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Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers

Titel: Vorzeitsaga 02 - Das Volk des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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willst, träumen sie die Realität seiner Macht - und alles ist Illusion.«
    »Illusion?«
    »Im Vergleich zum Großen Einen.«
    »Und wenn das Große Eine auch nur eine Illusion ist?«
    »Dann ist es die äußerste, die allerletzte aller Illusionen. Aber sie funktioniert. Du hast mir von der Falle für die Dickhornschafe erzählt und davon, wie du die Antilopen in die Falle deiner Mutter geträumt und das Volk mit Nahrung versorgt hast. Du hast mir von den Träumen erzählt, aber was ich dir nie erzählt habe, ist, daß deine Traumverbindung zum Großen Einen damals so mächtig gewesen ist, daß ich sie mit dir geteilt habe.«
    Er starrte sie an. »Du …«
    Sie machte eine wegwerfende Handbewegung. »O ja. Ich fühlte dich und deinen Hunger. Genau wie die Antilopen… und das Dickhornschaf.
    Wenn das Große Eine eine Illusion ist, dann ist es die mächtigste aller Illusionen. Erinnere dich, wie wir uns darüber stritten, ob du mir deine Existenz tatsächlich beweisen kannst. Ich wußte, daß du existierst, weil wir diesen Traum geteilt haben. Und aus demselben Grund weißt du, daß die Antilopen und die Dickhornschafe existieren. Du warst eins mit ihnen.«
    Langsam begann er zu verstehen. Eine Ahnung des ungeheuren Wissens durchdrang die Tiefen seiner Seele. Einen endlos langen Augenblick verharrte er gedankenversunken. Die Bruchstücke der Erkenntnis begannen sich zu einem Mosaik zusammenzufügen. Geistesabwesend nickte er. Er hob den Blick von dem verharschten, eisigen Schnee und wollte sie noch etwas fragen, aber sie war schon weitergehumpelt.
    Innerlich jubelnd trat er nach einem Salbeistrauch, dann eilte er hinter ihr her.
    Gedankenverloren reichte Reizende Wapiti Zwei Rauchwolken eine Schüssel mit dampfendem Schafeintopf. Nachdem sie ihn versorgt hatte, setzte sie sich mit untergeschlagenen Beinen auf den Steinwall vor der Höhle. Unbewußt schweifte ihr Blick hinüber zu dem Weg, der vom Gipfel herunterführte.
    »Wartest du noch immer auf ihn?«
    »Ja.« Bei dem Gedanken, er könne für immer fort bleiben, fühlte sie einen stechenden Schmerz in der Brust.
    »Er wird zurückkommen«, entgegnete Zwei Rauchwolken und schlürfte die heiße Brühe.
    »Er wird zurückkommen«, erklang wie ein Echo Klappernde Hufes Stimme. Sie saß ein wenig abseits und flocht aus Gras einen Korb.
    Reizende Wapiti hatte diesen von Sorge erfüllten Klang in der Stimme der Mutter nicht vergessen.
    Obwohl damals noch ein Kind, erinnerte sie sich nur zu gut an diese beruhigende Behauptung, die sie Nacht für Nacht im Zelt ihres Vaters gehört hatte, als dieser im Winter auf die Jagd gegangen war.
    Erst als Widderhorn den Leichnam nach der Schneeschmelze entdeckt hatte, endete die ewige Wiederholung dieses Satzes.
    Wie so oft in diesen Tagen glitt ihr ängstlicher Blick über jede Unebenheit und jede Biegung des Weges, der sich zwischen den Felsen, Salbeisträuchern und dem Dickicht hinaufschlängelte.
    »Er mußte fort«, rief sie sich in Erinnerung und versuchte, nicht daran zu denken, was geschehen sein könnte. In den dunklen Wäldern bedeutete ein gebrochenes Bein einen entsetzlichen Tod. Ein unvorsichtiger Schritt auf einem Geröllhang, ein Fehltritt auf einem vereisten Pfad… Nein, das darfst du nicht einmal denken.
    »Ja«, erklang Zwei Rauchwolkens besänftigende Stimme. »Er mußte gehen. Er mußte nachsehen, wie es Weißes Kalb geht. Außerdem glaube ich, die Träume… Er mußte mit Weißes Kalb darüber sprechen. Nach all ihren Kämpfen in den letzten Jahren brauchen sie Zeit, um in Ruhe miteinander reden zu können.«
    Sie konnte ihm nicht widersprechen. Wie viele Nächte hatte sich Kleiner Tänzer unruhig herumgeworfen, wie oft hatte er wach gelegen und entrückt auf das Gesicht des Wolfes auf der Höhlenwand gestarrt? Sogar hier in der Sonne spürte sie den Blick des Wolfsbildes in ihrem Rücken.
    Manchmal, wenn sie über Kleiner Tänzers unruhigen Schlaf gewacht und aufgeblickt hatte, hätte sie schwören können, daß die Augen des Wolfes in der Nacht gelb leuchteten.
    Seit er fort war, hatten sich die Spannungen gelegt. Die Leute fuhren sich nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit an, hatten keinen Grund mehr zur Furcht vor Geisterträumen. Das Lachen war in die Höhle zurückgekehrt. Die Leute vom Kleinen-Büffel-Volk lernten Anit'ah und das Rothand-Volk lernte von ihnen deren Sprache.
    Geschichten wurden in beiden Sprachen erzählt - ein großer Fortschritt. Und diese Normalisierung des Lebens hatte nur Kleiner

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