Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers
den Kopf und erhob sich vorsichtig. »Du wiederholst dich. Hast du etwas zum Anziehen für mich?«
Weißes Kalb seufzte. Stöhnend kam sie auf die Füße. »Bevor du dich anziehst, will ich noch einmal deine Wunden reinigen. Ja, ich wiederhole mich. Stimmt. Die Träume haben mich seit Tagen fast in den Wahnsinn getrieben. Ich wußte einfach nicht, wer du warst.«
Tangara drehte sich um, in ihren funkelnden schwarzen Augen blitzte ein Feuer auf. »Warum ich?
Was soll der ganze Unsinn?«
Weißes Kalb holte ihre Medizin und schaute zu der großen schlanken Frau hinauf. »Wenn du dich entscheidest, dem Träumer zu helfen, wirst du Anführerin des Rothand-Volkes werden.«
»Die Anführerin des Rothand-Volkes ?«
»Und ein Werkzeug zur Wiederherstellung der Spirale. Gleichgewicht, verstehst du. Das Universum versucht stets, im Gleichgewicht zu bleiben. Doch dich kümmert im Augenblick nur dein Zorn. Im Traum zeigte mir das Wolfsbündel, wie es sein könnte. Wenn… und ich sage, wenn du dich entschließt, den Träumer zu unterstützen, dann vernichtest du die Eindringlinge aus dem Kleine-Büffel-Volk. Wenn du dich anders entscheidest, nun ja, wer weiß? Vielleicht erreichen Feuertänzer und Zwei Rauchwolken am Ende auch alleine etwas.« »Zwei Rauchwolken? Der Berdache?«
Weißes Kalb nickte und begann Tangaras Wunden zu versorgen. »Ich sagte dir doch, die Macht hat damit zu tun.«
»Und was ist mit diesen Waffen neben meinen?«
»Du brauchst sie bald. Darum wollte ich, daß du den Weidenrindenextrakt nimmst. Er lindert deine Schmerzen …«
»Was meinst du damit, ich brauche sie?«
Weißes Kalb beschäftigte sich angelegentlich mit den letzten Bißwunden und Abschürfungen, dann reichte sie ihr ein Kleid aus Schafhaut, ein Meisterstück der Lederbearbeitung aus der Hand von Zwei Rauchwolken.
Tangara zögerte. Bevor sie es anzog, strich sie bewundernd mit den Fingern über das herrliche Leder.
Ihre Augen strahlten, als sie es über den Kopf streifte. Dieses unglaublich weiche Leder würde ihr mißhandeltes Fleisch nicht reizen.
»Ich weiß nicht, wie groß deine Füße sind, aber eigentlich müßten dir meine Mokassins passen. Falls nicht, nimmst du meine Winterüberschuhe.«
»Du hast gesagt, ich würde die Waffen brauchen.« Tangara blickte auf, während sie das Schuhwerk behutsam über ihre zerschundenen Füße zog.
»Ja. Das Kleine-Büffel-Volk, die Krieger, die dich gefangengenommen haben, sind auf dem Weg hierher.«
»Was?« Tangaras verlor ihre eisige Gelassenheit.
Weißes Kalb grinste boshaft. »Natürlich. Ich habe sie hierher geträumt, verstehst du. Es ist ein Handel mit dem Wolfsbündel. Ich schicke sie zu dir. Aber einer muß entkommen … um über den Vorfall zu berichten.«
»Was?«
Weißes Kalb seufzte tief. »Wie sonst kann ich dich von meinen Worten überzeugen? Das Wolfsbündel braucht dich… der Träumer braucht dich.«
»Aber hierher?« Tangaras Panik wuchs.
Weißes Kalb funkelte sie an. »Du - eine Anführerin des Rothand-Volkes? Ha!
Am besten beweist du das erst einmal, Mädchen. Du mußt vier Männer töten.«
»Es sind fünf!«
»Einer muß überleben.«
»Einer?«
Weißes Kalb senkte die Augen. »Sagen wir mal so, das ist meine Bedingung.«
Festes Holz behielt die Umgebung im Auge und folgte Linke Hand, der die Fährte suchte. Sie hatten unwahrscheinliches Glück gehabt, denn sie hatten das Mädchen der Anit'ah bereits aus den Augen verloren, da entdeckten sie zufällig einzelne Spuren auf der staubigen Erde. Die Frau mußte überzeugt gewesen sein, sich weit genug entfernt zu haben, sonst wäre sie vorsichtiger gewesen. Es mußten ihre Spuren sein. Wie viele Frauen liefen schon barfuß herum? Und den schleppenden Schritten nach mußte sie der Erschöpfung nahe sein. Außerdem humpelte sie leicht.
Linke Hand verfiel in einen leichten Trab, deutete hierhin und dorthin auf schwache Markierungen entlang des Pfads. Die Krieger kamen vom Clear Water River herauf. Vor ihnen erhob sich eine grauweiße Kalksteinklippe aus dem dunkelgrünen Gewirr der Bäume.
»Sieh mal!« Harter Speer zeigte auf einen bestimmten Baum. »Da hat jemand Feuerholz gesammelt.«
Festes Holz betrachtete die Äste, von denen Zweige abgerissen worden waren. Befand sich ein Anit'ah-Lager in der Nähe? Er ließ sich ein wenig zurückfallen. Ein Lager des Rothand-Volks zu fünft angreifen?
»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Wir sind nur fünf, was geschieht, wenn wir …«
»Sie hat Zwei
Weitere Kostenlose Bücher