß es sich nicht miteinander verträgt. Die Lockung des Traums konkurriert mit der Lockung des Menschen, den du liebst. Und beides kannst du nicht haben.« Sie drohte ihm mit dem Finger. »Du brauchst mich gar nicht so spöttisch anzusehen. Ich meine, was ich sage. Beides geht nicht. Du brauchst mir nicht zu glauben, das bleibt dir überlassen. Du wirst es ohnehin eines Tages selbst merken.«
»Möglich.«
Sie bückte sich und massierte vor dem wärmenden Feuer ihre Zehen. »Ich weiß nicht, warum es der Große Weise im Himmel so eingerichtet hat, daß die jungen Leute die Erfahrung der Alten nicht annehmen. Vermutlich ist das nur eine weitere Abwandlung des ursprünglichen Universums.«
»Wovon sprichst du?«
»Von den Kreisen. Hmm? Oh, ich meine die Art und Weise, wie jeder Mensch bestimmte Dinge lernt.
Die Wahrheiten, wenn du so willst… die Gesetze, nach denen die Welt funktioniert. Wenn Menschen alt werden, haben sie alles, was sie im Laufe eines langen Lebens gelernt haben, in ihrem Gehirn, aber sie können den jungen Männern und Frauen ihre Weltsicht nicht verständlich machen. Die jungen Leute müssen sich ins Leben werfen und ihre eigenen Erfahrungen machen. Sie müssen die bleibenden Wahrheiten selbst herausfinden, genau wie früher die Alten. Verdammt unrationell - es sei denn, ich habe dabei etwas Wichtiges übersehen.
Sechs Zähne, der alte Geistermann, der mich unterrichtet hat, pflegte sich zu fragen, ob nicht alle Menschen ein und dieselbe Person sind, die das Leben nur auf verschiedene Arten lebt.«
Ist es tatsächlich so? Als ich den Jungen bei mir hatte, fand ich keinen Zugang zu ihm. Und jetzt, nachdem er fortgegangen ist und sich auf eigene Füße gestellt hat, dringe ich zu ihm durch.
Ist das die Lektion, die ich noch lernen muß? Vielleicht ist das die Spirale des Lehrens, daß man Wissen nicht erzwingen kann nur vorenthalten. Aber was hat das zu bedeuten?
»Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Wie sollten wir dasselbe Leben auf unterschiedliche Weise in verschiedenen Körpern leben?«
»Illusion.«
»Was? Illusion? Ich begreife nicht… Das ist verrückt.«
»Die ganze Welt ist verrückt.« Sie setzte sich kerzengerade auf und zeigte mit dem Finger auf ihn.
»Sag mir, Kleiner Tänzer, was ist wirklich? Die Welt? Diese eine Welt hier?« Sie machte eine umfassende Geste, mit der sie die ganze Höhle einschloß, und klopfte mit den Knöcheln an die Felswand. »Oder… sind Träume die Wirklichkeit?«
»Diese Höhle ist die Wirklichkeit.« Er verschränkte die Arme und streckte die Beine aus. Als ob er seinen Standpunkt bekräftigen wollte, hämmerte er mit den Fersen auf die festgetretene Erde.
»Woher weißt du das?«
»Ganz einfach. Wenn ich eine von diesen Kohlen nehme und damit an deiner Fußsohle reibe, schreist und heulst du.«
Lachend klatschte sie in die Hände. »Tatsächlich? Oder glaubst du nur, ich würde heulen? Hmm?
Vielleicht ist alles, was dich umgibt, dein Traum von der Welt, wie sie wirklich beschaffen ist?«
»Wenn ich also etwas anderes glaube, glaubst du mir nicht?«
»Was ist, wenn mein Glaube davon abhängt, wie stark dein Glaube ist? Kannst du ganz sicher sein, daß ich schreie und heule, wenn du mich verbrennst? Kannst du dir sicher sein, daß nicht ein kleiner Teil deines Verstandes dir sagt, ich verbrenne sie und sie wird heulen, weil ich es an ihrer Stelle tun würde? Vielleicht ist das die geteilte Realität, hmm? Du glaubst, ich empfinde ebenso wie du… und deshalb ist das für dich die Wahrheit.«
»Stimmt es denn nicht?«
»Darum geht es nicht.« Wieder stieß sie mit dem Finger nach ihm. »Wir sprechen davon, woher du weißt, was du zu wissen glaubst.«
»Aber ich kann dich fühlen, dich berühren, dich hören… und jetzt, gegen Ende des Winters, auch riechen!«
»Das glaubst du. Aber sag mir, bin ich immer so? Was geschieht, wenn du mich nicht sehen, fühlen und riechen kannst? Vielleicht existiere ich gar nicht, wenn du durch diese Türklappe hinausgehst, hmm? Vielleicht existieren Zwei Rauchwolken, Reizende Wapiti und Hungriger Bulle nicht, bevor du nicht wieder zurückkehrst und sie genau so vorfindest, wie du es erwartest. Vielleicht sind wir alle ein Teil deiner Vorstellung von der Wirklichkeit.«
»Sie existieren sehr wohl!« brüllte er. »Das weiß ich. Wenn ich zurückkomme, hat Drei Zehen in der Zwischenzeit ein paar neue Speerspitzen gemacht. Vater hat bestimmt einige Hirsche erlegt. Alle werden
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