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Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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gerade noch, wie Harter Speer in vollem Lauf in ein Wurfgeschoß hineinrannte. Der Krieger schrie gellend auf und stürzte auf das Gesicht. Schneller Wasserfall, der letzte, der noch auf den Beinen war, kam schlitternd zum Stehen, drehte sich wie ein Wahnsinniger um und sprintete zum Wald hinüber. Der Speer traf ihn, bevor er noch richtig wußte, wie ihm geschah, und bohrte sich in sein Kreuz. Er fiel nach vorn und versuchte, über das Gras in den Schutz des Waldes zu kriechen.
    »Du bist der letzte. Lauf los. Lauf, wie du noch nie in deinem Leben gelaufen bist, Junge. Und berichte Schwerer Biber von der neuen Anführerin der Anit'ah. Ihr Name ist Tangara. Und sage Schwerer Biber, der Träumer… und das Wolfsbündel kommen zu ihm. Sag es ihm, und sag es dem Volk… sie alle müssen mit dem Feuer tanzen.«
    Festes Holz hörte kaum noch ihre letzten Worte. In höchster Panik drehte er sich auf dem Absatz um und rannte über die Wiese. Sein Rücken kribbelte, und seine Haut prickelte, jeden Moment erwartete er den Einschlag einer scharfen Speerspitze.
    Im Schutz der Bäume schöpfte er kurz Atem, warf einen Blick über die Schulter und erstarrte. Im klaren blauen Morgen hatte sich vor der Höhle ein Wirbelwind erhoben. Zornig peitschte er das Gras, schleuderte Steine und Staub in die Höhe, wirbelte alles in der klaren, ruhigen Luft herum. Dann wanderte er den Hang hinauf, verharrte genau über der alten Frau, riß ungestüm an ihren Haaren und zerrte heftig an ihren Kleidern. Endlich stieg der Sturm höher und höher und verschwand über der Klippe.
    Wie lange? Drei Tage? Vier? Sonnenaufgang und Sonnenuntergang vermischten sich in seinem fiebrigen Geist. Ein stechender Schmerz stieg aus Kleiner Tänzers dick geschwollenem Bein empor, mit jedem Schlag seines Herzens stärker pulsierend.
    »Wolfsträumer?« krächzte er.
    Nur das leise Flüstern des Windes begleitete sein Flehen.
    Im Delirium glaubte er, vertraute Stimmen zu hören, aber er konnte die Worte nicht verstehen. Er hörte Reizende Wapiti und Hungriger Bulle, dazwischen erklang das rasselnde Gackern von Weißes Kalbs trockenem Gelächter.
    Er fiel in einen unruhigen Schlaf, und der Traum kam zu ihm. Er war eins mit dem hoch oben in den Lüften segelnden Adler, fühlte die exakten Bewegungen der Flügelmuskeln und der Schwanzfedern.
    Welch köstliche Freiheit. Er genoß es, mit dem kleinsten Spannen der durch die Luftströmung schwingenden Federn seine Fluglage beliebig zu verändern.
    Ein anderes Mal huschte er in der Dunkelheit mit den Packratten umher und lauschte aufmerksam auf das leise Wispern gefährlicher Eulenschwingen. Seine feine Nase schnupperte nach der reichen Süße reifender Grasähren.
    »Ich sterbe«, murmelte er und rollte sich zu einer Kugel zusammen wie ein Embryo. Er schwitzte erbärmlich. Die Sonne entzog seinem Körper die letzte Feuchtigkeit. Der Schmerz trieb ihn fast in den Wahnsinn. Alles, was er zu seiner Erlösung tun mußte, war, sich bis zur Felskante zu ziehen und seinen erschöpften Körper über die Kante auf die todbringenden Felsen und Steine unten fallen zu lassen.
    Unendlich müde hob er den Kopf und blickte hinunter auf sein Bein; beim Anblick der Schwellung wurde ihm übel. Das Bein war fast doppelt so dick wie sein anderes. Die Haut spannte entsetzlich unter dem Druck und hatte eine gräßliche Farbe angenommen. Als er sie berührte, fühlte sie sich an, als würde sie sofort platzen.
    Würgend übergab er sich.
    »Ich sterbe.«
    »Du lebst.«
    Er blickte auf, blinzelte gegen die Sonne und erkannte Wolfsträumers Gesicht, das sich aus goldgesponnenen Sonnenstrahlen herauskristallisierte. Da stand er, hochgewachsen, leuchtend, gebadet in goldenes Licht, auf der Haut die Zeichen der Geisterwelt.
    Geräuschlos wie eine Feder ließ sich Wolfsträumer auf einen Felsen nieder. Anmutig kreuzte er die Beine. Er strahlte Gelassenheit aus, saß kerzengerade, die Hände im Schoß. Beim Anblick seines schönen Gesichts, der Zuneigung und Sorge in seinen traurigen Augen, beruhigte sich Kleiner Tänzers Seele. Verwirrung, Angst und Verzweiflung verließen ihn, statt dessen begann ihn eine warme, zärtliche Brise zu liebkosen.
    Kleiner Tänzer lächelte. Die furchtbare Last dessen, was er zu sagen hatte, verlor ihre Schrecken gleichgültig, wozu ihn seine Worte auch verurteilen würden.
    »Ich kann nicht dein Träumer sein. Ich kann Reizende Wapiti nicht verlassen … und meine Tochter auch nicht. Ich liebe sie zu sehr.«
    Er

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